19. COVID-19-Gesetz ("Wirtshaus-Paket")

GesetzgebungPersonalrechtLindmayrJuni 2020

Anhebung der Höchstgrenze für steuerfreie Essensgutscheine; höhere Absetzbarkeit von Geschäftsessen; Senkung der Steuer auf nichtalkoholische Getränke; Abschaffung der Schaumweinsteuer

Inkrafttreten

1.7.2020

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

18.6.2020

Betroffene Normen

EStG, Schaumweinsteuergesetz, UStG

Betroffene Rechtsgebiete

 

Quelle

BGBl I 2020/48

Bundesgesetz, mit dem das EStG 1988, das UStG 1994 und das Schaumweinsteuergesetz 1995 geändert werden (19. COVID-19-Gesetz), BGBl I 2020/48 vom 17. 6. 2020 (AB 184 BlgNR 27. GP 537/A 27. GP )

1. Einleitung

Die Gastronomie ist besonders durch die Folgen der Coronakrise betroffen. Einerseits mussten die Betriebe sehr lange geschlossen bleiben und andererseits werden die Wirte die Auswirkungen noch länger stark spüren. Mit dem Wirtshaus-Paket wurde ein Maßnahmenbündel bestehend aus steuerlichen Entlastungen, Unterstützungen sowie Anreizen zur Steigerung des Konsums geschnürt. Folgende Maßnahmen sind geplant:

2. Steuerfreie Essensgutscheine

Gutscheine für Mahlzeiten, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zur Verfügung stellen, sind derzeit bis zu einem Wert von € 4,40 pro Arbeitstag steuerfrei, wenn die Gutscheine nur am Arbeitsplatz oder in einer Gaststätte zur dortigen Konsumation eingelöst werden können. Können die Gutscheine auch zur Bezahlung von Lebensmitteln verwendet werden, die nicht sofort konsumiert werden müssen, so ist nur der Betrag von € 1,10 pro Arbeitstag steuerfrei.

Diese Beträge für steuerfreie Gutscheine sollen ab 1. 7. 2020 angehoben werden, und zwar

  • (von € 4,40) auf € 8,- für Mahlzeiten und
  • (von derzeit € 1,10) auf € 2,- für Lebensmittel.

(§ 3 Abs 1 Z 17 und § 124b Z 353 EStG; anwendbar ab 1. 7. 2020)

Hinweis
Siehe in diesem Zusammenhang auch die geänderte Rechtsansicht des BMF zur Einlösung von Essensgutscheinen: In der Info des BMF vom 12. 5. 2020, 2020-0.092.779, hat das BMF bekannt gegeben, dass die Rz 95a der Lohnsteuerrichtlinien 2002 aufgrund der zunehmenden Digitalisierung wie folgt geändert wird:
Rz 95a: „Für einen Arbeitstag darf nur ein Gutschein ausgegeben werden. Die Gutscheine müssen nicht in Papierform bestehen, sondern können auch elektronisch gespeichert werden (Chipkarte, digitaler Essenbon, Prepaid-Karte, etc.). Es muss sichergestellt sein, dass ein Arbeitnehmer nicht Gutscheine für Mahlzeiten in einem Ausmaß erhält, das den gesetzlichen Freibetrag des § 3 Abs. 1 Z 17 EStG 1988 gerechnet auf Basis einer 5 Tage-Woche von 220 Tagen pro Jahr übersteigt (8 Euro bzw. 2 Euro x 220; bis 30.6.2020 4,40 Euro bzw. 1,10 Euro x 220). Im Falle von unterjährigen Ein- und Austritten ist der aliquote Anteil pro Monat heranzuziehen (1 Monat = 18,3 Tage (220 Arbeitstage: 12 Monate)) und auf volle Tage aufzurunden.
Der Arbeitnehmer kann die Gutscheine auch kumuliert ohne wertmäßiges Tageslimit an jedem Wochentag (auch an Wochenenden) einlösen.“

Zur Beitragsfreiheit der entsprechenden Beträge siehe das Bundesgesetz zum Prüfdienst für Lohnabgaben und Beiträge.

3. Absetzbarkeit von Geschäftsessen

Zur Förderung der von der COVID-19-Krise besonders betroffenen Gastronomie sind Aufwendungen oder Ausgaben für die werbewirksame Bewirtung von Geschäftsfreunden, die die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit nach § 20 Abs 1 Z 3 EStG erfüllen, ab dem 1. 7. 2020 bis zum 31. 12. 2020 zu 75 % (statt 50 %) absetzbar. (§ 124b Z 354 EStG; anwendbar ab 1. 7. 2020 bis 31. 12. 2020)

4. Senkung der Steuer auf nichtalkoholische Getränke

Für die Lieferungen und Restaurationsumsätze von offenen nichtalkoholischen Getränken, die ab dem 1. 7. 2020 und bis zum 31. 12. 2020 ausgeführt werden bzw sich ereignen, wird die Umsatzsteuer auf 10 % ermäßigt.

Da in der Gastronomie nichtalkoholische Getränke - im Gegensatz zum Handel - typischerweise offen abgegeben werden, dient dieses Kriterium als Abgrenzungsmerkmal. So ist für die Anwendung der Begünstigung eine Abgrenzung zwischen Dienstleistungen (Restaurationsumsätze iSd § 10 Abs 2 Z 1 lit b UStG 1994) und Lieferungen nicht erforderlich und kann eine komplexe Differenzierung (zB Beurteilung der Abgabe von offenen nichtalkoholischen Getränken an Tankstellen, Würstelständen etc als Lieferung oder sonstige Leistung) vermieden werden und stattdessen auf die einfachere Abgrenzung mittels offener Getränke abgestellt werden. Unter offenen Getränken sind auch Getränke zu verstehen, die typischerweise vom Gastronomen oder dem Kunden im Zuge des Erwerbs unmittelbar geöffnet werden (zB Würstelstand, Kantine; nicht jedoch Supermärkte, Abhol- und Lieferservice sowie Getränkeautomaten).

Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und im Sinne einer steuerlichen Gleichbehandlung der landwirtschaftlichen Gastronomie (Almausschank, Buschenschank), entfällt die Zusatzsteuer auf offene nichtalkoholische Getränke. (§ 22 Abs 2 und § 28 Abs 51 UStG; anwendbar ab 1. 7. 2020 bis 31. 12. 2020)

5. Abschaffung Schaumweinsteuer

Derzeit wird auf Schaumwein (einschließlich gewisser Prosecco-Spumante Marken) eine Verbrauchsteuer iHv  100,- je Hektoliter erhoben, anders als auf (leicht schäumende) Weine (zB Frizzante, Perlweine), die nicht den Definitionsmerkmalen von Schaumwein, sondern jenen von Wein entsprechen. Nach EU-Recht sind auf alle (nicht schäumenden) Weine die gleichen Steuersätze anzuwenden. Soll für schaumweinähnliche Weine ein Steuersatz eingeführt werden, wäre dieser somit auch für sonstige Weine vorzusehen. In der Wahrnehmung der Konsumenten besteht zwischen Schaumwein und leicht schäumenden Weinen wie Frizzante oft kein Unterschied. Schaumweine können daher durch die bestehende steuerliche Regelung Wettbewerbsnachteile erleiden.

Daher wird ab 1. 7. 2020 auch für Schaumwein ein Nullsatz vorgesehen. (§ 3 und § 48j Abs 1 und Abs 3 Schaumweinsteuergesetz; anwendbar ab 1. 7. 2020)

Hinweis

Weiters ist gerade eine Änderung der Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013 in Begutachtung, mit der für Gastgewerbebetriebe, die ihren Gästen Sitzgelegenheiten in geschlossenen Räumen bieten und über mindestens 10 Sitzplätze verfügen, weitere Erleichterungen geschaffen werden sollen:

  • die Pauschalierungsgrenze soll von € 255.000,- auf € 400.000,- Jahresumsatz erhöht werden,
  • das Grundpauschale soll von 10 % auf 15 % (mindestens jedoch € 6.000,- und höchstens € 60.000,-) angehoben werden, und
  • durch eine Erhöhung der Mobilitätspauschale von 2 % auf 6 % für Gasthäuser in Gemeinden bis 5.000 Einwohner und 4 % für Gasthäuser in Gemeinden bis 10.000 Einwohner soll es außerdem steuerliche Entlastungen für Dorfwirtshäuser geben.

Die geänderten Sätze sollen erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2020 anzuwenden. (Veröffentlichung der Verordnung im BGBl bleibt abzuwarten)



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