Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden; BGBl I 2024/67 vom 4. 7. 2024 (AB 2589 BlgNR 27. GP ; 2528 BlgNR 27. GP )
1. Überblick
Mit dem vorliegenden Gesetzespaket wird jenen Vertriebenen, die bereits einen Zugang zum Arbeitsmarkt gefunden haben, der Wechsel in das reguläre Niederlassungsregime ermöglicht. Dies bedingt Änderungen im AuslBG und im NAG. Vertriebene Jugendliche unter 18 Jahren werden außerdem in die Ausbildungspflicht nach dem Ausbildungspflichtgesetz einbezogen. Darüber hinaus erfolgt hinsichtlich eines möglichen weiteren Verbleibs von Vertriebenen nach Wegfall ihres vorübergehenden Aufenthaltsrechts eine Anpassung im Asylgesetz 2005.
Die Änderungen im AsylG treten mit 5. 7. 2024 in Kraft, die Änderungen im Ausbildungspflichtgesetz mit 1. 7. 2024 und die Änderungen im AuslBG und NAG mit 1. 10. 2024.
2. Rot-Weiß-Rot – Karte plus
Vertriebene aus der Ukraine haben aufgrund der Vertriebenen-Verordnung BGBl II 2022/92 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, das bis zum 4. 3. 2025 als verlängert gilt.
Mit BGBl I 2023/43 wurde ein eigener Ausnahmetatbestand geschaffen, der Vertriebene mit einem vorübergehenden Aufenthaltsrecht nach § 62 AsylG 2005 generell vom Geltungsbereich des AuslBG ausnimmt und damit jede beliebige Beschäftigung bewilligungsfrei erlaubt. Damit sollte die Arbeitsmarktintegration jener Vertriebenen beschleunigt werden, die einen dauerhaften Verbleib am österreichischen Arbeitsmarkt anstreben. Trotz dieser Ausnahmeregelung ist die Erwerbsbeteiligung der Vertriebenen aus einer Reihe von Gründen noch immer relativ niedrig.
Da ein Ende des Krieges und eine mögliche Rückkehr in die Ukraine nach wie vor nicht absehbar ist, wird nun jenen Vertriebenen, die bereits einen Zugang zum Arbeitsmarkt gefunden haben, der Wechsel in das reguläre Niederlassungsregime ermöglicht, zumal ein auf Dauer ausgerichteter unbeschränkter Arbeitsmarktzugang mit dem Wegfall des vorübergehenden Aufenthaltsrechts nicht gesichert wäre. Allen Vertriebenen, die innerhalb der letzten 24 Monate insgesamt mindestens 12 Monate vor der Antragstellung vollversicherungspflichtig (also über der Geringfügigkeit) beschäftigt waren, wird der Umstieg auf eine Rot-Weiß-Rot – Karte plus ermöglicht. Von der Regelung werden auch selbstständig Erwerbstätige erfasst, wenn sie innerhalb der letzten 24 Monate mindestens 12 Monate gemäß § 2 GSVG versichert waren.
Die Erfüllung der Voraussetzungen nach dem AuslBG wird – wie auch sonst bei der Rot-Weiß-Rot – Karte plus – vom AMS geprüft und der Aufenthaltsbehörde schriftlich bestätigt. Neben dem fakultativen Wechsel in das Niederlassungsregime bleibt aber auch der Ausnahmetatbestand vorläufig weiter im Rechtsbestand, sodass auch jene Vertriebenen, welche die Voraussetzungen für die Rot-Weiß-Rot – Karte plus (noch) nicht erfüllen oder trotz Erfüllung nicht in das Niederlassungsregime wechseln wollen, weiterhin bewilligungsfreien Arbeitsmarktzugang haben.
Der Antrag auf die Rot-Weiß-Rot – Karte plus ist bei der örtlich zuständigen NAG-Behörde im Inland einzubringen, die eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des AMS über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 20e Abs 1 Z 4 AuslBG einholt. Stellt die regionale Geschäftsstelle fest, dass die Voraussetzungen vorliegen, hat sie dies der NAG-Behörde mitzuteilen. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, hat sie darüber nach Anhörung des Regionalbeirates einen Bescheid zu erlassen und diesen der NAG-Behörde zur Zustellung an den Ausländer zu übermitteln.
Hinweis
Korrespondierend zur neuen Regelung in § 20e Abs 1 Z 4 AuslBG regelt § 41a Abs 7b NAG, dass Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erteilt werden kann, wenn die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen (wie ausreichende Existenzmittel, Krankenversicherungsschutz etc.) sowie „Deutsch vor Zuzug“ (§ 21a NAG) erfüllt sind und eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des AMS gemäß § 20e Abs 1 Z 4 AuslBG vorliegt, in der bestätigt wird, dass der Vertriebene, mit vorübergehendem Aufenthaltsrecht innerhalb der letzten 24 Monate mindestens 12 Monate vollversichert beschäftigt oder gemäß § 2 GSVG versichert war. In diesen Fällen wird konsequenterweise auch eine Inlandsantragstellung ermöglicht (§ 21a Abs 2 Z 7a NAG).
Unmittelbar vorangehende rechtmäßige Aufenthalte als Vertriebene aufgrund einer Verordnung gemäß § 62 Abs 1 AsylG gelten als Niederlassung iSd § 2 Abs 2 NAG. Die Zeiten solcher Aufenthalte sind demnach auf die Fünfjahresfrist des § 45 Abs 1 NAG sowie die erforderlichen Zeiten einer Niederlassung zum Erwerb der Staatsbürgerschaft anzurechnen. Da sich die Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ nach dem vorgeschlagenen § 41a Abs 7b NAG nach der allgemeinen Bestimmung des § 20 NAG richtet, kann zudem bei Erfüllung der in Abs 1a genannten Voraussetzungen der Aufenthaltstitel gleich für die Dauer von 3 Jahren ausgestellt werden.
3. Ausbildungspflicht
Aus der Ukraine vertriebene Jugendliche unter 18 Jahren, deren Aufenthalt aufgrund der Vertriebenen-Verordnung der Bundesregierung zunächst nur befristet ist, unterliegen der allgemeinen Schulpflicht und haben aufgrund einer Ausnahmeregelung im AuslBG gleichzeitig auch bewilligungsfreien Arbeitsmarktzugang. Von der Ausbildungspflicht im Sinne des Ausbildungspflichtgesetzes sind sie allerdings nicht erfasst.
Nunmehr wird für diese Jugendlichen die Lücke zwischen Schulpflicht und Arbeitsmarktzugang geschlossen und durch Einbeziehung in die Ausbildungspflicht eine durchgängige Ausbildung für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration ermöglicht.
Bei der Erstellung von Perspektiven- und Betreuungsplänen gemäß § 14 Abs 2 APflG ist auf eine allfällige Online-Teilnahme am Unterricht von ukrainischen Schulen Bedacht zu nehmen.
