A. Anforderungen des österreichischen Verfassungsrechts an die Verlustverwertung im Konzern
I. Der Eigentumsschutz nach Art 5 StGG und Art 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK
1. Schutzwirkung von Art 5 StGG und Art 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK
Der Eigentumsschutz der österreichischen Bundesverfassung beruht auf zwei Säulen: Art 5 StGG und Art 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK.18 Nach Art 5 StGG ist das Eigentum unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt.19 Ergänzend dazu normiert Art 1 des im Verfassungsrang stehenden 1. ZPEMRK, dass einer natürlichen oder juristischen Person - unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit - ihr Eigentum nur dann entzogen werden darf, wenn es das öffentliche Interesse verlangt und die Enteignung unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts erfolgt.20 Der zweite Satz von Art 1 des 1. ZPEMRK lässt jedoch ausdrücklich das Recht des Staates unberührt, „diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern, sonstiger Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.“ Nach hL hat das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums eine zweifache Bedeutung. Zum einen beinhaltet es ein subjektives Recht auf Eigentumsschutz, in dem die Privatnützigkeit des Eigentums zum Ausdruck kommt.21 Zum anderen wird Art 5 StGG als Garantie des Eigentums verstanden, welche als objektive Grundrechtsnorm einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber beinhaltet. Dieser hat zwar die Aufgabe das Eigentum als Institut der Privatrechtsordnung näher auszugestalten, darf dem Eigentum dabei aber weder seine Privatnützigkeitsfunktion entziehen noch seiner gesellschafts- und wirtschaftsordnungspolitischen Funktion berauben noch diese grundlegend verändern.22

