Da der Bürge meist erheblich geringere Kenntnis über die Bonität des Schuldners besitzt als dessen Gläubiger, läge es nahe, dieses Informationsdefizit durch Hinweispflichten im Vorfeld der Bürgschaftsübernahme zu vermindern. Eine generelle Aufklärungspflicht des Gläubigers gegenüber dem Bürgen hinsichtlich eventuell eintretender negativer Konsequenzen besteht jedoch nicht200, vielmehr muss sich der Bürge über die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners bei diesem selbst informieren201, insbesondere wenn er in einer Nahebeziehung zum Schuldner steht202. Nur in Ausnahmefällen eines gesteigerten Bürgenrisikos statuiert die Rsp im Rahmen der vorvertraglichen Sorgfaltspflicht203 spezielle Warnpflichten204: Dies gilt etwa bei Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit oder dem unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch des Schuldners, sofern allein aufgrund einer zusätzlichen Sicherheit durch einen Dritten ein Kredit vergeben wird205, sowie bei Kenntnis – jedoch nicht bei bloßer Voraussehbarkeit206 – des Gläubigers von einer mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit des Kreditausfalls207 oder von einer ansonsten für den Bürgen besonders gefährlichen Situation208. Eine Aufklärung wird jedoch nur dann geschuldet, wenn dem Bürgen die Umstände nicht bereits bekannt sind209. Handelt es sich bei dem Gläubiger um eine Bank, dann darf diese sich in den genannten Fällen auch nicht auf das Bankgeheimnis nach § 38 BWG berufen, denn das daraus hergeleitete Verschwiegenheitsgebot tritt hinter die Warnpflicht zurück210. Unzureichende Warnungen können dazu führen, dass der Gläubiger den beim Bürgen entstandenen Schaden zu ersetzen hat211, was aufgrund der in § 1323 Satz 1 Fall 1 ABGB angeordneten Naturalrestitution auch zu einer rückwirkenden Aufhebung des Bürgschaftsvertrages führen kann212.