1. Gang der Untersuchung
Da der Erwerb eigener Anteile nicht an territoriale Grenzen gebunden ist, gilt es abschließend den grenzüberschreitenden Rückerwerb zu untersuchen. Unterschiede in den innerstaatlichen Rechtsordnungen bergen zwangsläufig die Gefahr, dass ein und derselbe Vorgang von den beteiligten Staaten unterschiedlich behandelt wird. Anders als im österreichischen nationalen Steuerrecht, das bei der steuerlichen Einordnung des Vorgangs auf die Gesellschaftsebene abstellt,1191 ist aus abkommensrechtlicher Sicht die Ebene des veräußernden Anteilseigners relevant.1192 Ist folglich unklar, welchem Staat das Besteuerungsrecht an den Einkünften dieses Anteilseigners zukommt, könnten sich beide Staaten gleichermaßen bemüßigt fühlen auf dessen Einkünfte zuzugreifen. Dem Anteilseigner droht in diesem Fall eine Doppelbesteuerung. Die Anwendbarkeit eines DBA vorausgesetzt ist fraglich, wie eine solche Doppelbesteuerung vermieden werden kann. Hierfür ist zu klären, welche abkommensrechtliche Verteilungsnorm zur Anwendung kommt und welche Aufteilung oder Zuteilung des Besteuerungsrechts diese vorsieht. Zunächst sind daher die infrage kommenden Abkommensnormen zu ermitteln und hinsichtlich ihrer Tatbestandsmerkmale zu untersuchen. Im Anschluss soll die von der österreichischen Finanzverwaltung eingenommene Sichtweise dargestellt und vor dem Hintergrund der zuvor erarbeiteten Merkmale kritisch beleuchtet werden. Gehen die beteiligten Vertragsstaaten jedoch von der Anwendbarkeit unterschiedlicher Verteilungsnormen aus, könnte hieraus ein Konflikt resultieren und es trotz der Anwendbarkeit eines DBA zur Doppelbesteuerung der Einkünfte des Anteilseigners kommen. Welche Lösungsmöglichkeiten für derartige Qualifikationskonflikte bestehen, bildet Gegenstand des letzten Unterkapitels. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf das OECD-MA in seiner derzeitigen Fassung, dem nahezu alle österreichischen DBA nachgebildet sind.

