1. Fragestellungen und steuerstrafrechtliche Grundlagen
1.1 Subjektive Tatbestandsmerkmale als Ansatzpunkt einer Abgrenzung zwischen Steuerrecht und Steuerstrafrecht
Es liegt in der Natur des Menschen, des Steuerpflichtigen, seine Steuerbelastung zu minimieren. Dies ist aus steuerrechtlicher Sicht auch keineswegs verpönt. Die Gestaltung der eigenen steuerlichen Situation ist legal und wurde auch von der Judikatur oftmals ausdrücklich als zulässig bezeichnet. Die Gestaltung kann auch in der Nichterzielung von Einkünften liegen. Das Motiv für die Nichterzielung ist grundsätzlich irrelevant.612 Derjenige, der etwa aus Faulheit keine Einkünfte erzielt, unterliegt keiner Steuerpflicht und kann daher auch nicht als „Steuerhinterzieher“ angeklagt werden.613 Aber auch derjenige, der Einkünfte erzielt und versucht, die Besteuerung dieser Einkünfte zu optimieren, ist kein „Steuerhinterzieher“. Die österreichische Rechtsordnung sieht auch keine Verpflichtung vor, sich bei Abgabe der Steuererklärung eines Vertreters der steuerberatenden Berufe zu bedienen.614 In Deutschland wird dies auch aus der Bestimmung des § 80 AO abgeleitet, in der eine sachkundige Steuerberatung nicht vorgeschrieben wird.615 Dem Steuerpflichtigen wir daher vom Gesetzgeber zugetraut, seine steuerlichen Angelegenheiten ohne Hilfe eines Steuerberaters regeln zu können. Insbesondere daraus können „Gestaltungen“ resultieren, denen steuerrechtlich die Anerkennung versagt wird. Der Steuerpflichtige kann dies wissen, aber auch davon überzeugt sein, dass die „Gestaltung hält“.

