(Aktienrechts-Änderungsgesetz 2019 (AktRÄG 2019)

GesetzgebungWirtschaftsrechtKriwanekJuli 2019

Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen der neuen AktionärsrechteRL (RL (EU) 2017/828 ); nur mehr streitschlichtende Funktion des Gremiums zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses bei Verschmelzung

Inkrafttreten

10.6.2019

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

24.7.2019

Betroffene Normen

AktG, SEG, UbG

Betroffene Rechtsgebiete

Gesellschaftsrecht

Quelle

BGBl I 2019/63

Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das SE-Gesetz, das Übernahmegesetz und das Unternehmensgesetzbuch geändert werden sollen (Aktienrechts-Änderungsgesetz 2019 – AktRÄG 2019) (BGBl I 2019/63, 196/BNR,
 AB 658 , 910/A BlgNr 26. GP , 130/ME BlgNr 26. GP )

Das AktRÄG 2019 dient der Umsetzung der genuin gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen der neuen RL (EU) 2017/828 [zur Änderung der RL 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre] (AktionärsrechteRL). Dabei handelt es sich insb um die Art 9a bis 9c der RL 2007/36/EG (über die Vergütungspolitik und den Vergütungsbericht sowie über Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen oder Personen), aber auch um eine Regelung zur Information der Aktionäre über die Abstimmung in der Hauptversammlung in Art 3c Abs 2 RL 2007/36/EG .

Hinweis: Zur Umsetzung der AktionärsrechteRL im BörseG siehe BGBl I 2019/64, Rechtsnews 27660.

Anpassung an AktionärsrechteRL

Nach den Vorgaben der RL wird der Einfluss der Aktionäre einer börsenotierten Gesellschaft auf die Vergütungsvereinbarungen mit Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern gestärkt und die Transparenz solcher Vereinbarungen verbessert. Dazu sollen einerseits eine Vergütungspolitik der Gesellschaft (vgl Art 9a RL 2007/36/EG ; vgl va die neuen § 78a, § 78b, § 98a AktG) und andererseits jährliche Vergütungsberichte (vgl Art 9b RL 2007/36/EG ; vgl va die neuen §§ 78c ff AktG)) erstellt werden. Die Vergütungspolitik und der jährliche Vergütungsbericht sind der Hauptversammlung zur Abstimmung vorzulegen, und zwar die Vergütungspolitik erstmals der ordentlichen Hauptversammlung in dem Geschäftsjahr, das nach dem 10. 6. 2019 zu laufen beginnt, und der Vergütungsbericht erstmals der ordentlichen Hauptversammlung im darauf folgenden Geschäftsjahr.

Weiters sieht die RL für wesentliche Geschäfte der Gesellschaft mit ihr nahestehenden Unternehmen oder Personen (Related Party Transactions) eine öffentliche Bekanntmachung sowie eine Zustimmung durch ein weiteres Gesellschaftsorgan vor (vgl Art 9c RL 2007/36/EG ; vgl va den neuen § 95a AktG – anzuwenden auf Geschäfte, die nach dem 31. 7. 2019 abgeschlossen werden). Der Begriff „nahestehende Unternehmen und Personen (nahestehende Rechtsträger)“ hat dieselbe Bedeutung wie nach den internationalen Rechnungslegungsstandards, die gem der VO (EG) 1606/2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards übernommen wurden.

Schließlich haben Gesellschaften ihren Aktionären in Hinkunft auf Verlangen eine Bestätigung über die Stimmabgabe in der Hauptversammlung auszustellen (vgl Art 3c Abs 2 RL 2007/36/EG ; Ergänzung des § 128 Abs 4 AktG – anzuwenden auf Hauptversammlungen, deren Einberufung nach dem 9. 6. 2019 bekannt gemacht wurde).

Zur Umsetzung dieser Vorgaben sind va Änderungen im AktG, aber auch Anpassungen im SE-Gesetz und im UGB erforderlich.

Von der Einführung neuer Sanktionsmechanismen für die Nichteinhaltung der von der RL vorgegebenen Bestimmungen wird grds abgesehen. Die RL verlangt zwar auch Regeln für Maßnahmen und Sanktionen, die bei Verstößen gegen die nationalen Umsetzungsvorschriften verhängt werden (vgl Art 14b RL 2007/36/EG ). Derartige Sanktionen sind grundsätzlich jedoch im österreichischen Aktienrecht bereits vorhanden und auch geeignet, Verstöße gegen die neuen Vorschriften zu verhindern bzw zu ahnden: Die Bestimmungen über die Erstellung der Vergütungspolitik und des Vergütungsberichts und über die Pflichten bei wesentlichen Geschäften mit nahestehenden Rechtsträgern sind gesetzliche Vorschriften, zu deren Einhaltung die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats aufgrund ihrer allgemeinen Sorgfaltspflicht (vgl §§ 84 und 99 AktG) verpflichtet sind. Verstoßen sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen diese Pflichten, kann dies ein Grund für die vorzeitige Beendigung ihrer Organfunktion (Abberufung) sein und sie auch persönlich schadenersatzpflichtig machen. Die entsprechenden Anträge und Verfahren können zumeist auch von einer Minderheit der Aktionäre gestellt bzw eingeleitet werden (vgl etwa § 134 Abs 1 AktG, der eine Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Organmitglieder auch durch eine Aktionärsminderheit von zumindest zehn Prozent ermöglicht). Gravierende Verstöße gegen Organpflichten können außerdem strafrechtlich verfolgt werden (vgl zB § 153 StGB).

Verschmelzung – Überprüfung des Umtauschverhältnisses

Außerdem wird die Novelle zum Anlass genommen, die gesetzlichen Regelungen über das Gremium zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses nach den §§ 225g ff AktG zu überarbeiten:

Vor diesem seit über 20 Jahren bestehenden Gremium konnten in der überwiegenden Anzahl der Verfahren Vergleiche erzielt und damit die Gerichte in diesen komplexen Mehrparteienverfahren entlastet werden. Die Praxis hat allerdings gezeigt, dass in besonders strittigen Fällen, in denen mangels Vergleichsbereitschaft ein Gutachten durch das Gremium zu erstatten ist, dieses aufwändige und schwierig zu organisierende Mehrparteienverfahren und das dabei immer wieder notwendige Zusammenspiel zwischen Gremium und Gericht sehr viel Zeit in Anspruch nehmen.

Das Gremium wird daher nicht mehr mit der Erstattung eines Gutachtens betraut, sondern es wird in Zukunft nur mehr die erfolgreiche streitschlichtende Funktion des Gremiums in Anspruch genommen: Nach der Neufassung des § 225g AktG kann das Gericht „mit dem Verfahren auf unbestimmte Zeit innehalten und das Gremium damit beauftragen, auf eine gütliche Beilegung des Streits durch Herbeiführung eines Vergleichs hinzuwirken“ (Abs 1). Sobald das Gremium zur Ansicht gelangt, dass eine gütliche Einigung nicht erzielt werden kann, hat es dies dem Gericht und den Parteien mitzuteilen (Abs 6); in diesem Fall oder wenn eine Partei nach Fristablauf (grds ein Jahr ab Zustellung des Beschlusses auf Innehalten) die Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens verlangt, hat das Gremium dem Gericht innerhalb von drei Monaten einen Bericht zu erstatten, in dem die wesentlichen strittigen Fragen dargestellt werden, und ein von ihm eingeholtes Gutachten zu übermitteln.

Inkrafttreten

Die Änderungen iZm der AktionärsrechteRL treten grds mit 10. 6. 2019 in Kraft.

Die Änderungen betr das Gremium zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses treten mit 1. 8. 2019 in Kraft und sind auf Verfahren anzuwenden, in denen das Gericht den Beschluss auf Innehalten des Verfahrens nach dem 31. 7. 2019 fasst.



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