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Kapitel I: Begriff und Wesen subjektiver Tatbestandsmerkmale im Steuer- und Steuerstrafrecht11 Für Zwecke dieser Arbeit wird in der Folge der Begriff „Steuerstrafrecht“ und nicht „Finanzstrafrecht“ verwendet, obwohl die entsprechenden Delikte nicht im SteuerstrafG, sondern im FinStrG geregelt sind. Hintergrund dieser Wortwahl ist, dass in der Folge nur auf Steuerdelikte ieS eingegangen wird, nicht hingegen auf die ebenfalls im FinStrG geregelten Delikte des Schmuggels und Hinterziehung von Eingangs- und Ausgangsabgaben (§ 35 FinStrG), der Verzollungsumgehung (§ 36 FinStrG) sowie der Abgabenhehlerei (§ 37 FinStrG).

Toifl1. AuflOktober 2009

1. Ausgangslage und Fragestellungen

Im Strafrecht im Allgemeinen und im Steuerstrafrecht im Speziellen ist die Pflicht zur Berücksichtigung subjektiver Tatbestandsmerkmale unstrittig.22 Vgl auch Roxin, AT I4 § 10 Rz 71 ff, der darauf hinweist, dass das eigentliche Problem der subjektiven Tatbestandsmerkmale im Strafrecht heute nicht mehr in deren Existenz, sondern in ihrer Abgrenzung von speziellen subjektiven Schuldmerkmalen liegt. Solche speziellen subjektiven Schuldmerkmale (zB Bereicherungsabsicht beim Betrug) gibt es aber im Steuerstrafrecht nicht, so dass dieser Gesichtspunkt aus der nachfolgenden Untersuchung ausgeklammert werden kann. Nur derjenige, dem eine Handlung oder Unterlassung auch subjektiv vorzuwerfen ist, verstößt gegen eine strafrechtliche Norm. Nach § 33 Abs 1 FinStrG müssen neben den objektiven Tatbestandsmerkmalen einer Steuerverkürzung und der zusätzlich geforderten Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht auch subjektive Tatbestandsmerkmale erfüllt sein, um einen Steuerpflichtigen wegen einer Steuerhinterziehung zur Verantwortung ziehen zu können. Diese Einschränkung objektiver Steuerverkürzungen und objektiver Verletzungen einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch eine zusätzliche Bezugnahme auf subjektive Tatbestandsmerkmale gilt in allen Bereichen des Strafrechts, somit sowohl bei den im StGB normierten Delikten als auch im Neben- und damit auch im Steuerstrafrecht. In Umsetzung dieses Grundsatzes sehen die zentralen Normen der §§ 33 ff FinStrG steuerstrafrechtliche Konsequenzen nur bei Vorliegen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit vor. Vorsatz und Fahrlässigkeit als die beiden zentralen subjektiven Tatbestandsmerkmale des Steuerstrafrechts werden zudem in § 8 und indirekt auch in § 9 FinStrG definiert.33 In dieser Arbeit wird in der Folge im Wesentlichen auf den „Vorsatz“ als subjektives Tatbestandsmerkmal eingegangen und die „Fahrlässigkeit“ nur dann angesprochen, wenn diese für die Abgrenzung zum Vorsatz von Bedeutung ist. Vgl dazu insbesondere Kapitel III.4. dieser Arbeit. Dies ist auch vor dem Hintergrund der strafrechtlichen Dogmatik zu sehen, die iZm Fragen zum subjektiven Tatbestand regelmäßig nur auf den Vorsatz, nicht auch auf die Fahrlässigkeit Bezug nimmt. Vor diesem Hintergrund wird in der strafrechtlichen Dogmatik auch regelmäßig zwischen dem objektiven und dem subjektiven Tatbestand einer strafrechtlichen Norm unterschieden.

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