Gerade bei Nachbarschaftsstreitigkeiten kann eine außergerichtliche Konfliktregelung der zielführendere Weg sein, einen umfassenden und nachhaltigen Interessenausgleich zwischen den Streitteilen herbeizuführen. Im Gegensatz zu einem Gerichtsverfahren muss sich die Auseinandersetzung hier nämlich nicht auf rein rechtliche Fragen beschränken, sondern kann versucht werden, der Auseinandersetzung der Nachbarn und ihren Ursachen auf den Grund zu gehen und das Problem sozusagen „an der Wurzel“ zu lösen. Nachbarschaftsstreitigkeiten weisen nicht selten einen mittleren bis höheren
Eskalationsgrad auf und es schwelen Nachbarschaftskonflikte oft über Generationen, wobei Konflikte auf die nächste Generation quasi vererbt werden. Dabei ist festzuhalten, dass sich Nachbarn regelmäßig nicht im Zuge eines Konfliktes trennen, sie leben weiterhin in Nachbarschaft. Der Akt der
physischen Trennung als Ventil der Konfliktentladung, aber auch Konfliktbewältigung als unterstützendes Element, wie etwa in Partnerschaftskonflikten, steht hier nicht zur Verfügung. Der Rat, den Konflikt durch Aufgabe der Nutzungsrechte am streitgegenständlichen Objekt zu beenden, dh wegzuziehen (was sicherlich bei Mietern leichter zu verwirklichen ist als bei Wohnungseigentümern oder Liegenschaftsalleineigentümern), wird oft als „Feigheit vor dem Feind“ verworfen, was bereits auf einen sehr hohen Eskalationsgrad schließen lässt.