BFG RV/2100024/2014

BFGRV/2100024/201416.1.2015

Gutachten als Forschungstätigkeit

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100024.2014

 

Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2015/15/13. Zurückweisung mit Beschluss vom 1.6.2017.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache Beschwerdeführerin gegen die Bescheide des FA Graz-Stadt vom 26.07.2013, betreffend Forschungsprämie § 108c EStG 1988 für die Jahre 2009 - 2011 und den Bescheid vom 17.9.2013 betreffend Forschungsprämie § 108c EStG 1988 für das Jahr 2012 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH, die sich mit der Veranstaltung von betriebswirtschaftlichen, finanzwirtschaftlichen, versicherungswirtschaftlichen und energiewirtschaftlichen Seminaren, mit Forschungsprojekten und Gutachten beschäftigt.

Die Bf. hat in den hier streitgegenständlichen Jahren 2009 – 2012 auch eine Forschungsprämie geltend gemacht. Ihrer Berechnung hat sie dabei Eingangsrechnungen von (Sub)auftragnehmern zugrunde gelegt und dazu angegeben, dass weder ihre Auftragnehmer noch ihre Auftraggeber dafür eine Forschungsprämie beantragt hätten.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung der Jahre 2009-2011 wurde auch die geltend gemachte Forschungsprämie untersucht. Dazu hat das Finanzamt folgendes festgestellt:

1. Soweit die Bf. Forschungstätigkeiten in Auftrag gegeben und danach an ihre Kunden weiter verrechnet hat, stehe ihr keine Forschungsprämie zu, weil sie weder selbst forsche noch die Forschungsergebnisse in ihrem Betrieb nutze.

2. Soweit es sich um Gutachten iZH mit Umweltverträglichkeitsprüfungen handelt, sei bereits aufgrund der in § 1 UVPG definierten Zielsetzung solcher Gutachten das Vorliegen einer Forschungstätigkeit, bei der neue Erkenntnisse gewonnen werden, ausgeschlossen.

3. Nachdem sich die Bf. überwiegend mit Gutachtenserstellung und Beratungsleistungen beschäftigt, sei hinsichtlich der dafür gewonnenen Erkenntnisse nicht von einer Forschungstätigkeit iSd Gesetztes, sondern von der Anwendung des erworbenen Wissens auf die konkreten Sachverhalts auszugehen.

Aus diesen Gründen versagte das Finanzamt die beantragten Forschungsprämien 2009-2011 im wieder aufgenommenen Verfahren bzw. im Jahr 2012 durch Abweisung des Antrages.

 

In den gegen die Jahre 2009-2012 eingebrachten Berufungen (nunmehr Beschwerden) wandte sich die Bf. mit folgenden Argumenten gegen die getroffenen Feststellungen:

zu 1. Die Interpretation des Finanzamtes, dass die Forschungsprämie nur dem zustehe, der selber forscht oder die Forschungsergebnisse nutzt, entspreche nicht der Intention des Gesetzgebers. Dass Forschung kaskadenartig erfolgt, sei jedermann klar. Dementsprechend habe der Gesetzgeber dies auch nicht explizit ausgeschlossen. Gänzlich unrichtig sei überdies die Annahme des Finanzamtes, die Bf. vermittle Forschungsaufträge. Richtiger weise vergebe die Bf. Forschungsaufträge und kombiniere, ergänze und verwerte sie unmittelbar.

zu 2. Es sei unrichtig, dass sie Gutachten iZH mit Umweltverträglichkeitsprüfungen erstellt habe. Tatsächlich sie der Auftrag lediglich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu erbringen gewesen, beinhalte jedoch keine Prüfung iSd UVP-G.

zu 3. Es entspreche den Tatsachen, dass Forschung in den seltensten Fällen zu neuen Erkenntnissen führt.

 

Aus folgenden Gründen handle es sich bei den wissenschaftlichen Analysen um Forschungstätigkeit:

Erstellung einer wissenschaftlichen Analyse "Möglichkeiten eines Regulators " (im Jahr 2011)

„Zu Beginn werden Arten und Funktionsweisen verschiedener Regulierungskonzepte vorgestellt und die Effekte einer Regulierung auf die regulierten Unternehmungen sowie auf die Nutzer der zur Verfügung gestellten Infrastruktur aufgezeigt. Externe Effekte, wie beispielsweise Umweltfragen, Steueraufkommen, etc., werden dabei nur gestreift. Im Mittelpunkt wird dabei auch das Vorstellen aktueller Tarifregulierungssysteme aus den Bereichen Strom, Erdgas, Telekom, Flughäfen, Flugsicherung und Schiene stehen. Darauf aufbauend werden mögliche Lösungen zu den einzelnen wesentlichen Fragestellungen erarbeitet und vorgestellt.

Die Untersuchungen wurden mit wissenschaftlichen Methoden durchgeführt. Einen Tarifregulator für X wie sie beispielsweise für Strom- und Erdgasübertragungs- und -verteilungsnetze häufig anzutreffen sind, sind weltweit kaum zu finden. Die wirtschaftlichen und rechtlichen Besonderheiten in Österreich und EU-Europa machen es darüber hinaus notwendig neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu erarbeiten.

Es wurden daher neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen.“

 

Gutachten " A , Antrag auf Errichtung und Betrieb der Leitung , Genehmigungsverfahren gemäß § 5 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, UVP-G 2000" (im Jahr 2011)

„Folgende Untersuchungen waren durchzuführen:

1. Identifizierung jener anderen Energieversorgungseinrichtungen, die mit der verfahrensgegenständlichen Erdgashochdruckleitung in einem beurteilungsrelevanten Verhältnis stehen. Diese anderen Energieversorgungseinrichtungen sind vor allem Erdgashochdruckleitungen.

Aus Sicht der Gutachter sind auch Effekte auf die Bewirtschaftung von Erdgasspeicher, Stromerzeugungseinrichtungen und alternative primäre Energieträger zu analysieren.

2. Nach§ 3 Z.1 GWG ist es das Ziel dieses Bundesgesetzes der Österreichischen Bevölkerung und Wirtschaft Erdgas umweltfreundlich, kostengünstig, ausreichend und sicher und in hoher Qualität zur Verfügung zu stellen und dessen effizienten Einsatz, insbesondere auch bei der Umwandlung von Strom und Wärme, zu gewährleisten sowie die zur sicheren Erdgasversorgung der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft erforderliche Infrastruktur zu schaffen. Daher ist es notwendig in dieser gutachterliehen Stellungnahme die Versorgungssituation der Österreichischen Bevölkerung und Wirtschaft sowie der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft bei Errichtung und Betrieb der Leitung, mit einer Situation ohne Errichtung dieser Leitung zu vergleichen.

3. Nach§ 3 Z.3 GWG ist es das Ziel dieses Bundesgesetzes durch die Einführung der tarifmäßigen Berechnung des Systemnutzungsentgelts und eines Kostenwälzungsverfahrens eine angemessene Aufteilung der Netzkosten auf die Netzbenutzer zu bewirken. Die gutachterliehe Stellungnahme hat daher die Effekte der Errichtung und Betrieb der Erdgasleitung Leitungen auf die Systemnutzungsentgelte zu untersuchen.

4. Die Ziele gemäß § 3 Z. 2, 4 und 5 GWG werden aus heutiger Sicht durch die Errichtung und Betrieb der Leitung, nicht wesentlich berührt, sodass in der gutachterliehen Stellungnahme diesbezüglich nur am Rande einzugehen sein wird.

5. § 4 (2) Z.3 GWG legt den Netzbetreibern die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung im Allgemeininteresse der Errichtung und Erhaltung einer für die inländische Erdgasversorgung und für die Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen ausreichenden Erdgasinfrastruktur auf. Damit ist zu überprüfen, welche Einflussnahme Errichtung und Betrieb der Leitung, auf diese gemeinschaftlichen Verpflichtungen hat.

6. Nach § 4 (2) GWG haben Inhaber von Transportrechten ihre Funktion in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Wettbewerbsrechts auszuüben. Damit ist zu untersuchen, wie die Transportrechte an den durch die Errichtung und Betrieb der Leitung, erweiterten Transportkapazitäten vergeben werden und ob erwartet werden kann, dass die Vorschriften des Wettbewerbsrechts eingehalten werden.

Die Untersuchungen wurden mit wissenschaftlichen Methoden durchgeführt. Sämtliche Untersuchungen wurden in Österreich jedenfalls erstmals durchgeführt. Veröffentlichungen über vergleichbare Untersuchungen in anderen Ländern waren nicht zu finden.

Es wurden daher neue wissenschaftliche Erkenntnisse insbesondere zu den beauftragten Fragestellungen 2., 4., 5. und 6. gewonnen.“

 

Wissenschaftliches Gutachten "Angemessenheit von Emissionskosten für die Durchführung von Börsegängen" (in den Jahren 2009, 2010, 2011 und 2012)

„Seit den bannbrechenden Arbeiten von Jay Ritter et al. (siehe zum Beispiel "The Seven Percent Solution" Joumal of Finance, 2000, S .1105 - 1131) ist die Diskussion in Wissenschaft und Praxis über die Höhe der Kosten eines Börsegangs ungebrochen. Insbesondere die Einflussfaktoren wie Emissionsvolumen, Börseplatz, Branchenzugehörigkeit des Emittenten und Grad der Informationsasymmetrie sind bei weitem noch nicht abschließend untersucht. Im gegenständlichen Forschungsvorhaben war zudem die Angemessenheit in Sinne eines Schadenersatzanspruches zu prüfen, wozu weltweit keine Veröffentlichung und gar Gerichtsurteile verfügbar waren.

Als erstes wesentliches neues wissenschaftliches Erkenntnis konnte hergeleitet werden, dass die Allgemessenheit von Kosten nicht als Punktschätzer sondern lediglich in Form von Prognoseintervallen angegeben werden können. Dies wurde anhand hoch entwickelter Prognoseverfahren hergeleitet, die in den Wirtschaftswissenschaften nur selten zum Ansatz kommen. Darüber hinaus konnte bewiesen werden, dass die Allgemessenheit immer nur auf Basis der Gesamtkosten und nicht allein auf Basis der Gebühren der die Emission begleitenden Investmentbank zu beurteilen ist. Eine Aussage, die bislang in diesem Zusammenhang noch nicht veröffentlicht wurde.

Sämtliche Untersuchungen wurden mit wissenschaftlichen Methoden durchgeführt. Sämtliche Untersuchungen wurden jedenfalls für Österreich erstmals durchgeführt. Die gewonnenen Erkenntnisse gehen über den weltweit verfügbaren Kenntnisstand hinaus. (Es wurden daher neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen).“

 

Wissenschaftliches Gutachten "Default Probabilities für B Rechtsanwälte" (im Jahr 2011)

„Hier sollte versucht werden, ein einfaches Modell zur Abschätzung von Insolvenzwahrscheinlichkeiten von Bietern im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen zu finden. Wegen der Aussichtslosigkeit wurde der Versuch bald abgebrochen. Eindeutig lag hier das Streben nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse im Vordergrund.“

 

Wissenschaftliches Gutachten „Asset Allocation C “ (in den Jahren 2009, 2011 und 2012)

„In der Veranlagungspraxis wird stets der Eindruck erweckt, dass der Berater oder Fondsmanager durch besondere Kenntnisse und/ oder Fähigkeiten den Veranlagungserfolg über den vergleichbarer Kapitalanlagen zu heben in der Lage ist. Dass dies unter den gegebenen Marktbedingungen nicht möglich ist, wird in der Wissenschaft zumindest vom überwiegenden Teil der Forscherinnen und Forscher bestätigt. Neben einer wissenschaftlichen Überprüfung der für die C gewähltem Asset Allocation (diese hat gezeigt, dass bei wissenschaftlicher Untersuchung und gegebenen Marktbedingungen die notwendigen Veranlagungserfolge nicht erzielt werden können) bestand die Forschungsaufgabe insbesondere darin ein Modell zu entwickeln, unter welchen Bedingungen und in welchem Ausmaß der Fondsmanager von der vorgegebenen Strategischen Asset Allocation abweichen darf. Da sich der Fondsmanager nicht an das entwickelte Modell halten konnte oder wollte, wurden in weiterer Folge Vorgaben zur weitestgehenden Beschränkung der Abweichungen von der Strategischen Asset Allocation entwickelt.

Sämtliche Untersuchungen wurden mit wissenschaftlichen Methoden durchgeführt. Sämtliche Untersuchungen gehen über den für Österreich veröffentlichten Kenntnisstand hinaus. Die Betonung des Österreichbezugs ergibt sich aus der Einzigartigkeit des Österreichischen Pensionskassenrechts.“

 

Im Handakt des Prüfers finden sich Abrechnungsbelege der Bf. aus dem Jahr 2011 aus denen sich folgendes ergibt:

Beim Gutachten „Erstellung einer wissenschaftlichen Analyse "Möglichkeiten eines Regulators" wurden laut Ausgangsrechnung vom 16.12.2011 insgesamt 15 Arbeitstage (à 8 Stunden ergibt 120 Stunden) verrechnet. Laut beiliegendem Zeitaufwand wurden 160 Stunden geleistet, wobei insgesamt 61,5 Stunden auf Treffen und Workshops, 12 auf Foliensatz(erstellung?), 76 Stunden auf Lesen/Schreiben und 10,5 Stunden auf reines Schreiben entfallen.

 

Beim Gutachten "A, Antrag auf Errichtung und Betrieb der Leitung, Genehmigungsverfahren gemäß § 5 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, UVP-G 2000" wurden laut Honorarnote vom 5. Mai 2011 insgesamt 145 Stunden Zeitaufwand verrechnet. Davon entfielen 2 Stunden auf die Erstellung eines Angebots, 5 Stunden auf die Erstellung/Bearbeitung einer Fragenliste, 22 Stunden auf manipulative Tätigkeiten wie die Erstellung eines Masters für das Gutachten, die Verteilung von Arbeitsaufträgen, Sichtung der Ergebnisse, Übermittlung des Gutachtens usw., 37 Stunden auf Treffen, Meetings und Besprechungen, 21 Stunden auf Recherche und Lektüre bzw. 16 Stunden für die Verfassung eines Textes zu wettbewerblichen Auswirkungen, und 42 Stunden reine Arbeiten am Gutachten.

 

Das wissenschaftliche Gutachten "Default Probabilities" für B Rechtsanwälte bezog sich laut Abrechnung vom 31. August 2011 (3 Stunden) zur Gänze auf den „Akt XYZ“.

 

Beim wissenschaftlichen Gutachten zur „Asset Allocation C“ wurden im Jahr 2011 insgesamt 100 Stunden verrechnet. Davon entfielen 63 Stunden auf Besprechungen, Sitzungen und Konferenzen und 37 Stunden auf die Gutachtenserstellung

 

Über Aufforderung des Gerichtes stellte die Bf. diverse (Ab)rechnungen der Jahre 2009-2012 zur Verfügung. Daraus ergibt sich für die für die Forschungsprämien relevanten Tätigkeiten folgendes Bild:

2009:

Das wissenschaftliche Gutachten "Angemessenheit von Emissionskosten für die Durchführung von Börsegängen" betrifft laut Anbot(smail) vom 7. April 2009 im Jahr 2009 ein Gutachten zur Beweisführung in einem anhängigen Schiedsverfahren zur Frage, ob die verrechneten Gebühren/Fees marktüblich sind. Das Gutachten dient ausschließlich zur Beweisführung im anhängigen Verfahren. Der Ausgangsrechnung liegt keine detaillierte Zeitaufzeichnung (für welche Arbeiten wie viel Zeit aufgewendet wurde) bei.

 

2010 - 2012:

Das wissenschaftliche Gutachten "Angemessenheit von Emissionskosten für die Durchführung von Börsegängen" der Jahre 2010 – 2012 betrifft einen weiteren Auftrag der D und umfasst laut Angebot(sduplikat) vom 12. Juni 2010 die Anpassung des von der Bf. im Jahr 2009 erstellten Gutachtens zur Marktüblichkeit der Fees aus dem Placement and Market-Maker Agreement zwischen der Auftraggeberin und der Dd International Limited, die Überprüfung eines Privatgutachtens und die Erstellung eines Gutachtens zur Marktüblichkeit der Fees aus dem Placement and Market-Maker Agreement zwischen der Auftraggeberin und der De Limited.

Den Gutachten werden alle Informationen/Daten zugrunde gelegt, die durch die Erhebung der beiden Börsegänge erlangt werden und erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Auftraggeberin bzw. deren rechtsfreundlichen Vertretungen.

Obgleich als Honorar eine Fixsumme vereinbart wurde, wurden laut Honorarnote vom 1.12.2010 insgesamt 162 Stunden für das Studium des Gutachtens, für (Telefon)konferenzen, Abstimmungen, Verfassen von Repliken, Telefonate und emails, „Witness prep“ etc. Ein Mitarbeiter hat laut Aufzeichnungen 16 Stunden rein am Gutachten gearbeitet.

Für das Jahr 2012 liegt ein weiteres Angebot für ein Gutachten über den Börsegang der Df vor, in dem untersucht werden soll, ob die tatsächlich verrechneten Gebühren bzw snstigen Kosten angemessen sind bzw. ob "partly paid Shares" ein übliches Instrument sind. Hinschtlich der Abrechnung dieser Leistungen sind keine detaillierten Stundenaufteilungen akentkundig.

 

2011: Die wissenschaftliche Analyse "Möglichkeiten eines Regulators" umfasst laut Anbot vom 28. Juli 2011 das Herausarbeiten von qualifizierten Fragestellungen und möglichen Antworten in 2 Workshops in Zusammenarbeit mit E , F und G und danach das Erarbeiten eines Konzepts eines Tarifregulators.

 

2012:

Für das wissenschaftliche Gutachten zur „Asset Allocation C“  wurden im Jahr 2012 insgesamt 37 Stunden für Endredaktion, Nachbereitung, Anpassungen, Ergänzungen und Überarbeitungen, Telefonkonferenzen, Abstimmungsarbeiten und Berechnungen verrechnet.

Laut Anbot vom 5. April 2011 bezieht sich die Beratung auf die Analyse der aktuellen strategischen Asset Allocation der Auftraggeberin, die Entwicklung von taktischen Grenzen und der Analyse der taktischen Grenzen der Vergangenheit, die Überprüfung, ob die Vorgaben des Pensionskassenrechts für die einzelnen Assetklassen ausreichend sind und die Analyse der Monatsberichte.

 

Rechtslage:

Gemäß § 108c EStG 1988 (in der jeweils geltenden Fassung) können Prämien für Forschung (und Bildung) geltend gemacht werden.

Betroffen sind Aufwendungen (Ausgaben) zur Forschung und experimentellen Entwicklung, die systematisch und unter Einsatz wissenschaftlicher Methoden durchgeführt wird und zwar sowohl im Rahmen der eigenbetrieblichen Forschung als auch der Auftragsforschung. Zielsetzung muss sein, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten.

Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, die Kriterien zur Festlegung der förderbaren Forschungsaufwendungen (-ausgaben) mittels Verordnung festzulegen.

Nach Anhang I lit. A Z 1 der dazu ergangenen Verordnung BGBl. II Nr. 506/2002 handelt es sich bei der Forschung und experimentellen Entwicklung um "eine schöpferische Tätigkeit, die auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten.

Die Regelung knüpft an die OECD-Definition für Forschungsaufwendungen im sogenannten Frascati-Manual 2002 an (vgl Doralt, EStG, § 4 Tz 305/1). Auch diese Definition erfasst eine schöpferische Tätigkeit, welche auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten ("Research and experimental development (R&D) comprise creative work undertaken on a systematic basis in order to increase the stock of knowledge, including knowledge of man, culture and society, and the use of this stock of knowledge to devise new applications").

Nicht zu den begünstigten Forschungstätigkeiten zählen laut Frascati-Manual 2002 explizit die Sammlung, Aufzeichnung, Klassifizierung, Verbreitung, Bewertung etc. von Wissen, insbesondere die wissenschaftliche Beratung oder Studien zur Unterstützung der Firmenpolitik (Kap. 2.2.2. Abs 63ff zitiert nach Doralt, EStG, § 4 Tz 305/2)

 

Erwägungen:

Das Gesetz bzw. die dazu ergangene Verordnung definiert eine Forschungstätigkeit als eine schöpferische Tätigkeit, die auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren.

Dabei ist die schöpferische Tätigkeit, die neues Wissen hervorbringt bzw. bringen kann von der Anwendung bereits erworbenen Wissens zu trennen.

 

Einen Anhaltspunkt dafür kann die Definition von wissenschaftlicher Tätigkeit liefern.

Nach der (zu § 22 EStG 1988 ergangenen) Rechtsprechung des VwGH liegt eine wissenschaftliche Tätigkeit nur dann vor, wenn sie ausschließlich oder nahezu ausschließlich der Forschung (dem Erringen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse) oder der wissenschaftlichen Lehre dient, nicht schon, wenn sie auf Erkenntnissen einer Wissenschaft aufbaut, diese verwertet und sich wissenschaftlicher Methoden bedient (VwGH 26.6.2001, 97/14/0170; VwGH 31.3.2000, 95/15/0066; VwGH 22.10.1997, 95/13/0275). "Angewandte Wissenschaft" wird zu einer wissenschaftlichen Tätigkeit, wenn grundsätzliche Fragen oder konkrete Vorgänge methodisch nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Verständniszusammenhang gebracht werden (VwGH 28.2.2002, 2000/15/0200). Voraussetzung der Auswertung einer wissenschaftlichen Tätigkeit zu wirtschaftlichen Zwecken ist, dass die Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und nicht deren wirtschaftliche Verwertung den Schwerpunkt der betreffenden Tätigkeit darstellt. Die aus der Tätigkeit erzielten Einnahmen müssen vorrangig als Entgelt für den wissenschaftlichen Gehalt der Tätigkeit anzusehen sein (VwGH 31.3.2000, 95/15/0066; VwGH 28.10.1997, 93/14/0146). Eine an sich wissenschaftliche Tätigkeit verliert ihren Charakter als solche zwar nicht, wenn ihr Ergebnis zu wirtschaftlichen Zwecken ausgewertet wird, aber eine Tätigkeit ist nicht schon dann wissenschaftlich, wenn sie auf Erkenntnisse einer Wissenschaft aufbaut, diese verwertet, und sich wissenschaftlicher Methoden bedient, sondern erst, wenn sie ausschließlich oder nahezu ausschließlich der Forschung, dh dem Erringen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, oder/und der Lehre, dh der Vermittlung einer Wissenschaft an andere (Lernende) zum Zweck der Erweiterung ihres Wissenstandes dient; es ist für die Wissenschaft charakteristisch, dass sie sich die Vermehrung des menschlichen Wissens im Interesse der Allgemeinheit zum Ziel setzt (VwGH 22.10.1997, 95/13/0275)

 

Im Beschwerdefall steht gerade die Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht im Mittelpunkt der Tätigkeit. Das ergibt sich bereits aus der den weiter verrechneten Gutachten zugrunde liegenden Auftragserteilung:

Wenn ein Gutachten zur Angemessenheit von Gebühren/Fees in einem Schiedsverfahren zur Anwendung kommen soll, dann muss es zwangsläufig darauf ankommen, wie die Gebühren im Vergleich zu anderen vergleichbaren Konstellationen berechnet wurden (arg: angemessen). Dabei kann nur gesichertes Wissen die Basis sein. Dasselbe gilt für das Folgegutachten in dem andere Geschäftsfälle analysiert wurden. Soweit die Möglichkeiten zur Anwendung einer Tarifregulierung auf X untersucht werden, wird laut Schreiben der Bf. das vorhandene Wissen (Tarifregulierung für Strom/Gas) auf ein neues Anwendungsgebiet hin untersucht. Auch für die Analyse einer strategischen Asset Allocation, die Entwicklung von taktischen Grenzen und der Analyse der taktischen Grenzen der Vergangenheit, die Überprüfung, ob die Vorgaben des Pensionskassenrechts für die einzelnen Assetklassen ausreichend sind und die Analyse der Monatsberichte muss man von gesichertem Wissen ausgehen um die vom Auftraggeber geforderten Leistungen erbringen zu können. Ebenso können Auswirkungen der Errichtung und des Betriebes einer bestimmten Erdgasleitung nur unter Zugrundelegung von gesichertem Wissen beurteilt werden.

 

Einen anderen Anhaltspunkt kann die Frage liefern, welcher Stand des Wissens (im Interesse der Allgemeinheit) vermehrt werden sollte. Wesentlich dabei ist, dass es sich um einen abstrakten Wissensstand – eben im Interesse der Allgemeinheit - handeln muss. Ansonsten würde jegliche Untersuchung nach wissenschaftlichen Methoden die den Wissensstand des einzelnen vermehrt, eine Forschungstätigkeit darstellen. (So vermehrt beispielsweise die Untersuchung eines Patienten auf einer Universitätsklinik seinen Wissensstand über seine Krankheiten oder seinen Heilungsverlauf oder erweitert die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes den Wissensstand seines Klienten in Bezug auf die Anwendbarkeit bestimmter Rechtsnormen auf seinen Fall ohne dass jemand auf die Idee käme, von einer Forschungstätigkeit auszugehen)

Im Beschwerdefall stehen die strittigen Aufwendungen zur Gänze in Zusammenhang mit Erlösen aus betriebswirtschaftlicher Gutachtenstätigkeit. Die Aufwendungen erfolgten zu dem Zweck, die beschriebenen Beratungsleistungen in der dargestellten Form erbringen zu können. Ausdruck findet diese Tatsache in den erfolgten Abrechnungen. Dabei werden die Honorare zum überwiegenden Teil für Besprechungen und Abstimmungen mit den Auftraggebern verrechnet. Weniger als 1/3 der Stunden werden für die reine Gutachtenserstellung verwendet. Damit kommt zum Ausdruck, dass ein Großteil der Zeit offenbar auf die Sammlung der unternehmensinternen Daten und Bedürfnisse aufgewendet wurde. Daraus ergibt sich einerseits, dass diesbezüglich nicht geforscht wurde und andererseits (durch eine Gesamtbetrachtung), dass kein für die Allgemeinheit entscheidendes Wissen erforscht werden soll, sondern ein Konkretes, nämlich das für den Auftraggeber Relevante. So bezieht sich etwa auch das wissenschaftliche Gutachten "Default Probabilities" zur Gänze auf einen Akt.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 16.3.1989, 88/14/0067) ist eine schwerpunktmäßig beratende Tätigkeit gar nicht wissenschaftlich. Sie bleibt beratend. Die bloße Möglichkeit, dass eine Beratertätigkeit im Einzelfall zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen führen kann, macht die Tätigkeit ebenso wenig zu einer wissenschaftlicher Tätigkeit wie zB die eines Rechtsanwaltes, der bei der Abfassung einer Rechtsmittelschrift zu neuen rechtswissenschaftlichen Erkenntnissen vorstößt.

Unter diesem Gesichtspunkt kann auch nicht von einer Vermehrung des menschlichen Wissens im Interesse der Allgemeinheit ausgegangen werden. Das Wissen soll ausschließlich der Betriebsführung der Auftraggeber dienen.

 

Schließlich gibt auch das Frascati-Manual 2002 eine Antwort auf die Rechtsfrage, ob im Beschwerdefall von einer Forschungstätigkeit ausgegangen werden kann. Nach der bereits zitierten Bestimmung liegt insbesondere bei wissenschaftlicher Beratung oder bei Studien zur Unterstützung der Firmenpolitik keinesfalls eine Forschungstätigkeit vor. So dienen die Analyse eines Regulators, das Gutachten zur Errichtung und Betrieb einer Erdgasleitung, das Gutachten zur Angemessenheit von Emissionskosten für die Durchführung von Börsegängen, das Gutachten "Default Probabilities“ zu einen bestimmten Akt und das Gutachten zur Asset Allocation ausschließlich der wissenschaftlichen Beratung der jeweiligen Auftraggeber.

 

Insgesamt stellt die Tätigkeit der Bf. keine Forschungstätigkeit iSd Gesetzes dar. Bei sämtlichen Leistungen stand nicht die Gewinnung neuen Wissens im Vordergrund, sondern die Anwendung des Wissens auf konkrete Sachverhalte bzw. der Erwerb eines neuen Kenntnisstandes für die Auftraggeber. Nachdem auch nach den Erläuterungen des Frascati-Manual 2002 bei einer wissenschaftlichen Beratung nicht von Forschung auszugehen ist, war die Beschwerde abzuweisen.

 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision zulässig, weil dazu - soweit zu sehen - eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt.

 

 

Graz, am 16. Jänner 2015

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 108c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

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