Änderungen bei der Lohnpfändung

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrJuni 2021

Gesamtreform des Exekutionsrechts, ua auch mit zahlreichen Änderungen bei der Lohnpfändung

Inkrafttreten

1.7.2021

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

28.6.2021

Betroffene Normen

ABGB, EO, GGG, IESG, IO, NO, UGB

Betroffene Rechtsgebiete

 

Quelle

BGBl I 2021/86

Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, das Einführungsgesetz zur Exekutionsordnung, die Insolvenzordnung, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Unternehmensgesetzbuch, das EWIV-Ausführungsgesetz, das Genossenschaftsgesetz, das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, die Notariatsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Eingetragene Partnerschaft-Gesetz, das Urkundenhinterlegungsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden, das Asylgesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Mineralrohstoffgesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden sowie die Anfechtungsordnung und das Vollzugsgebührengesetz in die Exekutionsordnung übernommen werden (Gesamtreform des Exekutionsrechts – GREx), BGBl I 2021/86 vom 14. 5. 2021 (AB786 BlgNR 27. GP RV 770 BlgNR 27. GP ; 77/ME NR 27. GP )

1. Überblick

Die im Regierungsprogramm 2020-2024 angekündigte Gesamtreform des Exekutionsrechts sieht zahlreiche Änderungen über das gesamte Exekutionsrecht vor. Hauptziel ist die effizientere Gestaltung des Exekutionsverfahrens, die zu Erleichterungen sowohl für den betreibenden Gläubiger als auch den Verpflichteten führen soll. Im Mittelpunkt stehen dabei die Zusammenfassung von Exekutionsmitteln in Paketen sowie der verstärkte Einsatz eines Verwalters: Der betreibende Gläubiger kann die Exekution auf bestimmte Vermögensobjekte oder mit bestimmten Exekutionsmitteln führen, aber auch von den neuen Exekutionspaketen Gebrauch machen. Das kleine Exekutionspaket (§ 19 Abs 2 EO), das nicht beantragt werden muss, sondern immer dann zur Anwendung gelangt, wenn im Exekutionsantrag kein Exekutionsmittel genannt ist, umfasst die Fahrnisexekution, die Gehaltsexekution und die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses. Das erweiterte Exekutionspaket (§ 20 EO) beinhaltet darüber hinaus alle anderen Fälle der Forderungsexekution sowie die Exekution auf Vermögensrechte. Zur Durchführung ist ein Verwalter zu bestellen, dem die Ermittlung und Auswahl der Exekutionsobjekte obliegt.

Darüber hinaus enthält die Reform eine Neuregelung der Zuständigkeiten und eine präzisere Schnittstelle zwischen Exekutions- und Insolvenzverfahren. Ferner wurden zahlreiche redaktionelle Änderungen, systematische Verschiebungen und die Integration der Anfechtungsordnung sowie des Vollzugsgebührengesetzes in die EO vorgenommen.

Die Novelle tritt mit 1. 7. 2021 in Kraft und ist auf Exekutionsverfahren anzuwenden, in denen der Exekutionsantrag nach dem 30. 6. 2021 bei Gericht einlangt. In der Folge werden die wichtigsten Änderungen für Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Gehaltsexekution (Lohnpfändung) kompakt zusammengefasst.

2. Allgemeines

Die Exekution auf Geldforderungen des Verpflichteten erfolgt durch Pfändung und Überweisung an den betreibenden Gläubiger oder durch Pfändung und Einziehung durch den – (in Anlehnung an die bereits bekannten Modelle des Insolvenzverwalters und des Zwangsverwalters) neu eingeführten – Verwalter. Wenn das Gericht auf Antrag des betreibenden Gläubigers nichts anderes bestimmt, erfasst die Exekution auf Geldforderungen grundsätzlich alle Forderungen des Verpflichteten. Ein großer Anteil der beantragten Exekutionen auf Geldforderungen stellt die Exekution in fortlaufende Bezüge dar (Lohn- oder Gehaltsexekution). Der Begriff „Bezüge“ wird nunmehr in § 289 Abs 3 EO definiert als „regelmäßig wiederkehrende Geldleistungen, insbesondere Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion.“

Die Auflistung der unpfändbaren Forderungen (§ 290 EO), ua Aufwandsentschädigungen, sowie der beschränkt pfändbaren Forderungen (§ 290a EO) bleiben gegenüber der bisherigen Rechtslage unverändert, ebenso die Bestimmung zur Ermittlung der Berechnungsgrundlage (§ 291 EO).

3. Existenzminimum für Nebeneinkünfte

Hat der Verpflichtete mehrere Arbeitseinkommen, so werden diese zusammengerechnet und die Berechnungsgrundlage für den Freibetrag ermittelt. Erhält der Verpflichtete neben einem Arbeitseinkommen wiederkehrende Vergütungen für Arbeitsleistungen, die seine Erwerbstätigkeit weder vollständig noch zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen (zB Honorare im Rahmen geringfügiger freier Dienstverhältnisse oder Werkhonorare), so verblieb ihm bislang das vom Arbeitseinkommen berechnete Existenzminimum, die sonstigen Vergütungen wurden dabei jedoch nicht berücksichtigt, dh sie konnten zur Gänze gepfändet werden.

Die Neuregelung (§ 291f EO) gewährt dem Verpflichteten nun auch von den sonstigen wiederkehrenden Leistungen, die Einkommensfunktion iSd § 290a EO haben, jedoch seine Erwerbstätigkeit zeitlich nicht wesentlich in Anspruch nehmen, einen unpfändbaren Betrag. Wenn der Verpflichtete den Grundbetrag des Existenzminimums aus dem Arbeitseinkommen erhält, wird künftig für solche Nebeneinkünfte ein „Neben-Existenzminimum“ berechnet wird, sodass auch für diese Leistungen ein Teil unpfändbar ist und der Verpflichtete nicht schlechter gestellt ist als bei Zusammenrechnung von zwei Arbeitseinkommen.

Neu ist ab 1. 7. 2021 auch, dass das Abgabenguthaben, das der Verpflichtete im Rahmen seiner Arbeitnehmerveranlagung rückwirkend ausbezahlt bekommt, im System des Existenzminimums zu erfassen ist. Damit wird nun gesetzlich verankert, dass es sich bei dieser Auszahlung – so wie beim Arbeitsentgelt nach § 290a Abs 1 Z 1 EO – um eine beschränkt pfändbare Forderung handelt. Wenn der Verpflichtete den Grundbetrag des Existenzminimums aus dem Arbeitseinkommen erhalten hat, soll für die Gutschrift ein „Neben-Existenzminimum“ gewährt werden, sodass auch für diese Gutschrift ein Teil unpfändbar ist und über ein Jahr hin berechnet der unpfändbare Betrag nicht davon abhängt, ob steuerliche Begünstigungen sofort oder erst in der Arbeitnehmerveranlagung berücksichtigt werden.

Die Höhe des Existenzminimums für Nebeneinkünfte und Abgabenguthaben beträgt 30 % der jeweiligen Leistung und 10 % für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt, höchstens jedoch für fünf Personen (dies entspricht dem allgemeiner Steigerungsbetrag bzw dem Unterhaltssteigerungsbetrag). Auf Antrag des Verpflichteten ist der unpfändbare Betrag vom Gericht zu erhöhen, wenn der Verpflichtete den unpfändbaren Grundbetrag noch nicht aus einem anderen Bezug erhalten hat. Die Auszahlung des pfändbaren Betrags an den betreibenden Gläubiger hat deswegen erst vier Wochen nach Zustellung des Zahlungsverbots an den Drittschuldner zu erfolgen (§ 291f Abs 1 letzter Satz EO).

4. Erhöhung/Herabsetzung des Existenzminimums

Gemäß § 292a EO hat das Exekutionsgericht auf Antrag den unpfändbaren Freibetrag (Existenzminimum) in bestimmten Fällen angemessen zu erhöhen. § 292b EO regelt, in welchen Fällen es zu einer Herabsetzung des unpfändbaren Freibetrages kommen kann.

Bislang war nicht ausdrücklich geregelt, ab welchem Zeitpunkt nach Beschlussfassung durch das Gericht eine Erhöhung oder Herabsetzung des unpfändbaren Betrags wirksam sein soll. Da in der Praxis – entgegen der allgemeinen Regelung in § 67 Abs 1 EO – teilweise die Rechtskraft abgewartet wurde, bevor der Beschluss nach § 292a EO oder § 292b EO dem Drittschuldner zugestellt wird, dies aber der Intention des § 67 Abs 1 EO nicht gerecht wird und nicht ausreichend berücksichtigt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erhöhung des Existenzminimums der erhöhte Freibetrag dem Verpflichteten unverzüglich zukommen soll, wurde nun gesetzlich klargestellt, dass der Beschluss über die Erhöhung oder Herabsetzung des Existenzminiums dem Drittschuldner unverzüglich zuzustellen ist und damit die Erhöhung und Herabsetzung unverzüglich wirksam wird.

5. Verschleiertes Entgelt

Erbringt der Verpflichtete dem Drittschuldner in einem ständigen Verhältnis Arbeitsleistungen, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet werden, ohne oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Gegenleistung (zB aufgrund von Scheinvereinbarungen oder bei „Schwarzarbeit“), so gilt im Verhältnis des betreibenden Gläubigers zum Drittschuldner ein angemessenes Entgelt als geschuldet (§ 292e EO).

Abs 2 letzter Satz bestimmte bislang jedoch, dass das Entgelt erst ab dem Zeitpunkt der Pfändung als vereinbart gilt. Dies berücksichtigte nicht ausreichend, dass der Anspruch auf verschleiertes Entgelt wie ein vereinbarter Lohn zu behandeln ist. Künftig kann daher auch ein für die Vergangenheit zustehendes verschleiertes Entgelt gepfändet werden, wie auch offene Lohnforderungen von einer Pfändung erfasst werden (Streichung des letzten Satzes). Diese Forderung unterliegt allerdings der besonderen Verjährungszeit nach § 1486 ABGB, sodass keine Arbeitsleistungen herangezogen werden können, die länger als 3 Jahre vor der Pfändung erbracht wurden.

Im Fall eines Betriebsübergangs nach § 3 AVRAG kann jedoch eine Einbeziehung der Arbeitsleistungen der letzten 3 Jahre schwierig sein und für Rechtsunsicherheit sorgen. Daher sind in diesem Fall lediglich die Arbeitsleistungen ab dem Übergang des Betriebes zu berücksichtigen.

6. Festlegung der Höhe von Aufwandsentschädigungen und Sachbezügen durch den Drittschuldner

§ 292j EO enthielt bislang Bestimmungen für die Berechnung durch den Drittschuldner. Im Zuge der Reform wurde die Regelungen in den (derzeit fehlenden) § 292f EO umbenannt. Dabei werden auch die Regelungen zur Berechnung der Höhe von Aufwandsentschädigungen und zur Bewertung von Sachleistungen durch den Drittschuldner in Abs 3 und Abs 4 neu gefasst und sprachlich bereinigt.

Der Drittschuldner darf Aufwandsentschädigungen nach § 290 Abs 1 Z 1 höchstens mit einem der Werte berücksichtigen, die

  1. 1. im Steuerrecht oder
  2. 2. in Rechtsvorschriften und Kollektivverträgen, die für einen Personenkreis gelten, dem der Verpflichtete angehört,

orgesehen sind.

Bei der bei der Berücksichtigung von Sachleistungen hat der Drittschuldner den im Steuerrecht vorgesehenen Wert zugrunde zu legen.

7. Feststellung des Bestehens eines Pfandrechts

Nach § 292k EO hat das Exekutionsgericht auf Antrag ua darüber zu entscheiden zu entscheiden, ob bei der Berechnung des unpfändbaren Freibetrags Unterhaltspflichten zu berücksichtigen sind, ob und inwieweit ein Bezug oder Bezugsteil pfändbar ist, insbesondere auch, ob Aufwandsentschädigungen dem tatsächlich erwachsenden Mehraufwand entsprechen, oder ob an der Forderung, deren Pfändung durch das Gericht bewilligt wurde, tatsächlich ein Pfandrecht begründet wurde.

Durch die Reform wird diese Bestimmung nunmehr zum einen in § 292g EO umbenannt und zum anderen wird das Antragsrecht auf gerichtliche Feststellung auch auf einmalige Forderungen, wie zB die Abfertigung, erweitert (bislang war dies nur hinsichtlich Gehaltsforderungen oder einer anderen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung möglich).

8. Wirkung von Beschlüssen in Zwischenverfahren gegenüber allen Gläubigern

Hat der Verpflichtete gegen einen Drittschuldner mehrere beschränkt pfändbare Geldforderungen oder beschränkt pfändbare Geldforderungen und Ansprüche auf Sachleistungen, so hat sie der Drittschuldner zusammenzurechnen; bei mehreren Drittschuldnern hat das Gericht auf Antrag die Zusammenrechnung anzuordnen (§ 292 EO). Derzeit wirkt ein Beschluss auf Zusammenrechnung von Bezügen nur gegenüber dem Gläubiger, der eine Zusammenrechnung erreichte. Dies bedeutet, dass der Mehrbetrag, der durch Zusammenrechnung einem Gläubiger zusteht, diesem auch dann zukommt, wenn er in der Rangfolge der Pfändungen nicht an erster Stelle steht. Erreicht später ein vorrangiger Gläubiger eine Zusammenrechnung, so steht dieser Betrag nunmehr dem vorrangigen Gläubiger zu und nicht mehr dem Gläubiger, der zuerst eine Zusammenrechnung erreichte. Dies bringt für die Drittschuldner eine erhebliche Mehrarbeit mit sich und zusätzlich eine Gefahr der Haftung, weil sie oft über diese Feinheiten des Exekutionsverfahrens nicht Bescheid wissen.

Daher wurde nun geregelt, dass Entscheidungen in Zwischenverfahren künftig gegenüber allen betreibenden Gläubigern wirken (das betrifft Entscheidungen über die Zusammenrechnung, über die Erhöhung bzw Herabsetzung des unpfändbaren Freibetrages, über die Änderung der Beschlüsse, die den unpfändbaren Freibetrag festlegen, über die Berücksichtigung von Unterhaltspflichten, über die Pfändbarkeit von Bezügen und ob überhaupt ein Pfandrecht begründet wurde). Die umfassende Wirkung gegenüber allen betreibenden Gläubigern setzt voraus, dass alle betreibenden Gläubiger in das Zwischenverfahren einbezogen werden. Dies wird nun in § 292g Abs 4 EO festgelegt. Überdies soll ein derartiger Beschluss auch gegenüber Gläubigern wirken, die erst nach Erlass des Beschlusses Exekution auf den Bezug führen. Da diese jedoch in das Verfahren zur Zusammenrechnung der Bezüge nicht einbezogen wurden, wird ihnen künftig die Möglichkeit eingeräumt, eine Änderung des Beschlusses zu beantragen.

Die Rechtsprechung ordnet in Beschlüssen in Zwischenverfahren bisweilen an, dass diese Entscheidung nicht erst mit der Zustellung an den Drittschuldner wirksam wird, sondern sich auch auf bereits ausgezahlte Bezüge auswirkt. Dies bedeutet einen nicht zumutbaren Mehraufwand für den Drittschuldner, weil er nicht nur eine Neuberechnung vornehmen muss, sondern auch dem Verpflichteten Bezugsteile zukommen lassen muss, die er bereits an den betreibenden Gläubiger ausgezahlt hat. Daher hat er auch eine Teilrückzahlung vom betreibenden Gläubiger zu erreichen. Die Anordnung der Rückwirkung ist auch nicht geboten, wenn es um die Berücksichtigung von Unterhaltspflichten geht, weil der Verpflichtete in der Exekutionsbewilligung aufgefordert wird, dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten bekanntzugeben. Dadurch ist es dem Drittschuldner möglich, sofort alle Unterhaltspflichten des Verpflichteten zu berücksichtigen. Zur Entlastung des Drittschuldners wird daher festgelegt, dass ein Beschluss über die Konkretisierung des Existenzminimums nur für die künftig fällig werdenden Bezugsteile wirkt (§ 292g Abs 4 letzter Satz EO).

Weiters wird klargestellt, dass der Drittschuldner in diesem Zusammenhang nicht zum Kostenersatz verpflichtet ist. Auch ein Kostenersatzanspruch steht ihm nicht zu.

9. Aufstellung über die offene Forderung

Der bisherige § 292l EO über die Aufstellung über die offene Forderung wird in § 292j EO umbenannt.

Sowohl der Drittschuldner als auch der Verpflichtete können vom betreibenden Gläubiger eine Aufstellung über die offene Forderung verlangen, andernfalls sie die Einstellung der Exekution beantragen können. Im Rahmen einer Forderungsexekution, die auf alle Forderungen des Verpflichteten gerichtet ist, oder des erweiterten Exekutionspakets nach § 20 EO obliegt die Durchführung der Exekution einem bestellten Verwalter. Aus diesem Grund werden die Bestimmungen in § 292j EO um den Verwalter ergänzt, weil auch in jenen Fällen, in denen ein Verwalter bestellt wurde, der Drittschuldner und der Verpflichtete eine Aufstellung über die offene Forderung einfordern können soll.

Allerdings soll es nicht zur Einstellung der Exekution kommen können, wenn der Verwalter der Verpflichtung zur Übersendung einer Aufstellung über die offene Forderung nicht nachkommt (nach wie vor aber in Fällen, in denen kein Verwalter bestellt ist und der Gläubiger der Aufforderung nicht nachkommt, Anm). In diesem Fall kann der Drittschuldner oder der Verpflichtete die Übersendung einer Aufstellung durch eine Beschwerde beim Exekutionsgericht erreichen, aufgrund derer das Gericht dem Verwalter die Weisung erteilen kann, die Aufstellung dem Drittschuldner oder dem Verpflichteten zu übersenden. Damit ist ausreichend gewährleistet, dass der Verwalter der Verpflichtung zur Übersendung einer Aufstellung nachkommt. Einer Einstellung der Exekution bedarf es nicht.

10. Lohnpfändung bei Bestellung eines Verwalters

Wenn die Forderungsexekution alle Forderungen des Verpflichteten umfasst oder der betreibende Gläubiger das erweiterte Paket gewählt hat, ist ein ist ein Verwalter zu bestellen, dem die Durchführung der Exekution obliegt (vgl näher § 20 EO). Für diese Fälle bestimmt § 294 Abs 2 EO, dass die Verständigungen des Drittschuldners und des Verpflichteten über die vom Gericht ausgesprochenen Verbote, der Auftrag und die Mitteilungen nach § 294 Abs 1 EO sowie der Auftrag an den Drittschuldner zur Abgabe der Drittschuldnererklärung durch den Verwalter zu erfolgen haben. Dies gilt aber nicht ausnahmslos, sondern nur dann, wenn der Verwalter die Forderungen, auf die im Exekutionsweg gegriffen werden soll, ermittelt. In allen anderen Fällen bleibt es bei der Zustellung durch das Gericht, um eine nicht zu rechtfertigende Verzögerung zu vermeiden. Die Bestellung eines Verwalters geschieht nämlich nicht zugleich mit Bewilligung der Exekution, sondern erst nach Erlag eines Kostenvorschusses durch den betreibenden Gläubiger.

11. Weiterbestehen des Pfandrechts bei Betriebsübergang

Ob bei einem Betriebsübergang nach § 3 AVRAG das Pfandrecht aufrecht bleibt, war bislang strittig; überwiegend wird dies bejaht (siehe OGH 18. 6. 2018, 9 Ob 9/18s). Nunmehr wird in § 299 Abs 4 EO gesetzlich klargestellt, dass das Pfandrecht bei einem Betriebsübergang und einer Gesamtrechtsnachfolge bestehen bleibt. Bei einem Wechsel des verpflichteten Arbeitnehmers zu einem anderen Konzernunternehmen kann der bisherige Drittschuldner das Zahlungsverbot auf Gefahr des betreibenden Gläubigers an das andere Konzernunternehmen weiterleiten; in diesem Fall hat er den betreibenden Gläubiger von der Weiterleitung zu verständigen. Ab dem Zeitpunkt der Weiterleitung hat der neue Drittschuldner das Zahlungsverbot zu beachten.

Dieser Lösungsansatz, der dem Drittschuldner ermöglicht, aber nicht verpflichtet, bei Wechsel des Arbeitgebers innerhalb eines Konzerns die Pfändungen weiter zu berücksichtigen, entlastet die Parteien, weil die Pfändung weitergeführt werden kann, ohne dass die Pfändungen neu erfasst und eine Drittschuldnererklärung abgeben werden muss. Aus der Regelung ergibt sich auch, dass bei einem sonstigen Wechsel des Arbeitgebers das Pfandrecht nicht übergeht.

12. Änderungen iZm der Drittschuldnererklärung

Ist ein Verwalter bestellt oder noch zu bestellen, weil der betreibende Gläubiger auf alle Forderungen des Verpflichteten Exekution führt oder das erweiterte Exekutionspaket gewählt hat, kann künftig der Drittschuldner bereits in seiner Erklärung die Berechnung des unpfändbaren Freibetrags durch den Verwalter anregen (§ 301 Abs 1 Z 6 EO).

§ 301 Abs 2 EO regelt, wem gegenüber der Drittschuldner seine Erklärung abzugeben hat:

  • Für den Fall, dass kein Verwalter bestellt ist, hat die Erklärung – wie bereits derzeit – gegenüber dem Gericht und dem betreibenden Gläubiger zu erfolgen.
  • Ist ein Verwalter bestellt, so ist diesem an Stelle des betreibenden Gläubigers die Drittschuldnererklärung zu übersenden.

Die derzeitige Möglichkeit, die Drittschuldnererklärung vor dem Exekutionsgericht oder dem Bezirksgericht des Aufenthalts zu Protokoll zu geben, entfällt, weil sie in der Praxis nicht genutzt wurde, weil im Internet auf der Website der Justiz unter Bürgerservice ausführliche Informationen zur Verfügung gestellt werden.

§ 294 Abs 2 EO sieht vor, dass die Zustellung des Zahlungsverbots für die von ihm ermittelten und bezeichneten Forderungen dem Verwalter obliegt. Er soll daher auch den Drittschuldner zur Abgabe der Drittschuldnererklärung auffordern, sofern er unter Berücksichtigung der Umstände des Falles nicht davon absehen möchte (§ 301 Abs 5 EO). Das Gericht hat den Drittschuldner lediglich dann zur Abgabe der Erklärung aufzufordern, wenn die Pfändung nicht dem Verwalter obliegt.

13. Berechnung des Existenzminimums durch den Verwalter

Mit der Exekutionsordnungs-Novelle 1991 wurde das Recht der Lohnpfändung übersichtlicher gestaltet und zur Entlastung des Drittschuldners (Arbeitgebers) vereinfacht. Auch die Gefahr der Haftung des Drittschuldners wurde vermindert, die Zahlung des Drittschuldners wirkt nach § 292j Abs 1 EO aF (nunmehr § 292f Abs 1 EO) immer dann schuldbefreiend, wenn ihn weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit trifft. Eine weitere Vereinfachung brachte etwa die Exekutionsordnungs-Novelle 2016, und zwar bei der Zusammenrechnung der Bezüge. Die Tätigkeit der Drittschuldner wurde auch durch die Zurverfügungstellung von Existenzminimumtabellen auf der Website der Justiz und einer Drittschuldnerbroschüre erleichtert.

Nunmehr wurde eine weitere Entlastung der Drittschuldner angeregt, insbesondere die Übertragung der Berechnung des Existenzminimums auf einen Dritten. Dies hätte für den Drittschuldner den Vorteil, dass er nicht die Berechnung des Existenzminimums vornehmen muss; er hat aber stattdessen die für die Berechnung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen oder Auskünfte zu erteilen. Überdies muss gewährleistet werden, dass der Verpflichtete den unpfändbaren Betrag unverzüglich nach Fälligkeit des Bezugs erhält.

Da die Bestellung eines Dritten zur Berechnung des Existenzminimums die dem betreibenden Gläubiger zukommenden Beträge schmälert, und zwar um die Vergütung des Dritten, und sich dadurch auch für den Verpflichteten die Zeitspanne bis zur Abdeckung der hereinzubringenden Forderungen verlängert, wurde diese Anregung aber nicht für jeden Fall aufgegriffen. Nur wenn ein Verwalter bereits bestellt ist, weil der betreibende Gläubiger auf alle Forderungen des Verpflichteten Exekution führt oder das erweiterte Exekutionspaket gewählt hat, hat der Verwalter die Berechnung des Existenzminimums vorzunehmen, wenn dies im Interesse der Parteien ist worunter auch der Drittschuldner fällt. Ein Interesse der Parteien wird etwa dann gegeben sein, wenn der Verpflichtete mehrere Bezüge hat, die zusammengerechnet werden können, es wird jedoch fehlen, wenn der Drittschuldner häufig mit Lohnpfändungen (oder mit Exekutionen von sonstigen Bezügen, wie dies bei den SV-Trägern und der IEF-Service-GmbH der Fall ist) zu tun hat und er nicht die Berechnung durch den Verwalter in seiner Erklärung angeregt hat. Ob die Berechnung des Verwalters im Interesse der Parteien ist, können sie durch eine Beschwerde an das Exekutionsgericht prüfen lassen. Um dies zu ermöglichen, hat der Verwalter die Parteien vorweg darüber zu informieren, dass er auch den unpfändbaren Teil des Bezugs geltend machen wird, um das Existenzminimum zu berechnen.

Festgelegt wurde weiters, dass der Verwalter den unpfändbaren Betrag unverzüglich, längstens innerhalb von drei Tagen dem Verpflichteten zu überweisen hat und dass er berechtigt ist, vom Drittschuldner die zur Berechnung des Existenzminimums erforderlichen Informationen zu erhalten. (§ 303 EO)



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