Internationale Zuständigkeit: Für lauterkeitsrechtliche und kartellprivatrechtliche Klagen (zB (Verbands-)Klagen einer Verbraucherschutzorganisation wegen der Verwendung unlauterer Geschäftspraktiken oder Kartellschadenersatzklagen) steht der spezielle Deliktsgerichtsstand gem Art 7 Z 2 Brüssel Ia offen. Der Handlungsort ist dabei idR dort zu verorten, wo das wettbewerbswidrig handelnde Unternehmen seinen Sitz hat. Für Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb liegt der Erfolgsort idR dort, wo sich das unlautere Verhalten auswirkt bzw auszuwirken droht (zB Beeinträchtigung von kollektiven Verbraucherinteressen am Marktort). Bei wettbewerbswidrigen Inhalten von Internetseiten wird der Erfolgsort idR an jenem/n Ort/en liegen, wo die Internetseite abrufbar ist und der Wettbewerbsverstoß auch spürbar ist;140 ansonsten würde aufgrund der Ubiquität des Internets eine Gerichtszuständigkeit gem Art 7 Z 2 Brüssel Ia in jedem Mitgliedstaat bestehen, selbst wenn konkret nur einzelne Staaten oder Regionen durch mögliche Auswirkungen betroffen sind. Auf die Ausrichtung der Internetseite kann es nach der Rsp des EuGH (zu verwandten Situationen im Immaterialgüterrecht) nicht primär ankommen; sehr wohl ist aber erforderlich, dass das Recht, dessen Verletzung geltend gemacht wird, am Erfolgsort geschützt wird (zB Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Beurteilung der Verletzung des deutschen Lauterkeitsrechts durch einen wettbewerbswidrigen Parfümverkauf in Belgien).141 Der Erfolgsort liegt bei Kartellschäden nach jüngerer Rsp in dem vom wettbewerbswidrigen Verhalten betroffenen Markt in dem Mitgliedsstaat, in dem der Geschädigte einen Schaden erlitten zu haben behauptet; es kommt stets auf den Erstschaden an und nicht auf allfällige Folgeschäden.142 Zur Bestimmung des Handlungsorts kommt es auf die maßgebliche Verletzungshandlung an: Stellt eine unter Verstoß gegen Art 101 AEUV geschlossene wettbewerbswidrige Vereinbarung das maßgebliche ursächliche Geschehen dar, besteht die Zuständigkeit des Gerichts des Ortes, an dem die Vereinbarung definitiv geschlossen wurde.143 Handelt es sich hingegen um einen (gesonderten) Verstoß gegen Art 102 AEUV (missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung) ist das Gericht jenes Ortes zuständig, an dem es zu dem wettbewerbswidrigem Verhalten gekommen ist (zB Angebot und Anwendung von Kampfpreisen auf dem betreffenden Markt.144 Bei einer Reihe an ursächlichen Geschehnissen, die Teil einer „gemeinsamen Strategie“ sind, kommt es auf jenes an, dem in der Strategieumsetzung besonders große Bedeutung zukommt („relevantes Geschehnis“).145
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