Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2023 (GesDigG 2023)

GesetzgebungWirtschaftsrechtKriwanekJänner 2024

Umsetzung Art 13i RL (EU) 2017/1132 idF RL (EU) 2019/1151 , Einrichtung eines Systems zur Disqualifikation von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern

Inkrafttreten

1.1.2024

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

2.1.2024

Betroffene Normen

AktG, FBG, GenG, GmbHG, SCEG, SEG

Betroffene Rechtsgebiete

Gesellschaftsrecht

Quelle

BGBl I 2023/178, 878/BNR , AB 2341 , RV 2228 BlgNr 27. GP , 286/ME

Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Genossenschaftsgesetz, das SE‑Gesetz, das SCE‑Gesetz und das Firmenbuchgesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2023 – GesDigG 2023) (BGBl I 2023/178, 878/BNR , AB 2341 , RV 2228 BlgNr 27. GP , 286/ME)

Die RL (EU) 2019/1151 zur Änderung der RL (EU) 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht (Digitalisierungs-Richtlinie), wurde größtenteils mit dem Gesellschaftsrechtlichen Digitalisierungsgesetz 2022 (GesDigG 2022), BGBl I 2022/186, umgesetzt. Nun wird auch Art 13i RL (EU) 2017/1132 über „disqualifizierte Geschäftsführer“ in das nationale Recht übernommen.

Nach Art 13i Abs 1 RL  (EU) 2017/1132 haben die Mitgliedstaaten Vorschriften vorzusehen, nach denen Geschäftsführer „disqualifiziert“ werden können. Damit ist gemeint, dass eine Person wegen eines bestimmten Verhaltens in der Vergangenheit eine gewisse Zeit lang nicht als vertretungsbefugtes Organ einer Kapitalgesellschaft tätig sein kann. Diese Ausübungsschranke ist im öffentlichen Interesse geboten, weil sie dem Schutz des Geschäftsverkehrs sowie der Hintanhaltung von betrügerischem oder anderweitig missbräuchlichem Verhalten dient. Alle Personen, die mit Gesellschaften interagieren, sollen auf die Verlässlichkeit eines Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds vertrauen können. Der Anwendungsbereich der Richtlinienbestimmung umfasst Geschäftsführer einer GmbH sowie Vorstandsmitglieder einer AG. Darüber hinaus werden über die Vorgaben der Richtlinie hinaus auch Vorstandsmitglieder von Genossenschaften in den nationalen Anwendungsbereich einbezogen. Dies erscheint im Hinblick auf die der GmbH angenäherte Organstruktur der Genossenschaften sachgerecht.

Künftig ist somit bei allen Anträgen auf Neueintragung von Geschäftsführern einer GmbH und Vorstandsmitgliedern einer AG oder Genossenschaft vom Firmenbuchgericht durch eine Abfrage des Strafregisters amtswegig zu ermitteln, ob eine Disqualifikation der einzutragenden Person nach § 15 Abs 1a oder 1b GmbHG, § 75 Abs 2a oder 2b AktG oder § 15 Abs 2a oder 2b GenG vorliegt. Diese Abfrage erfolgt automationsunterstützt.

Die Disqualifikation ist gesetzliche Rechtsfolge bestimmter rechtskräftiger, strafgerichtlicher Verurteilungen. Sie tritt damit ex lege ein, ohne dass es einer gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung darüber bedarf.

Um der besonderen Verantwortung der vertretungsbefugten Organe gegenüber Personen, die mit der Gesellschaft interagieren, gerecht zu werden, sind grundsätzlich nur „wirtschaftsnahe“ Delikte relevant (ua Betrug, Untreue, organisierte Schwarzarbeit).

Auch die Ermittlung von Neuverurteilungen bereits im Firmenbuch eingetragener Personen, die die Rechtsfolge der Disqualifikation auslösen, sowie die Verständigung der Firmenbuchgerichte von solchen Verurteilungen erfolgt automationsunterstützt .

Auch die zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten der EU und des EWR müssen die Möglichkeit haben, über das System der Registervernetzung (BRIS) Informationen über eine geltende Disqualifikation oder Umstände anzufordern, die für die Disqualifikation in dem Mitgliedstaat, der die Anfrage erhalten hat, relevant sind; es besteht aber keine Verpflichtung, solche Informationen in jedem Fall anzufordern (Erwägungsgrund 24 der Digitalisierungs-RL). Für die Beantwortung solcher Anfragen aus anderen EU- oder EWR-Staaten ist österreichweit das HG Wien zuständig, das dabei im Rahmen der Rechtshilfe tätig wird.



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