3.5.8.1 Die Krisennähe des Mandats als relevanter Maßstab
Wie bereits in Abschnitt 3.2 angesprochen, erwähnt der OGH immer wieder den „Auftrag und das im Einzelfall davon betroffene Geschäft“ als Kriterium für die Bestimmung von Schutzpflichten.1128 Während der OGH zum Bestehen von Krisenwarnpflichten bisher nicht Stellung nehmen musste, hat der BGH bereits mehrmals ausgesprochen, dass bei der Beurteilung, ob der Berater zur Aufklärung über die Insolvenzreife einer Gesellschaft verpflichtet ist, vom Inhalt und Umfang des Mandats auszugehen ist.1129 Der BGH hat dabei bereits mehr oder minder klare Leitlinien aufgestellt: Grundsätzlich ist der Steuerberater nur im Rahmen des ihm erteilten Auftrags beratungspflichtig. Ausnahmsweise ist er jedoch im Rahmen seiner vertraglichen Nebenpflichten (§ 242 BGB) zum Hinweis auf eine außerhalb seines Mandats liegende Gefahr verpflichtet, wenn ihm diese bekannt oder für ihn offenkundig ist oder sich ihm bei ordnungsgemäßer Beratung aufdrängt und Grund zur Annahme besteht, dass sich der Klient der Gefahrenlage nicht bewusst ist.1130 Eine Pflicht des Beraters zum Hinweis auf die Insolvenzreife der Gesellschaft sowie die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags im Rahmen eines steuerlichen Dauermandats „bei üblichem Zuschnitt“ hatte der BGH zunächst abgelehnt,1131 ging von dieser Rechtsansicht jedoch in IX ZR 285/14 vom 26.01.2017 ausdrücklich ab.

