1. Ausgangslage und Fragestellungen
Im Strafrecht im Allgemeinen und im Steuerstrafrecht im Speziellen ist die Pflicht zur Berücksichtigung subjektiver Tatbestandsmerkmale unstrittig.2 Nur derjenige, dem eine Handlung oder Unterlassung auch subjektiv vorzuwerfen ist, verstößt gegen eine strafrechtliche Norm. Nach § 33 Abs 1 FinStrG müssen neben den objektiven Tatbestandsmerkmalen einer Steuerverkürzung und der zusätzlich geforderten Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht auch subjektive Tatbestandsmerkmale erfüllt sein, um einen Steuerpflichtigen wegen einer Steuerhinterziehung zur Verantwortung ziehen zu können. Diese Einschränkung objektiver Steuerverkürzungen und objektiver Verletzungen einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch eine zusätzliche Bezugnahme auf subjektive Tatbestandsmerkmale gilt in allen Bereichen des Strafrechts, somit sowohl bei den im StGB normierten Delikten als auch im Neben- und damit auch im Steuerstrafrecht. In Umsetzung dieses Grundsatzes sehen die zentralen Normen der §§ 33 ff FinStrG steuerstrafrechtliche Konsequenzen nur bei Vorliegen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit vor. Vorsatz und Fahrlässigkeit als die beiden zentralen subjektiven Tatbestandsmerkmale des Steuerstrafrechts werden zudem in § 8 und indirekt auch in § 9 FinStrG definiert.3 Vor diesem Hintergrund wird in der strafrechtlichen Dogmatik auch regelmäßig zwischen dem objektiven und dem subjektiven Tatbestand einer strafrechtlichen Norm unterschieden.

