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ZWEITER TEIL: Gesellschafts- und ertragsteuerrechtliche Grundlagen der Liquidation von Körperschaften

Hristov1. AuflMärz 2011

I. Ertragsteuerrechtliche Grundlagen

1. Liquidationen im Einkommen- und im Körperschaftsteuerrecht
1.1. Liquidation als Doppelveräußerungsvorgang

Nach § 201 Abs 2 Z 4 lit a UGB sind in der Unternehmensbilanz nur die am Abschlussstichtag verwirklichten Gewinne auszuweisen. Dieses sog (imparitätische) Realisationsprinzip wirkt jedoch als Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung über das Unternehmensrecht aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes des § 5 Abs 1 EStG hinaus auf die einkommensteuerrechtliche Gewinnermittlung11 Jiresch/Langer, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz 1966 (1967), § 18 Rz 2; Mayr, Gewinnrealisierung im Steuerrecht und Handelsrecht (2001), 6; ders, Steuerrechtliche Bewertungsgrundsätze, in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg), Handbuch des Bilanzsteuerrechts - GS Wolfgang Gassner (2005), 263 (267); Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, Kommentar zum KStG 1988 (1989), § 19 Rz 1. und ist aufgrund des § 7 Abs 3 KStG insbesondere für rechnungslegungspflichtigen Körperschaften von Relevanz. Bei unter § 7 Abs 3 KStG fallenden Körperschaften sind daher nicht realisierte Gewinne grundsätzlich nicht zu besteuern, bis zur Realisation dieser nicht verwirklichten Gewinne kommt es daher zur Bildung stiller Reserven im Vermögen der jeweiligen Körperschaft. Erfolgt bei einer Körperschaft die Auflösung und anschließende Abwicklung (Liquidation)22 Gesellschaftsrechtlich ist die Auflösung einer Körperschaft streng von ihrer Abwicklung zu trennen; während es durch die Auflösung bloß zu einer formalen Änderung der Firma und des Unternehmensgegenstands kommt, die Körperschaft daher in Liquidation tritt, erfolgt im Rahmen der Abwicklung die faktische, eigentliche Vermögensversilberung (eigentliche Liquidation) und schließlich die Beendigung der Körperschaft., ist gesellschaftsrechtlich im Zuge des Abwicklungsvorgangs eine Versilberung des Vermögens der Körperschaft geboten, die im Idealfall33 Das Gesellschaftsrecht kennt jedoch auch andere zulässige Abwicklungskonzepte; vgl dazu auch Zweiter Teil, Kap II.3.2. und Dritter Teil, Kap I.4.1. durch Veräußerung der einzelnen Vermögensgegenstände vor sich gehen soll. Wird während des Abwicklungsverfahrens Vermögen der untergehenden Körperschaft veräußert, werden dadurch die im Vermögen der Körperschaft enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt und die letzte Möglichkeit eröffnet44 So KStR 2001, BMF vom 20.12.2001, GZ 06 5004/11-IV/6/01, Rz 1403; Gaier, Die Liquidationsbesteuerung nach § 18 KStG, SWK 1984, 195 (198); ders, Die Liquidationsbesteuerung von Kapitalgesellschaften, in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft - FS Bauer (1986), 53 (57); Herzig, Die Liquidation von Kapitalgesellschaften im körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren, FR 1979, 289 (294); Hristov, Liquidation und nicht unter das UmgrStG fallende Umgründungen von Kapitalgesellschaften, in Bertl/Eberhartinger/Egger/Kalss/Lang/Nowotny/Riegler/Schuch/Staringer (Hrsg), Sonderbilanzen bei Umgründungen (2008), 165 (165 f); ders in Lang/Schuch/Staringer, KStG - Kommentar (2009), § 19 Rz 4; Hügel, Verschmelzung und Einbringung (1993), 455 ff; Jiresch/Langer, KStG 1966, § 18 Rz 2; Kofler/Urnik, Die Liquidation einer Kapitalgesellschaft, in Bertl/Djanani/Eberhartinger/Kofler/Tumpel (Hrsg), Handbuch der österreichischen Steuerlehre Band III - Gründung, Umgründung und Beendigung von Unternehmen (2004), 464 (469); Pucharski, Das Körperschaftsteuergesetz (1957), § 14 Rz 1; Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger (Hrsg) ursprünglich herausgegeben von Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz 1988 (1990), § 19 Rz 1; Stein in Mössner/Seeger (Hrsg), Kommentar zum dKStG36 (2005), § 11 Rz 2; Thiel, Die Besteuerung der schwindenden Kapitalgesellschaft und ihrer Gesellschafter, DStZ 1962, 127 (127); Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG 1988, § 19 Rz 1., diese stillen Reserven steuerlich auf Ebene der untergehenden Körperschaft zu erfassen, bevor das versilberte Vermögen von der untergehenden Körperschaft an ihre Anteilsinhaber ausgekehrt wird.

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