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B. Informationspflichten gegenüber dem Bürgen (Schwartze)

Schwartze2. AuflSeptember 2012

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Da der Bürge meist erheblich geringere Kenntnis über die Bonität des Schuldners besitzt als dessen Gläubiger, läge es nahe, dieses Informationsdefizit durch Hinweispflichten im Vorfeld der Bürgschaftsübernahme zu vermindern. Eine generelle Aufklärungspflicht des Gläubigers gegenüber dem Bürgen hinsichtlich eventuell eintretender negativer Konsequenzen besteht jedoch nicht200200 Gamerith in Rummel, ABGB3 Vor § 1360 Rz 2; vgl auch Thoß, Bürgenschutz 72 f. Ebenso nach deutscher Rechtslage, BeckOK BGB/Rohe § 765 Rz 43. Für Verbraucherbürgschaften sieht Art IV.G.-4 : 103 DCFR dies allerdings vor, vgl Klingel, Bürgschaftsverträge 147 ff., vielmehr muss sich der Bürge über die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners bei diesem selbst informieren201201 Th. Rabl in Kletečka/Schauer, ABGB-ON § 1364 Rz 4., insbesondere wenn er in einer Nahebeziehung zum Schuldner steht202202OGH 10 Ob 91/11x in ÖBA 2012, 186.. Nur in Ausnahmefällen eines gesteigerten Bürgenrisikos statuiert die Rsp im Rahmen der vorvertraglichen Sorgfaltspflicht203203 Gamerith in Rummel, ABGB3 Vor § 1360 Rz 1. spezielle Warnpflichten204204 Th. Rabl in Kletečka/Schauer, ABGB-ON § 1364 Rz 5; Dullinger in Dullinger/Kaindl, Bank- und Kapitalmarktrecht 2008, 99 f; Mayrhofer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 25c KSchG Rz 2. Vergleichend auch zum deutschen Recht Thoß, Bürgenschutz 74; zur deutschen Rechtslage vgl Nobbe in BankR-HB § 91 Rz 188. Nach Art IV.G.-2 : 107 Abs 1 DCFR hat der Gläubiger dem Bürgen bereits Zahlungsschwierigkeiten mitzuteilen, vgl Klingel, Bürgschaftsverträge 157.: Dies gilt etwa bei Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit oder dem unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch des Schuldners, sofern allein aufgrund einer zusätzlichen Sicherheit durch einen Dritten ein Kredit vergeben wird205205OGH 7 Ob 260/06w in ÖBA 2006, 71., sowie bei Kenntnis – jedoch nicht bei bloßer Voraussehbarkeit206206OGH 1 Ob 83/08z in ÖBA 2009, 75. – des Gläubigers von einer mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit des Kreditausfalls207207OGH 5 Ob 530/84 in SZ 57/70; 8 Ob 253/99k in ÖBA 2001, 170. oder von einer ansonsten für den Bürgen besonders gefährlichen Situation208208OGH 8 Ob 2315/96s in ÖBA 1997, 1027.. Eine Aufklärung wird jedoch nur dann geschuldet, wenn dem Bürgen die Umstände nicht bereits bekannt sind209209OGH in ÖBA 1992, 74 mit Anm von P. Bydlinski; 8 Ob 119/97a in ÖBA 1998, 301. Ebenso Art IV.G.-2 : 107 Abs 3 DCFR.. Handelt es sich bei dem Gläubiger um eine Bank, dann darf diese sich in den genannten Fällen auch nicht auf das Bankgeheimnis nach § 38 BWG berufen, denn das daraus hergeleitete Verschwiegenheitsgebot tritt hinter die Warnpflicht zurück210210OGH in SZ 57/70; 3 Ob 559/86 in ÖBA 1988, 1021 mit Anm von Jabornegg; ÖBA 2001, 170. Vgl auch Gamerith in Rummel, ABGB3 Vor § 1360 Rz 3; Th. Rabl in Kletečka/Schauer, ABGB-ON § 1364 Rz 6.. Unzureichende Warnungen können dazu führen, dass der Gläubiger den beim Bürgen entstandenen Schaden zu ersetzen hat211211 Mader/W. Faber in Schwimann, ABGB § 1364 Rz 4., was aufgrund der in § 1323 Satz 1 Fall 1 ABGB angeordneten Naturalrestitution auch zu einer rückwirkenden Aufhebung des Bürgschaftsvertrages führen kann212212 Dullinger in Dullinger/Kaindl, Bank- und Kapitalmarktrecht 2008, 103..

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