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Artikel 21 Seerechtsübereinkommen – Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände

Aktuelle FassungIn Kraft seit 18.1.2004

Artikel 21

Subregionale und regionale Zusammenarbeit bei der Durchsetzung

1. In jedem Gebiet auf Hoher See, das zum Regelungsbereich einer subregionalen oder regionalen Fischereiorganisation oder Übereinkunft gehört, kann ein Vertragsstaat, der Mitglied besagter Organisation oder Teilnehmer an besagter Übereinkunft ist, seine ordnungsgemäß ausgewiesenen Inspektoren zu Zwecken der Kontrolle gemäß Absatz 2 an Bord von Fischereifahrzeugen schicken, welche die Flagge eines anderen Vertragsstaates dieses Übereinkommens führen, gleichviel ob dieser Vertragsstaat auch Mitglied der Organisation oder Teilnehmer an der Übereinkunft ist, um die Einhaltung der Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen sicherzustellen, die im Rahmen besagter Organisation oder Übereinkunft für gebietsübergreifende Fischbestände und weit wandernde Fischbestände erlassen worden sind.

2. Die Staaten legen im Rahmen subregionaler oder regionaler Fischereiorganisationen oder Übereinkünfte die Verfahren für das Anbordkommen und die Kontrollen gemäß Absatz 1 sowie Verfahren für die Durchführung der übrigen Bestimmungen dieses Artikels fest. Sie achten darauf, dass besagte Verfahren mit diesem Artikel und den grundlegenden Regeln in Artikel 22 vereinbar sind und Nichtmitglieder der Organisation oder Nichtteilnehmer an der Übereinkunft nicht diskriminiert werden. Das Anbordgehen und Kontrollieren sowie alle weiteren Durchsetzungsmaßnahmen werden nach Maßgabe dieser Verfahren durchgeführt. Die Staaten sorgen für die ordentliche Bekanntmachung der nach diesem Absatz verabschiedeten Verfahren.

3. Wurden binnen zwei Jahren nach Annahme dieses Übereinkommens im Rahmen einer Organisation oder Übereinkunft keine derartigen Verfahren verabschiedet, so erfolgen das Anbordgehen und die Durchführung der Kontrollen gemäß Absatz 1 sowie aller Durchsetzungsmaßnahmen bis zur Verabschiedung derartiger Verfahren nach den Bestimmungen dieses Artikels und den grundlegenden Regeln des Artikel 22.

4. Bevor die Kontrollstaaten nach diesem Artikel tätig werden, teilen sie allen Staaten, deren Schiffe auf Hoher See in der Unterregion oder Region Fischfang betreiben, direkt oder über die zuständige subregionale oder regionale Fischereiorganisation oder Übereinkunft mit, wie sich die von ihnen ordnungsgemäß bestellten Inspektoren ausweisen können. Die zu diesen Kontrollen eingesetzten Schiffe müssen deutlich gekennzeichnet und erkennbar im staatlichen Dienst sein. Jeder Staat, der Vertragspartei dieses Übereinkommens wird, bestimmt zum Zeitpunkt seines Beitritts, welche Behörde nach diesem Artikel zu notifizieren ist, und macht dies über die zuständige subregionale oder regionale Organisation oder Übereinkunft ausreichend bekannt.

5. Gibt es nach der Kontrolle an Bord eindeutige Gründe für die Annahme, dass das Schiff gegen die Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen gemäß Absatz 1 verstoßen hat, so sichert der Kontrollstaat gegebenenfalls Beweismittel und benachrichtigt den Flaggenstaat unverzüglich vom mutmaßlichen Verstoß.

6. Der Flaggenstaat reagiert auf die Benachrichtigung gemäß Absatz 5 innerhalb von drei Arbeitstagen nach Erhalt bzw. innerhalb jeder anderen Frist, die in den nach Absatz 2 erlassenen Verfahren festgelegt werden kann, indem er

  1. a) unverzüglich den Verpflichtungen gemäß Artikel 19 nachkommt. Ermittlungen zu führen und bei ausreichenden Beweisen dem Schiff gegenüber Vollzugsmaßnahmen zu ergreifen; in diesem Fall teilt er dem Kontrollstaat sofort das Ergebnis der Ermittlungen und etwaige Vollzugsmaßnahmen mit; oder
  2. b) den Kontrollstaat ermächtigt, Ermittlungen zu führen.

7. Ermächtigt der Flaggenstaat den Kontrollstaat, im Falle eines mutmaßlichen Verstoßes zu ermitteln, so teilt der Kontrollstaat dem Flaggenstaat das Ergebnis dieser Ermittlungen unverzüglich mit. Der Flaggenstaat kommt bei ausreichenden Beweisen seiner Pflicht nach, dem Schiff gegenüber Vollzugsmaßnahmen zu ergreifen, die der Flaggenstaat im Einklang mit seinen Rechten und Pflichten nach diesem Übereinkommen dem Schiff gegenüber festlegen kann.

8. Gibt es nach der Kontrolle an Bord berechtigten Grund anzunehmen, dass ein Schiff einen ernsten Verstoß begangen hat, und hat der Flaggenstaat entweder nicht geantwortet oder die nach den Absätzen 6 oder 7 geforderten Maßnahmen nicht ergriffen, so können die Inspektoren an Bord bleiben und Beweise sichern und die Unterstützung des Kapitäns bei weiteren Ermittlungen fordern, wozu nötigenfalls auch das Anlaufen des nächsten geeigneten Hafens gehört oder jedes sonstigen Hafens, der in den nach Absatz 2 verabschiedeten Verfahren festgelegt werden kann. Der Kontrollstaat teilt dem Flaggenstaat unverzüglich den Namen des Hafens mit, in den sich das Schiff begeben soll. Der Kontrollstaat und der Flaggenstaat sowie gegebenenfalls der Hafenstaat treffen alle erforderlichen Vorkehrungen, um das Wohlergehen der Besatzungsmitglieder ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit zu garantieren.

9. Der Kontrollstaat unterrichtet den Flaggenstaat und die zuständige Organisation oder die Teilnehmer der betreffenden Übereinkunft über die Ergebnisse aller weiteren Ermittlungen.

10. Der Kontrollstaat verlangt von seinen Inspektoren, allgemein anerkannte internationale Vorschriften, Verfahrensregeln und Praktiken für die Sicherheit von Schiff und Besatzung zu beachten, auf die Fangtätigkeit selbst so wenig wie möglich einzuwirken und soweit wie möglich Maßnahmen zu vermeiden, welche die Qualität der Fänge an Bord beeinträchtigen würden. Der Kontrollstaat trägt dafür Sorge, dass die Art, wie an Bord gegangen und kontrolliert wird, für die Fischereifahrzeuge keine Belästigung darstellt.

11. Im Sinne dieses Artikels bedeutet ein ernster Verstoß:

  1. a) Fischfang ohne gültige, vom Flaggenstaat gemäß Artikel 18 Absatz 3 Buchstabe a ausgestellte Lizenz, Genehmigung oder Erlaubnis;
  2. b) das Versäumnis, die Fänge oder fangbezogene Daten akkurat aufzuzeichnen, wie es der Forderung der zuständigen subregionalen oder regionalen Fischereiorganisation oder Übereinkunft entspricht, oder bedenkliche Falschmeldungen im Widerspruch zu den geforderten Fangmeldungen solcher Organisationen oder Übereinkunft;
  3. c) Fischfang in einem Schongebiet, Fischfang während einer Schonzeit und Fischfang ohne oder nach Ausschöpfung einer durch zuständige subregionale oder regionale Fischereiorganisation oder Übereinkunft festgelegten Quote;
  4. d) gezielte Befischung eines Bestandes, dessen Befischung im Rahmen eines Moratoriums oder grundsätzlich verboten ist;
  5. e) Einsatz von verbotenem Fanggerät;
  6. f) Fälschen oder Verdecken der Kennbuchstaben oder -ziffern eines Fischereifahrzeugs;
  7. g) Verschleiern, Manipulieren oder Vernichten von Beweisen im Rahmen einer Untersuchung;
  8. h) wiederholte Verstöße, die zusammengenommen eine erste Missachtung der Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen darstellen; sowie
  9. i) sonstige in den Verfahrensregeln genannte Verstöße, welche durch die zuständige subregionale oder regionale Fischereiorganisation oder Übereinkunft festgelegt werden können.

12. Ungeachtet der übrigen Bestimmungen dieses Artikels kann der Flaggenstaat jederzeit tätig werden, um seinen Verpflichtungen gemäß Artikel 19 im Falle eines mutmaßlichen Verstoßes nachzukommen. Ein Schiff, das der Aufsicht des Kontrollstandes unterstellt ist, wird auf Antrag des Flaggenstaates vom Kontrollstaat zusammen mit ausführlichen Angaben über den Verlauf und das Ergebnis seiner Ermittlungen an den Flaggenstaat ausgeliefert.

13. Dieser Artikel berührt nicht das Recht des Flaggenstaates, Maßnahmen einschließlich möglicher Gerichtsverhandlungen zur Festsetzung von Strafen nach Maßgabe seiner Gesetze zu treffen.

14. Dieser Artikel gilt mutatis mutandis für das Anbordkommen und Kontrollen durch einen Vertragsstaat, der Mitglied einer subregionalen oder regionalen Fischereiorganisation oder Teilnehmer an einer subregionalen oder regionalen Fischereiübereinkunft ist und guten Grund hat anzunehmen, dass ein Fischereifahrzeug unter der Flagge eines anderen Vertragsstaates gegen einschlägige Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen gemäß Absatz 1 in dem Gebiet der Hohen See verstoßen hat, das in den Regelungsbereich besagter Organisation oder Übereinkunft fällt, und dass dieses Schiff anschließend während derselben Fangreise in das Gebiet unter der Hoheitsgewalt des Kontrollstaates eingefahren ist.

15. Wurde im Rahmen einer subregionalen oder regionalen Fischereiorganisation oder Übereinkunft eine alternative Regelung getroffen, welche die Mitglieder dieser Organisation oder Teilnehmer an dieser Übereinkunft wirksam von der Verpflichtung nach diesem Übereinkommen befreit, die Einhaltung der durch die Organisation oder Übereinkunft festgelegten Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen sicherzustellen, so können Mitglieder besagter Organisation oder Teilnehmer an besagter Übereinkunft gemeinsam beschließen, Absatz 1 in Bezug auf die Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen, die für das Gebiet auf Hoher See festgelegt worden sind, nur untereinander anzuwenden.

16. Maßnahmen, die von anderen Staaten als dem Flaggenstaat gegenüber Schiffen ergriffen werden, welche gegen die subregionalen oder regionalen Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen verstoßen haben, müssen in angemessenem Verhältnis zu der Schwere des Verstoßes stehen.

17. Gibt es berechtigte Gründe anzunehmen, dass ein Fischereifahrzeug auf Hoher See keine Staatszugehörigkeit besitzt, so darf ein Staat an Bord dieses Schiffes gehen und Kontrollen durchführen. Bei ausreichenden Beweisen darf der Staat im Einklang mit dem Völkerrecht angemessene Maßnahmen ergreifen.

18. Die Staaten haften für ihnen zuzuschreibende Schäden und Verluste, welche bei der Durchführung von Maßnahmen nach diesem Artikel entstehen, wenn besagte Maßnahmen unzulässig sind oder über das Maß hinausgehen, das unter Berücksichtigung der verfügbaren Informationen zur Durchführung der Bestimmungen dieses Artikels erforderlich wäre.

Schlagworte

Erhaltungsmaßnahme, Kennziffer

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2017

Gesetzesnummer

20003940

Dokumentnummer

NOR40062397

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