Im (prozessualen) Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, eine Schiedsvereinbarung begründe keine materiellrechtlichen Rechte und Pflichten der Parteien. Es folge bereits aus der prozessualen Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung, dass diese ausschließlich prozessuale Wirkungen entfaltet. Materiellrechtliche Pflichten, die Schiedsvereinbarung zu erfüllen – wie bsp die Pflicht, Schiedsrichter zu bennen, am Verfahren mitzuwirken oder Kostenvorschüsse zu leisten –, seien ebenso abzulehnen wie Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung der Schiedsvereinbarung.1215 In diesem Punkt besteht eine beachtliche Antinomie zwischen österreichischem und deutschem Meinungsstand: Nach der deutschen Lehre1216 und Rsp1217 wurzeln in der Schiedsvereinbarung zahlreiche Pflichten der Parteien, deren Verletzung Schadenersatzansprüche auslösen kann. Ganz allgemein wird eine Verfahrensförderungspflicht und spiegelbildlich dazu auch die Pflicht, alles zu unterlassen, was den ordnungsgemäßen Ablauf des Schiedsverfahrens obstruieren könnte (Loyalitätspflicht), bejaht; umstritten ist zum einen jedoch der genaue Umfang dieser Verpflichtungen1218 und zum anderen die Durchsetzbarkeit der Mitwirkungspflichten im Wege einer Erfüllungsklage1219. In der Praxis werden durch Verfahrensobstruktionen verursachte Verzögerungsschäden vielfach im Rahmen der Kostenentscheidung des Schiedsgerichts berücksichtigt.1220 Zu den regelmäßig angeführten Pflichten zählen insbesondere: die Mitwirkung an der Konstituierung des Schiedsgerichts, die Zahlung von (anteiligen) Vorschüssen für die Kosten des Verfahrens, die Pflicht zu wahrheitsgemäßem Vorbringen sowie die Pflicht, die Vertraulichkeit über Einleitung und Fortgang des Schiedsverfahrens zu wahren. Zum Teil wird darüber hinaus die aus der Schiedsvereinbarung resultierende Verpflichtung der Parteien erörtert, die Anrufung staatlicher Gerichte zu unterlassen.1221
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