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BGBl I 104/2017

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

104. Bundesgesetz: Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat - GFMA-G
(NR: GP XXV IA 2226/A AB 1742 S. 188 . BR: AB 9877 S. 871 .)

104. Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz zur Erreichung einer gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern im Aufsichtsrat geändert werden (Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat - GFMA-G)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Aktiengesetzes - AktG

Das Bundesgesetz über Aktiengesellschaften, BGBl. Nr. 98/1965, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 20/2017, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 86 werden folgende Abs. 7 bis 9 angefügt:

„(7) In börsenotierten Gesellschaften sowie in Gesellschaften, in denen dauernd mehr als 1 000 Arbeitnehmer beschäftigt sind, besteht der Aufsichtsrat zu mindestens 30 Prozent aus Frauen und zu mindestens 30 Prozent aus Männern, sofern der Aufsichtsrat aus mindestens sechs Mitgliedern (Kapitalvertretern) und die Belegschaft zu mindestens 20 Prozent aus Arbeitnehmerinnen beziehungsweise Arbeitnehmern besteht. Es ist auf volle Personenzahlen zu runden; aufzurunden ist, wenn der errechnete Mindestanteil eine Dezimalstelle von zumindest fünf aufweist.

(8) Eine Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrates durch die Hauptversammlung und eine Entsendung in den Aufsichtsrat unter Verstoß gegen das Mindestanteilsgebot des Abs. 7 ist nichtig. Wird eine Wahl aus anderen Gründen für nichtig erklärt, so verstoßen zwischenzeitlich erfolgte Wahlen insoweit nicht gegen das Mindestanteilsgebot.

(9) Der Mindestanteil ist vom Aufsichtsrat insgesamt zu erfüllen. Widerspricht die Mehrheit der gemäß diesem Bundesgesetz oder der Satzung bestellten Aufsichtsratsmitglieder (Kapitalvertreter) oder die Mehrheit der gemäß § 110 ArbVG entsandten Aufsichtsratsmitglieder (Arbeitnehmervertreter) spätestens sechs Wochen vor einer Wahl oder Entsendung der Gesamterfüllung gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden, so ist der Mindestanteil für diese Wahl oder Entsendung von den Kapitalvertretern und den Arbeitnehmervertretern getrennt zu erfüllen. Die Kapitalvertreter und die Arbeitnehmervertreter können für einen bestimmten Zeitraum einen Verzicht auf das Widerspruchsrecht vereinbaren oder jeweils erklären, einen Widerspruch aufrecht zu erhalten; dies ist jeweils dem Aufsichtsratsvorsitzenden mitzuteilen.“

2. In § 108 Abs. 1 wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Dabei ist auf § 86 Abs. 7 und Abs. 9 sowie auf § 87 Abs. 2a Bedacht zu nehmen.“

3. In § 108 Abs. 2 wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„In Gesellschaften, auf die § 86 Abs. 7 anzuwenden ist, ist zusätzlich anzugeben, wie viele der Sitze im Aufsichtsrat mindestens jeweils von Frauen und Männern besetzt sein müssen, um das Mindestanteilsgebot gemäß § 86 Abs. 7 zu erfüllen und ob ein Widerspruch gemäß § 86 Abs. 9 erhoben wurde.“

4. Dem § 110 Abs. 2 ist folgender Satz anzufügen:

„In Gesellschaften, auf die § 86 Abs. 7 anzuwenden ist, hat die Gesellschaft zusätzlich anzugeben, wie viele der Sitze im Aufsichtsrat mindestens jeweils von Frauen und Männern besetzt sein müssen, um das Mindestanteilsgebot gemäß § 86 Abs. 7 zu erfüllen und ob ein Widerspruch gemäß § 86 Abs. 9 erhoben wurde.“

5. Dem § 262 wird folgender Abs. 38 angefügt:

„(38) § 86 Abs. 7 bis 9, § 108 Abs. 1 und 2 sowie § 110 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2017 treten mit 1. Jänner 2018 in Kraft. § 86 Abs. 7 bis 9 ist auf Wahlen und Entsendungen in den Aufsichtsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Aufsichtsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten.“

Artikel 2

Änderung des GmbH-Gesetzes - GmbHG

Das Gesetz vom 6. März 1906, über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 40/2017, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 30 wird folgender dritter Satz angefügt:

§ 86 Abs. 7 bis 9 AktG ist sinngemäß anzuwenden.“

2. Dem § 127 wird folgender Abs. 24 angefügt:

„(24) § 30 dritter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2017 tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf Wahlen und Entsendungen in den Aufsichtsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Aufsichtsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten.“

Artikel 3

Änderung des SE-Gesetzes - SEG

Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea - SE), BGBl. I Nr. 67/2004, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 43/2016, wird wie folgt geändert:

1. In § 45 Abs. 3 wird die Wortfolge „Abs. 3 bis 6 AktG“ durch die Wortfolge „Abs. 3 bis 9 AktG“ ersetzt.

2. Dem § 67 wird folgender Abs. 11 angefügt:

„(11) § 45 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2017 tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf Wahlen und Entsendungen in den Verwaltungsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Verwaltungsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten.“

Artikel 4

Änderung des Genossenschaftsgesetzes - GenG

Das Gesetz vom 9. April 1873, über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, RGBl. Nr. 70/1873, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 43/2016, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 24 Abs. 1 zweiter Satz wird folgender Satz eingefügt:

§ 86 Abs. 7 bis 9 AktG ist sinngemäß anzuwenden.“

2. Nach § 94h wird folgender § 94i eingefügt:

§ 94i. § 24 Abs. 1 dritter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2017 tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf Wahlen und Entsendungen in den Aufsichtsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Aufsichtsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten.“

Artikel 5

Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes - ArbVG

Das Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 37/2017, wird wie folgt geändert:

1. § 110 Abs. 1 lautet:

§ 110. (1) In Unternehmen, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft geführt werden, entsendet der Zentralbetriebsrat oder, sofern nur ein Betrieb besteht, der Betriebsrat aus dem Kreise der Betriebsratsmitglieder, denen das aktive Wahlrecht zum Betriebsrat zusteht, für je zwei nach dem Aktiengesetz 1965, BGBl. Nr. 98/1965, oder der Satzung zu bestellende Aufsichtsratsmitglieder einen Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat. Ist die Zahl der nach dem Aktiengesetz 1965 oder der Satzung zu bestellenden Aufsichtsratsmitglieder eine ungerade, ist ein weiterer Arbeitnehmervertreter zu entsenden.“

2. Nach § 110 Abs. 2 werden folgende Abs. 2a bis 2d eingefügt:

„(2a) In börsenotierten Unternehmen sowie in Unternehmen, in denen dauernd mehr als 1 000 Arbeitnehmer beschäftigt sind, gilt Abs. 1 mit der Maßgabe, dass unter den in den Aufsichtsrat entsandten Arbeitnehmervertretern jedes der beiden Geschlechter im Ausmaß von mindestens 30 Prozent vertreten sein muss, sofern mindestens drei Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden sind und die Belegschaft zu mindestens 20 Prozent aus Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern besteht.

(2b) In Unternehmen gemäß Abs. 2a ist das Nominierungsrecht gemäß Abs. 2 in der Weise auszuüben, dass dadurch die Entsendung beider Geschlechter im Ausmaß von jeweils mindestens 30 Prozent gewährleistet ist. Wenn die wahlwerbenden Gruppen von ihrem Vorschlagsrecht nicht in dieser Weise Gebrauch machen, bleiben jene Sitze, die zunächst zu besetzen sind und aus denen die Nichterreichung des Mindestanteils von 30 Prozent Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern im Aufsichtsrat folgt, bis zur Erstattung eines gesetzmäßigen Vorschlages unbesetzt; es sei denn, der Mindestanteil ist gemäß § 86 Abs. 9 AktG erfüllt (Gesamtbetrachtung). Eine Nachnominierung auf die frei bleibenden Sitze zur Erfüllung des Mindestanteils ist jederzeit möglich.

(2c) Bei der Berechnung des Mindestanteilsgebots ist auf volle Personenzahlen zu runden; aufzurunden ist, wenn der errechnete Mindestanteil eine Dezimalstelle von zumindest fünf aufweist.

(2d) In Unternehmen gemäß Abs. 2a kann die Nominierung von Arbeitnehmervertretern für die Entsendung in den Aufsichtsrat abweichend von dem Verfahren gemäß Abs. 2 erfolgen, sofern der Zentralbetriebsrat (Betriebsrat) einen entsprechenden einvernehmlichen Beschluss fasst und dabei der Mindestanteil der zu entsendenden Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer gemäß Abs. 2a gewahrt bleibt.“

3. § 110 Abs. 6 zweiter Satz lautet:

„Der Zentralbetriebsrat (Betriebsrat) des herrschenden Unternehmens entsendet unter sinngemäßer Anwendung der Abs. 2a bis 2d so viele Arbeitnehmervertreter, als dem Verhältnis der Zahl der im herrschenden Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer zur Zahl der in den beherrschten Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer entspricht, mindestens jedoch einen Arbeitnehmervertreter.“

4. § 110 Abs. 6b letzter Satz lautet:

„Für die Ausübung des Vorschlagsrechts innerhalb der jeweiligen Gruppe der Konzernvertretungsmitglieder gilt Abs. 2 bis 2d sinngemäß.“

5. Nach § 247 Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Bei der Entsendung der österreichischen Mitglieder in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der Europäischen Gesellschaft ist § 110 Abs. 2a bis 2d sinngemäß anzuwenden.“

6. Dem § 264 wird folgender Abs. 32 angefügt:

„(32) §§ 110 Abs. 1, 2a bis 2d, 6 und 6b sowie § 247 Abs. 1a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2017 treten mit 1. Jänner 2018 in Kraft und gelten für die Entsendungen von Arbeitnehmervertretern durch Organe der Arbeitnehmerschaft, deren Wahl nach dem 31. Dezember 2017 erfolgt.“

Van der Bellen

Kern

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