Zur Frage, ob ein bereits eingetretener Verstoß gegen § 52 AktG / § 82 GmbHG noch geheilt (saniert) werden kann (s auch Rz 1/117), ist die Lehre noch wenig konturiert; in der Rsp finden sich, soweit ersichtlich, überhaupt nur implizite Hinweise (vgl zur Frage von Gesamt- und Teilnichtigkeit bei einem Verstoß gegen § 52 AktG / § 82 GmbHG s Rz 1/240). Dass eine Heilung grds möglich sein muss, ergibt sich mE schon daraus, dass der Normzweck des § 52 AktG / § 82 GmbHG iSd Gläubigerschutzes nicht in erster Linie auf gegenständliche Sicherung des Gesellschaftsvermögens, sondern primär auf wertmäßige Wiederherstellung des Vermögens der Kapitalgesellschaft zum status quo ante gerichtet ist.824 Heilt ein anfechtbarer oder nichtiger Beschluss über Feststellung des Jahresabschlusses oder Gewinnverwendung, insb durch Fassung eines mangelfreien Bestätigungsbeschlusses nach nunmehr korrekt durchlaufender Vorbereitung der Beschlussfassung, durch Ablauf der Anfechungsfrist oder durch Heilung der Nichtigkeit gem §§ 200, 202 AktG (analog iVm § 41 GmbHG825),826 so wird auch eine frühere, auf Basis des defekten Beschlusses an sich unzulässige Gewinnausschüttung nachträglich zulässig.827 Wenn die Heilung einer verbotenen Einlagenrückgewähr durch nachträgliche Widmung eines Dividendenanspruchs auf den ursprünglich unzulässigen Vermögenstransfer als zulässig erachtet wird (s Rz 1/58, 1/68, 1/72),828 muss mE folgerichtig auch die Sanierung durch nachträgliche Leistung eines Gesellschafterzuschusses829 möglich sein.830 Verstößt ein (zweiseitiges) Rechtsgeschäft wegen unangemessener Konditionen gegen § 52 AktG / § 82 GmbHG, muss es – außerhalb der Insolvenz des Anteilseigners bzw des unechten/echten Dritten – jedenfalls zulässig sein, dass die Kapitalgesellschaft und ihr vertragliches Gegenüber den Vertrag zu nunmehr angemessenen Bedingungen neu abschließen. Eine Rückabwicklung des ursprünglichen Geschäfts kann diesfalls unterbleiben, wenn sämtliche negativen Folgen, die der Kapitalgesellschaft erwachsen sind, ausgeglichen werden, und somit der Nichtigkeitsgrund entfällt, wobei dieser Ausgleich insb die Zahlung eines angemessenen Nutzungsentgelts831 und angemessener Zinsen sowie den Ersatz sonstiger vermögenswerter Nachteile umfassen muss.832 Meines Erachtens steht § 83 Abs 4 GmbHG (analog) (Verbot des Verzichts auf einen Rückersatzanspruch) einer Vereinbarung zur Heilung (Sanierung) einer verbotenen Einlagenrückgewähr bei Wertausgleich für die Gesellschaft nicht entgegen (s Rz 1/216 f).833 Nach einer mE sehr progressiven E des OGH kann eine verbotene Einlagenrückgewähr – zumindest bei einer verdeckten Kapitalgesellschaft (GmbH & Co KG) – dadurch saniert werden, dass die aus der Einlagenrückgewähr resultierenden Rückersatzansprüche bei der jährlichen Gewinnverteilung mit der Forderung auf den Gewinnanteil verrechnet werden.834 Ist im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Anteilseigner § 355 UGB (Kontokorrent) anwendbar, kann es auch zu einer laufenden Saldierung der Rückersatzansprüche der Gesellschaft mit anderen Ansprüchen zwischen Gesellschaft und Anteilseignern kommen.835 Eine offene Frage ist, ob die Gesellschaft auch einseitig an einem Geschäft, das gegen § 52 AktG / § 82 GmbHG verstößt, festhalten und dessen Durchführung zu korrigierten Bedingungen durchsetzen kann. Meines Erachtens sollte die Gesellschaft, wenn sie an sich – gemessen an der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters – Interesse an dem fraglichen Geschäft hat, im Zweifel dessen korrigierte Aufrechterhaltung und damit Durchführung zu angemessenen Konditionen durchsetzen können (str) (s Rz 1/240).836 Zur allfälligen Korrekturobliegenheit der Gesellschaft s Rz 1/208. Umgekehrt steht dem Anteilseigner grds kein Wahlrecht/Anpassungsrecht zu, allenfalls auch gegen den Willen der Gesellschaft auf einen angemessenen Preis „aufzuzahlen“ und damit das Geschäft zu retten;837 auch dieser Grundsatz steht aber mE einer anderslautenden Vereinbarung, die dem Anteilseigner die geltungserhaltende Aufzahlung ermöglicht, nicht entgegen.838 Zur Frage der Sanierung einer verbotenen Einlagenrückgewähr iZm dem Ausscheiden des Anteilseigners aus der Gesellschaft s Rz 1/106. Zur Frage der Heilung (Sanierung) einer verbotenen Einlagenrückgewähr duch (konstitutive) Firmenbucheintragung einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme (zB Verschmelzung) s Rz 1/243.
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