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Ausschüttungssperren bei Kapitalgesellschaften – § 235 Abs 1 UGB neu (Nowotny)

Nowotny1. AuflDezember 2015

I. Zum Thema

Ein wichtiges Element des Gläubigerschutzes in der Welt der Kapitalgesellschaften ist die Beschränkung der Entnahmemöglichkeiten der Gesellschafter: Diese können außerhalb einer Kapitalherabsetzung und (bei der AG) eines dieser wirtschaftlich gleichwertigen Verkaufes ihrer Anteile an die Emittentin (§ 52 AktG)11Siehe Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG3 § 71 Rz 2; zur Abfindung von Gesellschaftern bei Umgründungen siehe Artmann in Jabornegg/Strasser, AktG5 § 52 Rz 3. nur den Bilanzgewinn entnehmen.22Ausführlich Gelter, Funktionen des gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutzes, in FS Ch. Nowotny (2015) 315, 329 ff. Auf die Fragen bei der unechten Kapitalgesellschaft wird in der Folge nicht weiter eingegangen; der Verweis in § 221 Abs 5 UGB erfasst jedenfalls auch § 235 UGB; deshalb kann nicht aus der Klarstellung, dass die Vorschriften über gebundene Rücklagen für diese nicht gelten, der Schluss gezogen werden, dass damit die Rechtsprechung zur sinngemäßen Anwendung der Kapitalerhaltungsregeln des GmbHG ausgehebelt worden ist (verfehlt daher Bergmann/Schörghofer, RÄG 2014: Keine Anwendung des kapitalgesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsregimes auf verdeckte Kapitalgesellschaften, GesRZ 2014, 340. Grundlage dafür ist ein nach dem Gesetz und den GoB ermittelter Bilanzgewinn und ein entsprechender Ausschüttungsbeschluss, durch den über den Bilanzgewinn verfügt wird, oder bei einer GmbH bereits der festgestellte Jahresabschluss (§ 35 Abs 1 Z 1 GmbHG).33Außer der Vertrag sieht einen eigenen Beschluss vor (Auer in Gruber/Harrer, Komm GmbHG § 82 Rz 13). Eine Zwischenausschüttung ist nur bei der Aktiengesellschaft in engen Grenzen vorgesehen (§ 54a AktG); bei einer GmbH kann ein ähnlicher Effekt nur über Einziehung eines Rumpfgeschäftsjahres erreicht werden.44Nowotny/Fida, Kapitalgesellschaftsrecht, Umgründungsrecht, Übernahmerecht3 Rz 1/274. Die Ermittlung des Bilanzgewinns erfolgt auf Grund von Regelungen, die dem Gläubigerschutz verpflichtet sind, wie insbesondere der Ansatz zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten als Höchstwert (§§ 203 ff UGB), die Anwendung des imparitätischen Realisationsprinzips (§ 201 Abs 1 Z 4 UGB) sowie des Prinzips der Vorsicht.55Siehe dazu zusammenfassend Egger/Samer/Bertl, Der Jahresabschluss nach dem Unternehmensgesetzbuch Band I15, 70 f. Ein Jahresabschluss, der diese Regelungen verletzt und trotzdem von den dafür verantwortlichen Organen aufgestellt und genehmigt wird, ist nichtig;66Baumgartner/Mollnhuber/U. Torggler in U. Torggler, Komm GmbHG § 35 Rz 5, ausführlich Diregger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 § 202 Rz 26 ff. ein trotzdem ausgeschütteter Bilanzgewinn kann zurückgefordert werden. Der gute Glaube der Empfänger wird nur in engen Grenzen

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geschützt (§ 56 Abs 3 AktG, § 83 Abs 1 GmbHG). Zusätzlich wird bei der Aktiengesellschaft seit Langem und bei der großen GmbH seit dem RLG 1990 angeordnet, dass aus dem Jahresüberschuss die gesetzliche Rücklage zu dotieren ist, bis diese 10 % des Grund-/Stammkapitals erreicht, sofern nicht ohnedies eine gebundene Kapitalrücklage vorhanden ist (§ 229 Abs 6 UGB). Die gesetzliche Rücklage und die gebundene Kapitalrücklage dürfen nur zum Ausgleich eines ansonsten auszuweisenden Bilanzverlustes aufgelöst werden, keinesfalls aber um einen ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn zu bewirken.77Zu Einzelheiten jüngst Hügel, Zur Verrechnung des Spaltungsverlustes mit gebundenem und ungebundenem Eigenkapital, in FS Ch. Nowotny (2015) 573, 579 ff; Temmel in Gruber/Harrer, GmbHG § 23 Rz 9. Im Wege der nominellen Kapitalerhöhung ist es allerdings möglich, auch aus gebundenem Eigenkapital bis auf eine Restgröße in Höhe von 10 % des erhöhten Grund-/Stammkapitals dieses zu erhöhen und den Erhöhungsbetrag in der Folge im Wege einer ordentlichen Kapitalherabsetzung an die Gesellschafter auszubezahlen.88Rechtspolitisch ist zu kritisieren, dass bei der kleinen GmbH für die nominelle Kapitalerhöhung ein von einem Abschlussprüfer geprüfter Jahresabschluss nicht Voraussetzung ist; siehe etwa den Fall OGH 3 Ob 86/10h.

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