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4.3. Rechnungslegung im Insolvenzverfahren

Kanduth-Kristen1. AuflNovember 2010

4.3.1. Rechnungslegungspflicht

Die Bedeutung der unternehmensrechtlichen Rechnungslegung im Insolvenzverfahren war lange umstritten:5353Vgl Riel in Konecny/Schubert (2006) § 121 Rz 47 mwH; Chalupsky/Duursma-Kepplinger in Bartsch/Pollak/Buchegger (2002) § 81 Rz 61 ff. Nach Hierzenberger/Riel 5454In Konecny/Schubert (1997) §§ 81, 81a Rz 7 mwH. verdrängen das Insolvenzverfahren und die insolvenzrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften nach „hA“ das gesellschaftsrechtliche Liquidationsverfahren und die unternehmensrechtlichen Rechnungslegungsbestimmungen.5555Ebenso Chalupsky/Duursma-Kepplinger in Bartsch/Pollak/Buchegger (2002) § 81 Rz 69 für den Fall der Unternehmensschließung. Nach Riel 5656In Konecny/Schubert (2006) § 121 Rz 52; ebenso Riel/Zehetner, ZIK 2001, 110. ist (nur) für den Fall der Unternehmensfortführung eine Ausnahme von diesem Grundsatz zu machen. Bei Unternehmensfortführung treffe den Insolvenzverwalter die Pflicht zur unternehmensrechtlichen Rechnungslegung. Nach anderer Ansicht5757Ua Fraberger in Bertl/Mandl/Mandl/Ruppe (1998) 188; Mandl in Bertl/Mandl/Mandl/Ruppe (1998) 182; Kofler/Kristen (2000) 3; Torggler/Torggler in Straube, HGB II2 § 189 Rz 7a; Fraberger/Kristen in Feldbauer-Durstmüller/Schlager (2002) 698 ff; Bertl/Fraberger in Petsch/Bertl/Reckenzaun/Isola (2003)2 56 f; Fraberger, taxlex 2006, 427; ebenso VwGH 26.2.2004, 2000/15/0129. bleibt die unternehmensrechtliche Rechnungslegungspflicht durch das Insolvenzverfahren grundsätzlich unberührt. Nach der älteren Judikatur des OGH (19.5.1988, 7 Ob 537/88) ist im Konkurs bei Zerschlagung des Unternehmens eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ausreichend. In der Entscheidung vom 29.3.2001 (6 Ob 25/01x)5858Vgl dazu Riel/Zehetner, ZIK 2001, 110; Fraberger, ZIK 2002, 38. hat der OGH ausgesprochen, dass während des Konkurses einer GmbH die Buchführungs- und Bilanzierungspflichten der Gesellschaft nicht den Geschäftsführer, sondern den Masseverwalter auch für den Zeitraum vor der Konkurseröffnung unabhängig davon treffen, ob das Unternehmen fortgeführt wird. Die unternehmensrechtlichen Prinzipien sind daher auch im Falle der Unternehmensschließung anzuwenden.5959Vgl Fraberger/Kristen in Feldbauer-Durstmüller/Schlager (2002) 698 f. Offengelassen wurde in der Entscheidung, ob während des Konkurses eine unternehmensrechtliche Offenlegungspflicht besteht. In mehreren nachfolgenden Entscheidungen (10.10.2002, 6 Ob 152/02z; 16.3.2007, 6 Ob 154/05y) hat der OGH ausgesprochen, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts an der Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses und seiner Offenlegung für Geschäftsjahre vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändert, wobei diese Verpflichtung im Insolvenzverfahren den Masseverwalter (nunmehr: Insolvenzverwalter) als gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft iSd §§ 222 Abs 1 und 277 Abs 1 UGB trifft (vgl OGH 16.3.2007, 6 Ob 154/05y). In der Entscheidung vom 7.11.2007 (6 Ob 246/07f)6060Vgl dazu Fraberger, GesRZ 2008, 108. hat der OGH die in der Literatur etwa von Hierzenberger/Riel und Chalupsky/Duursma-Kepplinger vertretene Auffassung, wonach die insolvenzrechtlichen Bestimmungen der §§ 121ff KO (nunmehr: 121 ff IO) die unternehmensrechtliche Rechnungslegungspflicht verdrängen sollen, im Hinblick auf den unterschiedlichen Zweck der insolvenzrechtlichen Rechnungslegungspflicht ausdrücklich verworfen. Auch bei Einstellung des Betriebes entfalle die Bilanzierungspflicht nicht automatisch. Allerdings kann die Pflicht des Masseverwalters (Insolvenzverwalters) zur Rechnungslegung entfallen, wenn die Rechnungslegung im Einzelfall unmöglich oder unwirtschaftlich bzw untunlich wäre, wobei jedoch die Voraussetzungen dafür vom Masseverwalter (Insolvenzverwalter) darzulegen sind.6161Vgl OGH 16.3.2007, 6 Ob 154/05y; 7.11.2007, 6 Ob 246/07f; zu den Kriterien vgl Fraberger/Riel, ZIK 2008, 41; Fraberger, ZIK 2002, 38. Die bloße Behauptung des Masseverwalters (Insolvenzverwalters), mangels ausreichender Unterlagen nicht in der Lage zu sein, die Jahresabschlüsse zu erstellen, ist nicht ausreichend.6262Vgl OGH 7.11.2007, 6 Ob 246/07f. Offengelassen hat der OGH, ob auch außerhalb von Massearmut bei Vorliegen einzelner, von Fraberger 6363In taxlex 2006, 427 ff. näher dargelegten Kriterien die Rechnungslegungspflicht für den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausnahmsweise wegfallen könnte.6464Siehe dazu auch Bertl/Fraberger, RWZ 2002, 245.

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