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Kapitel II: Verfassungsrechtliche Anforderungen an subjektive Tatbestandsmerkmale im Steuer- und Steuerstrafrecht

Toifl1. AuflOktober 2009

1. Fragestellungen und verfassungsrechtliche Grundlagen

1.1 Subjektive Tatbestandsmerkmale im Steuer- und Steuerstrafrecht im Lichte des Verfassungsrechts

Sowohl im Steuer- als auch im (Steuer-)Strafrecht sind die Vorgaben und Grenzen des Verfassungsrechts zu beachten.8080 Vgl dazu die grundlegenden Arbeiten zum Verhältnis von Strafrecht und Verfassungsrecht von Lewisch, Verfassung und Strafrecht (1993), Appel, Verfassung und Strafe (1996). Zum Verhältnis von Steuerrecht und Strafrecht Gassner, Gelber Brief 64, 1 ff; Korinek/Holoubek in Gassner/Lechner (Hrsg) Steuerbilanzreform 73 ff. Wie die Ausführungen in Kapitel I gezeigt haben, ist dies auch bei der Frage der Bedeutung subjektiver Tatbestandsmerkmale zu berücksichtigen. Aus dem Verfassungsrecht können dabei zwei Vorgaben und Grenzen zu beachten sein: Zum Einen sieht das Verfassungsrecht zum Schutz individueller Rechte und Positionen der Rechtsunterworfenen materielle Garantien und Verbürgungen vor, die der Gesetzgebung und Vollziehung inhaltliche Schranken auferlegen und daher auch für den Straf- und Steuergesetzgeber und die Vollziehung im Straf- und Steuerrecht zu beachten sind. Zum anderen sind in der Verfassung grundsätzliche Wertentscheidungen dargelegt, aus denen Vorgaben für die Beurteilung zentraler steuer- und strafrechtlicher Fragestellungen abgeleitet werden können. Während in der Steuerrechtswissenschaft bereits seit langem - mit Erfolg - versucht wird, zentrale dogmatische Fragen an den verfassungsrechtlichen Grundlagen zu messen und daraus Leitlinien für das Steuerrecht abzuleiten, steht das Strafecht solchen Tendenzen eher ablehnend gegenüber.8181 Appel, Verfassung und Strafe 46 f mwN hat dies für Deutschland wie folgt zum Ausdruck gebracht: „Die Zurückdrängung verfassungsrechtlicher Einbindungen des Strafrechts mag mit der - mitunter auch in Kreisen der Strafrechtslehre beklagten - dogmatischen Selbstgenügsamkeit des Strafrechts zusammenhängen. Teile der Strafrechtslehre glauben offenbar noch immer, ihre Eigenständigkeit dadurch beweisen zu müssen, dass sie der Versuchung widerstehen, mit überwiegend verfassungsrechtlichen Überlegungen strafrechtliches Territorium preiszugeben. Der vermeintlichen Kolonialmacht Verfassungsrecht soll, so scheint es, um nahezu jeden Preis Paroli geboten werden.“ Eine Ausnahme besteht zwar im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz nach Art 18 B-VG.8282 Vgl für Österreich Lewisch, Verfassung und Strafrecht sowie Brandstetter in Leitner (Hrsg) Finanzstrafrecht 2005, 161 f. Für Deutschland vgl Roxin, Strafrecht AT I2 § 7 mwN. Der Gleichheitssatz hat demgegenüber in der österreichischen Strafrechtswissenschaft bisher kaum Beachtung gefunden.8383 Vgl aber die Ausführungen von Lewisch, Verfassung und Strafrecht, 160 ff sowie Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz, 508 ff und 603 ff.

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