Ein Ansatz, der Anfang und Mitte des 20.Jahrhunderts viel Zuspruch fand, geht davon aus, dass es sich bei vorbeugenden Maßnahmen um notwendige Sozialverteidigung handelt. Die Rechtfertigung des staatlichen Eingriffs könne sich daher auf Grundsätze stützen, die allgemein für die Notwehr gelten:13 Bedroht ein gefährlicher Rechtsbrecher fremde Rechtsgüter, zwinge er der Allgemeinheit eine Notlage auf. In einer solchen Situation müsse der Staat den drohenden Angriff durch geeignete Zwangsreaktionen abwehren. Die Verteidigung gegen die individuelle Sozialgefährlichkeit ist also eine staatliche Aufgabe. Sie dient auch der Verteidigung der Rechtsordnung.14 Das Konzept der Sozialverteidigung überzeichnet allerdings die Ordnungs- und Friedensfunktion der Rechtsordnung.15 Es geht davon aus, dass es ohne staatliche Kontrolle überhaupt zu einer Eskalation der Gewalt zwischen den Bürgern kommen wird: Könnte die private Verteidigung gegen gefährliche Rechtsbrecher zur Regel werden, ginge die Grundlage einer gesellschaftlichen Ordnung zu Bruch. Daher müsse der Staat so früh wie möglich einschreiten.
