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4.1. Gebundene Rücklagen

Bergmann1. AuflNovember 2010

4.1.1. Gebundene Rücklagen im Allgemeinen

4.1.1.1. Rechtsgrundlage und Wesen

§ 229 Abs 4 UGB begründet für Aktiengesellschaften und große GmbH iSd § 221 UGB11§ 221 UGB geht von einer dreigliedrigen Größengliederung von Gesellschaften aus (klein, mittelgroß und groß), die wiederum durch drei Kriterien (Bilanzsumme, Umsatz und Arbeitnehmeranzahl) bestimmt wird. Die Rechtsfolgen der Größenmerkmale treten grundsätzlich ab dem folgenden Geschäftsjahr ein, wenn die entsprechenden Merkmale an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschritten bzw nicht mehr überschritten werden (§ 221 Abs 4 Z 1 UGB). Ein einmaliges Über- oder Unterschreiten ist daher unbeachtlich (vgl dazu Nowotny/Tichy in Straube, HGB2 § 221 Rz 13 ff; Michlits/Unger in Straube, GmbHG § 23 Rz 7 ff). Bei Neugründungen und Umgründungen treten die Rechtsfolgen der Größenmerkmale jedoch bereits ab dem folgenden Geschäftsjahr ein, wenn diese Merkmale am ersten Abschlussstichtag nach der Neugründung bzw Umgründung vorliegen (§ 221 Abs 4 Z 2 UGB; Nowotny/Tichy in Straube, HGB2 § 221 Rz 28 ff; Michlits/Unger in Straube, GmbHG § 23 Rz 12). Wird eine große GmbH zur kleinen oder mittelgroßen, so sind allfällig vormals bei der großen GmbH dotierte gebundene Rücklagen aus Gläubigerschutzgründen wohl als solche weiterzuführen (vgl Ch. Nowotny, Gebundene Rücklagen, GesRZ 1996, 68 [70 ff]; Schummer, Auflösung der gesetzlichen Rücklage bei gleichzeitiger Gewinnausschüttung? GesRZ 1989, 193 [197 f]). die Pflicht zur Bildung „gebundener Rücklagen“, die gem § 229 Abs 7 UGB nur zum Ausgleich eines ansonsten auszuweisenden Bilanzverlustes aufgelöst werden dürfen. Gebundene Rücklagen sollen die Kapitalgrundlage der Gesellschaft stärken.22Vgl Michlits/Unger in Straube, GmbHG § 23 Rz 3; Schummer, GesRZ 1989, 193 (193); Kropff in MünchKomm dAktG2 § 150 Rz 4; Brönner in Großkomm dAktG4 § 150 Rz 1; Beiser, Die Ausschüttungssperre für umgründungsbedingte Kapitalrücklagen - Redaktionsversehen des Gesetzgebers oder fehlerhafte Auslegung? GesRZ 2005, 3 (7). Sie stellen gewissermaßen eine „Pufferzone“ zum Schutz des Grund- bzw Stammkapitals dar, die für Gewinnausschüttungen nicht zur Verfügung steht.33Vgl Gruber in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 130 Rz 1; Kleindiek in Schmidt/Lutter, dAktG § 150 Rz 3; Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei der AG, GmbH sowie GmbH & Co KG (2004) 43. Sie dienen somit auch dem Gläubigerschutz.44Vgl Hüffer, dAktG8 § 150 Rz 1; Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei der AG, GmbH sowie GmbH & Co KG, 40; Ch. Nowotny, GesRZ 1996, 68 (70); Eckert, Kapitalentsperrung bei Verschmelzungen (Teil II), GeS 2006, 436 (436); Brönner in Großkomm dAktG4 § 150 Rz 2. Die gebundenen Rücklagen sind sogar stärker als das Grund- und Stammkapital an die Gesellschaft gebunden, weil Letztere im Zuge einer Kapitalherabsetzung an die Gesellschafter zurückgezahlt werden können (vgl § 175 Abs 3 AktG und § 54 Abs 2 GmbHG).55Vgl Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht5 (1990) 302; Chalupsky, Eigenkapital, in Bertl/Mandl, Handbuch zum Rechnungslegungsgesetz11, 46; Gruber in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 130 Rz 1; Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG4 § 130 Rz 4; Damböck/Hecht, OGH: Allgemeine Kapitalerhaltungsgrundsätze gelten bei Verschmelzung! RdW 2000, 1 (4); differenzierend Eckert, Kapitalentsperrung bei Verschmelzungen (Teil I), GeS 2006, 383 (389); kritisch Schummer, GesRZ 1989, 193 (198). Die Bindung findet ihr Ende bei Auflösung der Gesellschaft oder bestimmungsgemäßer Verwendung zum Ausgleich eines ansonsten auszuweisenden Bilanzverlustes.66Vgl Michlits/Unger in Straube, GmbHG § 23 Rz 31; Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG4 § 130 Rz 8. Seit dem RLG 199077Rechnungslegungsgesetz, BGBl 1990/475. bestehen gebundene Rücklagen aus der „gebundenen Kapitalrücklage“ und der „gesetzlichen Rücklage“ (vgl § 229 Abs 4 UGB bzw vormals § 130 AktG aF).88Siehe ausführlich zur historischen Entwicklung Kalss/Burger/Eckert, Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts (2003) zu § 130.

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