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3.4.2 Rechtsprechung und Lehre zur Erkennbarkeit von Gefahren

1. AuflSeptember 2018

Die Frage der Erkennbarkeit von Gefahren ist Thema in zahlreichen Rechtsbereichen. Im insolvenzrechtlichen Kontext findet sich die Problematik bei der Insolvenzantragspflicht (§ 69 Abs 2 IO). Nach § 69 Abs 2 IO ist spätestens 60 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Insolvenzeröffnungsantrag zu stellen.10271027 § 69 Abs 2 IO spricht zwar nur von der Zahlungsunfähigkeit, verweist aber auch auf die §§ 66 und 67 IO, die als Insolvenzgründe sowohl die Zahlungsunfähigkeit als auch die Überschuldung normieren. Dieser Zeitraum soll einen außergerichtlichen Sanierungsversuch ermöglichen.10281028 Dellinger in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 69 KO Rz 12; Kastner, Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht, GesRZ 1982, 213; Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, KO II/24 § 69 KO Rz 86 mwN; JA 1147 BlgNR 15. GP 22; siehe dazu auch Abschnitt 2.5.3.1.0. Würde man die Frist schon mit dem tatsächlichen Eintritt des Insolvenzgrunds beginnen lassen, so würde dies in der Regel zur Vereitelung des Zwecks des § 69 Abs 2 IO führen, weil die Frist schon abgelaufen wäre, ehe die antragspflichtige Person diesen überhaupt erkennen konnte.10291029 Dellinger in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 69 KO Rz 17. Darüber hinaus wäre auch demjenigen Schuldner, der vom Insolvenzgrund völlig unverschuldet keine Kenntnis erlangt hat, jegliche vorinsolvenzliche Sanierungsmöglichkeit verwehrt.10301030 Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, KO II/24 § 69 KO Rz 68. Daher zieht die Lehre unterschiedliche Regulative für die Entstehung der Insolvenzantragspflicht (bzw für den Beginn des Laufs der 60-Tage-Frist10311031 Vgl Dellinger in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 69 KO Rz 18 mwN.) ein: Manche fordern die objektive Erkennbarkeit der Krise.10321032 Schumacher in Bartsch/Pollak/Buchegger, KO II/24 § 69 KO Rz 68 ff, 72. Es wäre absurd, „an nicht einmal bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt erkennbare Umstände eine Handlungsfrist oder irgendwelche Pflichten zu knüpfen, weil eine Verhaltensausrichtung nach solchen Umständen definitionsgemäß nicht möglich ist“.10331033 Dellinger in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 69 KO Rz 17; vgl auch Schumacher, ecolex 1990, 339 f. Andere fordern die positive Kenntnis des Insolvenzgrunds.10341034 Dellinger, Geschäftsführerhaftung 40 ff; ders in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 69 KO Rz 18; Harrer, Haftungsprobleme 38 f; Honsell, GesRZ 1984, 136. Schumacher will auf die „manifeste Insolvenz“ abstellen. Dies bedeute, dass alle relevanten Fakten und Zahlen (zB aufgrund einer Bilanz) zutage liegen würden.10351035 Schumacher, ecolex 1990, 340.

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