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Verhängung der Untersuchungshaft (§§ 86 und 87 FinStrG) (Fellner)

Fellner17. LfgJänner 2014

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Die Freiheit der Person nimmt unter den Grundrechten einen hohen Rang ein. In dem Rechtsinstitut der Untersuchungshaft, die den sofortigen - und damit gerade überraschenden - Zugriff auf die Person des Beschuldigten ermöglichen soll, um seine Flucht oder eine Verdunkelung des Sachverhalts zu unterbinden, wird das Spannungsverhältnis zwischen dem Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung deutlich sichtbar. Die rasche und gerechte Ahndung von vorsätzlichen Finanzvergehen, mit Ausnahme von Finanzordnungswidrigkeiten, würde in vielen Fällen nicht möglich sein, wenn es den Finanzstrafbehörden ausnahmslos verwehrt wäre, den mutmaßlichen Täter schon vor der Verurteilung festzunehmen und bis zum Erkenntnis in Haft zu halten. Anderseits ist die volle Entziehung der persönlichen Freiheit durch Einschließung in eine Haftanstalt ein Übel, das an sich im Rechtsstaat grundsätzlich nur dem zugefügt werden darf, der wegen einer gesetzlich mit Strafe bedrohten Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist. Diese Maßnahme schon gegen einen eines vorsätzlichen Finanzvergehen lediglich Verdächtigen zu ergreifen, kann nur in streng begrenzten Ausnahmefällen zulässig sein. Dies ergibt sich aus der grundsätzlichen Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 EMRK, die es ausschließt, auch bei noch so dringendem Tatverdacht gegen den Beschuldigten im Vorgriff auf die Strafe Maßregeln zu verhängen, die in ihrer Wirkung der Freiheitsstrafe gleichkommen (VwGH vom 27. Oktober 1988, 88/16/0089).

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