Änderung von FLAG und EStG

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrAugust 2022

Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe und der steuerlichen Absetzbeträge aufgrund des EuGH-Urteils Rs C-328/20 ; Familienbeihilfe für Vertriebene aus der Ukraine

Inkrafttreten

1.1.2019

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

5.8.2022

Betroffene Normen

EStG, FLAG

Betroffene Rechtsgebiete

Einkommensteuer, Familienbeihilfe

Quelle

BGBl I 2022/135

Bundesgesetz, mit dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden, BGBl I 2022/135 vom 28. 7. 2022 (AA-276 BlgNR 27. GP AB 1633 BlgNR 27. GP , 2678/A 27. GP )

Indexierung unionsrechtswidrig

Der EuGH hat mit Urteil vom 16. 6. 2022, C–328/20 , ARD 6805/11/2022, ausgesprochen, dass die ab 1. 1. 2019 geltende Indexierung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den EWR oder der Schweiz aufgehalten haben oder aufhalten, nicht dem EU-Recht entspricht. Von der Indexierung sind auch die familienbezogenen Absetzbeträge (Familienbonus Plus, Alleinverdiener-, Alleinerzieher-, Unterhaltsabsetzbetrag sowie Kindermehrbetrag) betroffen. Mit der nunmehr erfolgten Änderung des EStG 1988 und des FLAG wird dem Urteil des EuGH entsprochen, die Indexierung aufgehoben und eine gesetzliche Grundlage für Nachzahlungen von Familienbeihilfenbeträgen für den von der Indexierung „nach unten“ betroffenen Personenkreis geschaffen. Die „nach oben“ indexierten Mehrbeträge an Familienbeihilfe müssen im Vergleich zu den österreichischen Beträgen nicht zurückgezahlt werden.

  • Staaten mit höherem Indexfaktor als Österreich (nach oben indexierte Beträge; „Hochpreisländer“) sind: Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Island, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz, Vereinigtes Königreich
  • Staaten mit niedrigerem Indexfaktor als Österreich (nach unten indexierte Beträge; „Niedrigpreisländer“) sind: Bulgarien, Deutschland, Estland, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, Zypern
  • Indexfaktor ident mit Österreich (gleicher Betrag wie Österreich): Liechtenstein

Maßnahmen bei Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag

§ 8a FLAG betreffend die Indexierung der Familienbeihilfe entfällt rückwirkend ab 1. 1. 2019 mit folgenden Maßgaben:

  • Niedrigpreisländer:Nachzahlungen an Familienbeihilfe für Kinder in den oben angeführten „Niedrigpreisländern“ erfolgen automationsunterstützt, sofern aufgrund der im Familienbeihilfenverfahren vorhandenen Daten eine Auszahlung durchführbar ist (insbesondere Vorhandensein einer aktuellen Kontonummer). Ist mangels Vorliegen von Daten keine Auszahlung durchführbar, ist ein Antrag auf Nachzahlung des Differenzbetrages an Familienbeihilfe zu stellen, wobei die Verjährungsbestimmungen des § 10 Abs 3 FLAG keine Anwendung finden. Demnach kann ein Antrag auch nach fünf Jahren gestellt und die Nachzahlung durchgeführt werden.
  • Hochpreisländer:Familienbeihilfenbeträge für Kinder, die sich ständig in den oben angeführten „Hochpreisländern“ aufgehalten haben oder aufhalten, gelten bis zum 30. 6. 2022 in Bezug auf die Höhe als rechtmäßig zuerkannt und die Differenz auf die niedrigere Familienbeihilfe ist nicht zurückzuzahlen.

Da der Kinderabsetzbetrag gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlt wird, wird dessen Nachzahlung gleich wie die Nachzahlung der Familienbeihilfe behandelt. Die neue Formulierung des § 33 Abs 3 FLAG entspricht derjenigen vor Einführung des Familienbonus Plus mit BGBl I 2018/62.

Maßnahmen bei familienbezogenen Absetzbeträgen

Für den Familienbonus Plus, den Alleinverdiener-, Alleinerzieher- und den Unterhaltsabsetzbetrag sowie den Kindermehrbetrag entfallen die Bestimmungen zur Indexierung ebenfalls und gilt nunmehr Folgendes:

Niedriger indexierte Beträge

Wird die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben, gebührt bei in „Niedrigpreisländern“ wohnenden Kindern (bisher Indexierung „nach unten“) der neue österreichische Wert (€ 166,68 bzw € 54,18) rückwirkend per 1. 1. 2022 (rückwirkende Erhöhung durch das Teuerungs-Entlastungspaket, BGBl I 2022/93, ARD 6805/14/2022). In den Fällen, in denen für derartige Lohnzahlungszeiträume die neuen Werte noch nicht berücksichtigt wurden, hat der Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer eine Aufrollung so bald wie möglich, jedoch spätestens bis 30. 9. 2022 durchführen, sofern die technischen und organisatorischen Möglichkeiten dazu vorliegen.

Wird die Einkommensteuer veranlagt, sind die neuen Beträge bei in „Niedrigpreisländern“ wohnenden Kindern erstmalig auf Veranlagungen für das Kalenderjahr 2019 anzuwenden. Die Änderung des Bundesgesetzes stellt ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar; auf dieser Grundlage können die schon ergangenen Veranlagungsbescheide für die Kalenderjahre 2019 bis einschließlich 2021 rückwirkend geändert werden (Angleichung an den für 2019 bis 2021 gültigen österreichischen Wert von € 125,- bzw € 41,68). Für diese Zeiträume stehen hinsichtlich der Rückzahlungen keine Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO zu.

Höher indexierte Beträge

Bei in „Hochpreisländern“ wohnenden Kindern (bisher Indexierung „nach oben“) sind die österreichischen Werte (€ 166,68 bzw € 54,18) erstmalig ganzjährig für das Kalenderjahr 2023 anzuwenden. Für das Kalenderjahr 2022 ist Folgendes vorgesehen:

  • In der Lohnverrechnung für das Kalenderjahr 2022 werden die höher indexierten Beträge bis Juli 2022 berücksichtigt und danach (ab 1. 8. 2022) die nicht indexierten Beträge (zu beachten ist aber, dass aufgrund der generellen rückwirkenden Anhebung des Familienbonus Plus durch das Teuerungs-Entlastungspaket, BGBl I 2022/93, auch bei den „Hochpreisländern“ für den Zeitraum 1. 1. 2022 bis 30. 6. 2022 mindestens der neue österreichische Familienbonus Plus [€ 166,68 bzw € 54,18] gilt).
  • Beim Familienbonus Plus und beim Unterhaltsabsetzbetrag sind in der Veranlagung für das Kalenderjahr 2022 für die Kalendermonate Jänner bis Juli 2022 die höher indexierten Beträge und für die Kalendermonate August bis Dezember 2022 die einheitlich nicht indexierten Beträge heranzuziehen. Beim Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag sowie beim Kindermehrbetrag sind in der Veranlagung für das Kalenderjahr 2022 für die Kalendermonate Jänner bis Juli 2022 jeweils ein Zwölftel der höher indexierten Beträge und für die Kalendermonate August bis Dezember 2022 ein Zwölftel der einheitlich nicht indexierten Beträge heranzuziehen.

Hinweis
Zur Erhöhung des (indexierten) Familienbonus Plus ab Juli 2022 siehe die Verordnung BGBl II 2022/193, ARD 6801/3/2022. Diese Verordnung ist somit für Juli 2022 noch zu beachten, da die nicht indexierten Beträge erst ab August 2022 heranzuziehen sind.

Siehe hierzu auch die Informationen auf der Website des BMF: EuGH-Urteil betreffend die Indexierung der steuerlichen Absetzbeträge (bmf.gv.at)

Lohnkonto, Lohnzettel, amtliches Formular E30

Aufgrund der Aufhebung der Indexierung ist eine Bezugnahme auf den Wohnsitz für die korrekte Berechnung der Lohnsteuer nicht mehr notwendig, weshalb die diesbezüglichen Normen in den §§ 76, 84 und 129 EStG entfallen können.

Familienbeihilfe für Vertriebene aus der Ukraine

Personen, die aufgrund der kriegerischen Handlungen in der Ukraine vertrieben worden sind und in Österreich vorübergehend Schutz finden, sollen für ihre Kinder österreichische Familienleistungen erhalten, wenn sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Vertriebene begründen allerdings keinen Lebensmittelpunkt in Österreich, weshalb für die Dauer des Aufenthaltes in Österreich eine Fiktion des Lebensmittelpunktes geschaffen wird.

Die FLAG-Sonderbestimmung wird mit der Gültigkeit des vorübergehenden Aufenthaltrechtes nach der Vertriebenen-VO (ein Jahr bis 3. 3. 2023 und im Falle einer Verlängerung um ein weiteres Jahr bis längstens 3. 3. 2024) beschränkt. In Kraft tritt sie rückwirkend mit 12. 3. 2022. (§ 3 Abs 6 und Abs 7, § 55 Abs 57 FLAG)



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