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4.2. Überschuldungsstatus im Insolvenzverfahren

Kanduth-Kristen1. AuflNovember 2010

Nach den Bestimmungen der IO hat der Schuldner bei seiner Einvernahme zum Nachweis eines kostendeckenden Vermögens ein Vermögensverzeichnis vorzulegen und vor Gericht zu unterfertigen (siehe §§ 71 Abs 4, §§ 71b Abs 2 und 72b Abs 1 und 2 IO). Nach der Rechtslage vor dem IRÄG 2010 waren in dem Verzeichnis gem § 100 Abs 2 KO die einzelnen Vermögensstücke und Forderungen mit der Angabe, ob und wieweit sie einbringlich sind, sowie alle Schulden unter Angabe der Adressen der Gläubiger und des zwischen ihnen und dem Gemeinschuldner etwa bestehenden Verhältnisses naher Angehörigkeit anzuführen. Das Verzeichnis war ein Vermögensverzeichnis ohne Wertansätze.2525Vgl Mandl in Bertl/Mandl/Mandl/Ruppe (1998) 176 f. Durch das IRÄG 2010 wurde der Inhalt des Vermögensverzeichnisses in § 100a IO detaillierter geregelt und insb auch entsprechende Wertangaben vorgesehen. Eine vom Schuldner allenfalls vorgelegte Bilanz (zum jeweiligen, vor Insolvenzeröffnung liegenden Stichtag) ist vom Insolvenzverwalter gem § 100 Abs 3 IO zu prüfen und ggf zu berichtigen. Ein Insolvenzeröffnungsstatus (Überschuldungsstatus) bzw eine Insolvenzeröffnungsbilanz wird vom Gesetz nicht ausdrücklich verlangt, dieser ist allerdings für die Entscheidung über die Unternehmensfortführung unumgänglich.2626Vgl Isola in Petsch/Bertl/Reckenzaun/Isola (2003)2 166. Bei Personengesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, bei juristischen Personen und bei Verlassenschaften stellt die Überschuldung zudem neben der Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzeröffnungsgrund dar. Ob eine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne vorliegt, ist nach hA im Sinne eines dynamischen Verständnisses im Rahmen einer (modifizierten) zweistufigen Prüfungsmethode durch Erstellung einer eigenständigen Fortbestehensprognose einerseits und eines Überschuldungsstatus andererseits zu prüfen.2727Vgl Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger (2004) § 67 Rz 21 ff; Dellinger in Konecny/Schubert (1999) § 67 Rz 31 ff; Mandl in Bertl/Mandl/Mandl/Ruppe (1998) 171 ff; siehe dazu auch Gaedke/Jaufer, SWK 2008, W 29 ff; Oberguggenberger/Schumacher, RdW 2008, 187 ff; Karollus, RWZ 2007, 2. Nur wenn der Status einen Schuldüberhang aufweist und die Fortbestehensprognose ungünstig (negativ oder zur zukünftigen Schuldenabdeckung nicht ausreichend positiv) ist, liegt eine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne vor. Eine bestimmte Prüfungsreihenfolge besteht dabei nicht. Die Erstellung der Fortbestehensprognose und des Überschuldungsstatus obliegt den Geschäftsführern bzw dem Vorstand. Der Stichtag, zu dem der Überschuldungsstatus erstellt wird, ist so zu wählen, dass die Feststellung der Überschuldung im Hinblick auf die Pflicht zur Beantragung eines Insolvenzverfahrens rechtzeitig gewährleistet ist. Gem § 69 Abs 2 IO ist die Insolvenzeröffnung bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 66 und 67 IO) ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber sechzig Tage nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu beantragen. Schuldhaft verzögert ist der Antrag nicht, wenn die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung sorgfältig betrieben worden ist.

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