Der in Österreich heute überwiegend vertretene Rechtfertigungsansatz ist in der sog modernen Schule verwurzelt. Die Grundannahme lautet, dass die Verhinderung von Verbrechen die legitime Aufgabe des Strafrechts ist. Dieses Ziel kann erreicht werden, indem ein Eingriff in die persönliche Freiheit generalpräventive und insbesondere auch spezialpräventive Effekte bewirkt.1 Die Strafe ist allerdings an die Tatschuld gebunden. Sie kann also keine Präventionsaufgaben wahrnehmen, die nicht mehr unmittelbar mit der zurückliegenden Straftat in Verbindung stehen. Viele gehen davon aus, dass das Strafrecht aufgrund der Schuldbindung in manchen Fällen machtlos ist.2 Die zweispurige Ausformung des Strafrechts hat dann den Sinn, dass die vorbeugende Maßnahme mögliche Lücken im strafrechtlichen Sanktionsapparat schließt. Der Reformgesetzgeber von 1975 habe dahingehend auch eine verfassungskonforme Grundentscheidung getroffen, die es der Justiz ermöglicht, auf alle kriminalpolitischen Notwendigkeiten zu reagieren.3 Der strafrechtlichen Unterbringung kommt also die Aufgabe zu, weitere Taten eines ungewöhnlich gefährlichen Rechtsbrechers effektiv zu verhindern. Demzufolge geht es in besonderem Maße um die spezialpräventive Einwirkung auf einen Menschen, bei dem eine übliche Bestrafung nicht viel bewirken würde.4 Dabei kann an eher alltägliche Fälle gedacht werden: Eine Frau bedroht zwei Männer in einem Gasthaus damit sie „abzustechen“ und verleiht ihrer Drohung Nachdruck, indem sie mit einem erhobenen Küchenmesser einige Schritte auf sie zuläuft.5 Weil die Frau an einer schweren Störung aus dem schizophrenen Formenkreis leidet, war sie im Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig. Eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Drohung scheidet aus. Gegen die Gefahr weiterer Attacken könnte eine Unterbringung wirken.6 Es kann aber auch an außergewöhnliche Fallkonstellationen gedacht werden: Ein Mann sperrt seine eigene Tochter jahrelang in ein selbstgebautes Kellerverlies ein. Er leidet an einer schweren, kombinierten Persönlichkeitsstörung und einer Störung der Sexualpräferenz. Die PCL-R nach Hare konstatiert einen Wert über dem Cutoff-Wert. Trotz seines psychopathologischen Grundzustandes wird die Zurechnungsfähigkeit bejaht und der Mann daraufhin verurteilt. Eine flankierende Maßnahme könnte aber als das geeignete Instrument erscheinen, um der besonderen Gefährlichkeit zu begegnen.
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