Neben der Maßgeblichkeit des allg Gerichtsstands (Art 4 Brüssel Ia), dem Gerichtsstand der Streitgenossenschaft bzw der Widerklage (Art 8 Z 1 und 3 Brüssel Ia) und den Regeln zur Gerichtsstandsvereinbarung und rügelosen Einlassung (Art 25, 26 Brüssel Ia) (siehe dazu bereits Rz 4/5 ff) ist insbesondere Art 7 Z 2 Brüssel Ia als Deliktsgerichtsstand sehr praxisrelevant. Nach Art 7 Z 2 Brüssel Ia besteht für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen (und Handlungen, die solchen Handlungen gleichgestellt sind) ein besonderer (Wahl-)Gerichtsstand am Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht (Grund: Nähe zum Streitgegenstand und Beweisaufnahme). Diese Anknüpfung erfasst nach stRsp sowohl den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist (Erfolgsort), als auch den Ort des diesem Schaden zugrundeliegenden ursächlichen Geschehens (Handlungsort);1 es wird sowohl die internationale als auch die örtliche Zuständigkeit bestimmt. Ein Auseinanderfallen dieser beiden Orte ergibt sich idR nur bei Distanzdelikten. Von der sachlichen Reichweite des Deliktsgerichtsstands erfasst sind alle Klagen, die eine Schadenshaftung des/der Beklagten geltend machen und die nicht an einen Vertrag iSv Art 7 Z 1 Brüssel Ia anknüpfen.2 Art 7 Z 2 Brüssel Ia gilt somit für alle Ansprüche aus unerlaubten Handlungen, unabhängig davon, ob es sich um Produkthaftungsansprüche oder ähnliche Gefährdungshaftungsansprüche, lauterkeitsrechtliche Ansprüche oder Ansprüche aus Körperverletzungen (zB Straßenverkehrsunfälle) handelt. Besonderheiten ergeben sich aber bei der Bestimmung der jeweiligen Handlungs- und Erfolgsorte (siehe dazu die jeweils einschlägigen Unterkap): Die Ermittlung eines der Anknüpfungspunkte muss es erlauben, die Zuständigkeit jenes Gerichts zu begründen, das objektiv am besten beurteilen kann, ob die Haftungsvoraussetzungen vorliegen. Der Schadensverwirklichungsort kann aber je nach Natur des verletzten Rechts variieren. Obwohl Art 7 Z 2 Brüssel Ia damit für einen Großteil der auch von Rom II erfassten Ansprüche gilt, herrscht keine vollständige Deckungsgleichheit: Einerseits geht die Zuständigkeitsbestimmung über den Anwendungsbereich der Rom II-VO hinaus (ua Geltung für Persönlichkeitsrechtsverletzungen, siehe Rz 5/138 ff), andererseits bleibt sie dahinter zurück, da zB bereicherungsrechtliche Ansprüche zwar grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO fallen, aber uU (str) nicht von Art 7 Z 2 erfasst sind.3
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