8.1. Keine Haftung für einen Verhandlungsabbruch ohne triftigen Grund
Es kann zusammenfassend festgestellt werden, dass sich zur Begründung einer Haftung für einen Verhandlungsabbruch ohne triftigen Grund im österreichischen Recht keine Grundlage finden lässt. Da derjenige, der Vertrauen auf einen sicheren Vertragsabschluss erweckt hat, zu diesem Zeitpunkt keine Hindernisse vorhersehen konnte, passt das Konzept der culpa in contrahendo nicht.717 Dieses stellt nämlich in den Fällen eines Schadenersatzanspruchs nach dem Scheitern von Vertragsverhandlungen auf das sorgfaltswidrige Erwecken eines falschen Eindrucks ab. Eine Analogie zu § 1003 oder zu den §§ 45, 46 scheidet ebenso wie ein Rückgriff auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens aus. Demzufolge macht ein Verhandlungsabbruch an sich nicht schadenersatzpflichtig und bedarf keiner Rechtfertigung durch einen triftigen Grund.718 Das Konzept einer Haftung für einen grundlosen Verhandlungsabbruch ist in seiner Gesamtheit abzulehnen, weitere Ausführungen zu den Anforderungen an einen triftigen Grund erübrigen sich. Das Scheitern von Vertragsverhandlungen hat nur dann schadenersatzrechtliche Konsequenzen, wenn ein Verhandlungspartner von seinem Gegenüber über die Abschlusschancen sorgfaltswidrig in die Irre geführt wurde.719 Schadenersatzpflichten bestehen also nur in jener Fallkonstellation, die oben unter Pkt 4 als Aufklärungspflichtverletzung beschrieben wurde.

