Novelle Patent- und Markenrecht

GesetzgebungWirtschaftsrechtKriwanek/TumaMai 2023

Anpassungen an die europäische Patentreform (einheitlicher patentrechtlicher Schutztitel und einheitliche Patentgerichtsbarkeit); Angabe der Herkunft genetischer Ressourcen bzw Quelle von traditionellem Wissen bei betreffenden Patentanmeldungen; Beschleunigung bzw Vereinfachung von patentamtlichen Verfahren; Anpassung des MarkSchG an die VO (EU) 1151/2012 betr landwirtschaftliche Erzeugnisse

Inkrafttreten

 

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

19.5.2023

Betroffene Normen

GMG, MarkSchG, MuSchG, PAG, PatG, PatV-EG

Betroffene Rechtsgebiete

Immaterialgüterrecht

Quelle

BGBl I 2023/52, 730/BNR , AB 1999 , RV 1955 BlgNR 27. GP , 229/ME

Bundesgesetz, mit dem das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Musterschutzgesetz 1990 und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden (BGBl I 2023/52, 730/BNR , AB 1999 , RV 1955 BlgNR 27. GP , 229/ME)

1. Europäisches Einheitspatent

Das österreichische Recht ist an das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (im Folgenden: Übereinkommen), BGBl III Nr 2022/13, sowie an zwei EU-Verordnungen in diesem Zusammenhang anzupassen, und zwar an

  • die VO (EU) 1257/2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes, idFder Berichtigung ABl L 307 vom 28. 10. 2014 S 83 und
  • die VO (EU) 1260/2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes im Hinblick auf die anzuwendenden Übersetzungsregelungen.

Ziel der europäischen Patentreform ist es, einen einheitlichen patentrechtlichen Schutztitel zu schaffen und eine einheitliche Patentgerichtsbarkeit zu schaffen. Die VO (EU) 1257/2012 schafft die rechtlichen Voraussetzungen, damit einem vom Europäischen Patentamt erteilten Patent einheitliche Wirkung zukommt. Das Übereinkommen überträgt in großem Umfang die Zuständigkeit für Gerichtsverfahren über europäische Patente und europäische Patente mit einheitlicher Wirkung auf das neue Einheitliche Patentgericht.

Die innerstaatlichen Regeln, die die internationalen Patentverträge ergänzen, sind nun zur Anpassung an dieses neue System um Bestimmungen zum Einheitspatent zu ergänzen, wie etwa betr Verhinderung von Kollisionen des klassischen europäischen Patents mit dem vorrangigen Einheitspatent und Schaffung eines Sicherheitsnetzes für Fälle, in denen ein Antrag auf Zuerkennung einheitlicher Wirkung zurückgewiesen und ein klassisches europäisches Patent aufrechterhalten wird; weiters betr unmittelbare Vollstreckbarkeit der Entscheidungen und Anordnungen des Einheitlichen Patentgerichts und Klarstellung der Zuständigkeit des Österreichischen Patentamts im Zusammenhang mit Einheitspatenten für Schutzzertifikate und Zwangslizenzen.

2. Genetische Ressourcen

Die VO (EU) 511/2014 [über Maßnahmen für die Nutzer zur Einhaltung der Vorschriften des Protokolls von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile in der Union] regelt ua die ausgewogene und gerechte Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung genetischer Ressourcen, womit Rechtssicherheit und Transparenz sowohl für die Anbieter als auch für die Nutzer genetischer Ressourcen hergestellt werden soll. Insbesondere sollen verlässlichere Bedingungen für den Zugang zu genetischen Ressourcen geschaffen und dazu beigetragen werden, die Aufteilung der Vorteile sicherzustellen, wenn genetische Ressourcen von einer der Vertragsparteien zur Verfügung gestellt werden.

Ergänzend zu bisherigen innerstaatlichen Umsetzungsmaßnahmen zur Implementierung des Nagoya Protokolls (vgl bereits BGBl I 2019/36)  wird nun auch auf dem Gebiet des Erfindungswesens durch eine Änderung des PatG die erforderliche Transparenz iZm Erfindungen geschaffen, die genetische Ressourcen zum Gegenstand haben – wie zB biologisches Material pflanzlichen oder tierischen Ursprungs – oder auf traditionellem Wissen beruhen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht.

Werden in Patentanmeldungen genetische Ressourcen verwendet, muss deren örtliche Herkunft oder deren Bezugsquelle  angegeben werden (bzw bei der Anwendung traditionellen Wissens, dessen Quelle). Nach Patenterteilung soll eine diesbezügliche Meldung des Patentamts an das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie erfolgen.

Die Patentausschlussbestimmung betreffend im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren wird zur Klarstellung und Verhinderung von Umgehungen  auf Teile von Pflanzen oder Tieren ausgedehnt, die einem im Wesentlichen biologischen Verfahren entstammen, soweit diese zu solchen regeneriert werden können. Weiters wird die Definition der im Wesentlichen biologischen Verfahren ergänzt, eine Klarstellung betr die Wirkungen des Patents vorgenommen und ein Forschungsprivileg zur Nutzung biologischen Materials zum Zweck der Züchtung, Entdeckung und Entwicklung einer neuen Pflanzensorte formuliert.

3. Vereinfachung von Schutzrechtsverfahren

Weitere Maßnahmen dienen der Klarstellung sowie der Vereinfachung und der Beschleunigung von Schutzrechtsverfahren.

Bei den gesetzlich geregelten Recherchen und Gutachten wird der Förderfokus auf neue Erfindungen konzentriert, wodurch derartige Verfahren in Zukunft beschleunigter behandelt werden können. Ebenfalls der Beschleunigung dient eine Maßnahme im Markenrecht, wonach die Prüfung auf das Vorhandensein ähnlicher Marken (Ähnlichkeitsprüfung) nicht mehr innerhalb des Anmeldeverfahrens stattfinden soll, jedoch weiterhin auf Wunsch gesondert zur Verfügung gestellt werden kann.

Eine Verfahrensvereinfachung im Bereich der Nichtigkeitsabteilung bietet eine Ergänzung des Einzelzuständigkeitsbereichs der Vorsitzenden anstelle der Senatszuständigkeit begleitet von der Möglichkeit, Bedienstete im Zuständigkeitsbereich der Nichtigkeitsabteilung zur Besorgung bestimmter Angelegenheiten zu ermächtigen, und zwar in sämtlichen Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung unabhängig von der Art des Schutzrechts. Insbesondere bei Online-Einreichungen soll das Erfordernis der Vorlage von Zweitschriften entfallen.

4. Landwirtschaftliche Erzeugnisse

Das österreichische Recht ist an die VO (EU) 2021/2117 anzupassen, mit der mehrere EU-VO im Bereich der gemeinsamen Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse geändert wurden.

Betr das innerstaatlich abzuführende Eintragungs-, Einspruchs–, Löschungs- und Änderungsverfahren sowie die Durchsetzung von Herkunftsangaben sind in diesem Zusammenhang im VII. Abschnitt des MarkSchG die bisher zusätzlich zur Einspruchsfrist bestehende Frist zur Einspruchsbegründung zu streichen und einzelne Strafbestimmungen im MarkSchG  für Verletzungen geschützter Herkunftsbezeichnungen entsprechend dem Ausbau des Rechtsschutzes durch die unmittelbar anwendbare VO (EU) 2021/2117 anzupassen. Dies betrifft insbesondere den Schutz eingetragener Namen auch für Waren, die bloß als Zutat Verwendung finden oder im Rahmen des Fernabsatzes verkauft werden, sowie die Ausweitung des Schutzes von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben auf Waren, die in das Zollgebiet der Union verbracht werden, ohne dort in den zollrechtlich freien Verkehr überführt zu werden.

5. Inkrafttreten

Als Datum des Inkrafttretens ist ua der Tag nach Kundmachung im BGBl vorgesehen.

 



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