Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022

GesetzgebungZivilrechtKriwanekJänner 2023

Modernisierung des Maßnahmenrechts

Inkrafttreten

 

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

2.1.2023

Betroffene Normen

JGG, StGB, StPO, StrafregisterG, StVG

Betroffene Rechtsgebiete

Strafrecht

Quelle

BGBl I 2022/223, 681/BNR , AB 1849 , RV 1789 BlgNR. 27. GP

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Strafregistergesetz 1968 geändert werden (Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022) (BGBl I 2022/223,,681/BNR , AB 1849 , RV 1789 BlgNR. 27. GP )

Mit dem vorliegenden Gesetz erfolgt  der erste von zwei Teilen der Reform des – aufgrund nationaler wie internationaler Entwicklungen und rechtlicher Vorgaben reformbedürftigen – Maßnahmenvollzugs. Das Gesetz dient auch der Umsetzung des Ministerratsvortrags 37/27 vom 11.11.2020, der ua den Punkt „Schaffung einer EMRK-konformen Möglichkeit der Unterbringung terroristischer Straftäter im Maßnahmenvollzug“ vorsieht.

Aus Gründen der Dringlichkeit werden die Änderungen im Bereich des StGB, der StPO und des JGG vorgezogen und ein eigenes Maßnahmenvollzugsgesetz (MVG) zu einem späteren Zeitpunkt nachgezogen. Lediglich die als Ersatz für die bedingte Nachsicht der Maßnahme nach § 21 StGB vorgesehen gewesenen Regelungen im MVG betreffend das vorläufige Absehen vom Vollzug der Maßnahme werden mit vorgezogen und vorläufig im StVG geregelt .

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:

A. StGB:
  1. 1. Terminologische Anpassungen:
  • Strafrechtliche Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum" statt "Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher";
  • ​​​​ "schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung" statt "geistige oder seelische Abartigkeit höheren Grades";
  1. 2. engere Umschreibung der Kriterien für die Kausalität zwischen Störung und Anlasstat bzw Störung und Prognosetat sowie Festschreibung des Kriteriums der „hohen Wahrscheinlichkeit“ der Prognosetat iSd Rsp des OGH (§ 21 Abs 1 und 2 StGB);
  2. 3. strengere Kriterien für die Beurteilung der Gefährlichkeit bei Anlasstaten mit Strafdrohung von mehr als einem, aber nicht mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe;
  3. 4. Erweiterung des § 23 StGB um die Unterbringung gefährlicher terroristischer Straftäter:innen im Lichte des MRV vom 11. 11. 2020;
  4. 5. Entscheidung über Notwendigkeit der weiteren Anhaltung binnen Jahresfrist seit der letzten Entscheidung (statt bisher [Beginn der] Überprüfung binnen dieser Frist);
  5. 6. Ersetzung der bedingten Nachsicht der Maßnahme durch vorläufiges Absehen vom Vollzug; gerichtliche Aufsicht auch schon beim vorläufigen Absehen vom Vollzug; Möglichkeit zur "Krisenintervention" beim vorläufigen Absehen (vorläufig im StVG geregelt).

 

B. StPO:
  1. 1. Anpassung an die neue Terminologie des StGB;
  2. 2.  Neuregelung der Voraussetzungen der vorläufigen Unterbringung, spezifisches gelinderes Mittel bei ausreichender Behandlung und Betreuung auch außerhalb einer vorläufigen Unterbringung sowie ausdrückliche Regelungen zu Ort und Vollzug der vorläufigen Unterbringung;
  3. 3. Festlegung der Zuständigkeit des großen Schöffengerichts (§ 32 Abs 1a StPO) zur Entscheidung über einen Antrag auf Unterbringung (sofern nicht das Geschworenengericht zuständig ist);
  4. 4. Ausdrückliche Regelungen zur Gleichwertigkeit von Anklageschrift und Antrag auf Unterbringung;
  5. 5. Umfassende und klare Regelung der Besonderheiten der Hauptverhandlung in Verfahren zur Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 StGB, darunter
    - Klarstellung, dass ein:e Sachverständige:r der Psychiatrie bzw der klinischen Psychologie während der gesamten Dauer der Hauptverhandlung anwesend sein muss;
    - Festschreibung des Grundsatzes, dass eine Unterbringung nur einmal angeordnet werden kann.
  6. 6.  Festschreibung der verfahrensrechtlichen Regelungen für das vorläufige Absehen vom Vollzug der Unterbringung nach § 157a StVG, darunter
    - Festschreibung einer amtswegigen Prüfpflicht des Gerichts
    - gesetzliche Anordnung der Einbeziehung von Stellungnahmen des:der Sachverständigen, des Bewährungshelfers bzw.der Bewährungshelferin und der behandelten Einrichtung in die Entscheidung
    - Aufnahme einer Verständigungspflicht gegenüber dem Opfer bei Berührung dessen Interessen durch die Festlegung von Bedingungen für das vorläufige Absehen.
  7. 7. Vornahme der notwendigen Anpassungen an die nunmehr gemeinsame Regelung der Unterbringung nach § 21 Abs 1 und 2 StGB im 1. Abschnitt des 21. Hauptstücks;
  8. 8.   zeitgemäße und den legistischen Richtlinien entsprechende Gliederung des 21. Hauptstücks.
C. JGG:
  1. 1. Schaffung von Sonderbestimmungen für Jugendliche und junge Erwachsene betreffend Verhängung und Vollzug von Maßnahmen nach § 21 StGB und § 23 StGB.
  2. 2. Verbesserte Bekämpfung der Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut. Im Fall, dass ein gerichtliches Verfahren wegen des Verbotsgesetzes ohne Schuldspruch endet, schließt das JGG bisher aus, dass die in Art III Abs 4 EGVG grundsätzlich vorgesehene Verständigung der Verwaltungsbehörde erfolgt. Die Verständigung wird nun ausdrücklich vorgesehen.
  3. 3.  Nachschärfung betreffend die Vernehmung junger erwachsener Beschuldigter.
D. StVG:

Im St’VG werden die erforderlichen Anpassungen vorgenommen.

E.  StRegG:

Im StReG werdenRegelungen zur effektiven Bekämpfung von terroristischen und staatsfeindlichen Strafsachen sowie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen eingeführt, wonach Verurteilungen wegen einer in § 52b Abs 1 StGB genannten Strafsache sowie in deren Zusammenhang erteilte Anordnungen gerichtlicher Aufsicht oder Weisungen zum Zwecke der Beauskunftung gesondert gekennzeichnet werden. Der Umfang der derzeit vorgesehenen Beauskunftungen im Wege von Strafregisterauskünften und Strafregisterbescheinigungen wird um diese Daten ergänzt.

 

F. Inkrafttreten:

Als Datum des Inkrafttretens ist ua der 1. 3. 2023 vorgesehen.

 

 



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