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1. Interessenlage der Universitäten (Hartmann)

1. AuflMärz 2008

Massive Haushaltskürzungen an Hochschulen und Kliniken beschränken Forschung und Lehre. Für die Verbesserung und den Ausbau der universitären Forschung und Lehre, mehr noch, sogar für deren Erhalt werden von den Universitäten Drittmittel als zusätzliche Finanzierungsquelle dringend benötigt. Dabei handelt es sich selbstverständlich nicht um ein auf österreichische Universitäten beschränktes Problem. Die Finanzierung ist vielmehr die Achillesferse des Hochschulwesens in der Europäischen Union. Ein Vergleich mit den USA liefert den Beweis. Die USA wenden für die Finanzierung des Hochschulwesens 2,3% ihres BIP auf, verglichen mit 1,1% in Europa.1010„Hochschulunterricht - Universitäten auf neuen Wegen“ in FTE, Magazin für die europäische Forschung, Sonderausgabe Humanressourcen: Keine Forschung ohne Forscher (August 2003) europa.eu.int/comm/research/ (Stand 1.3.2008). Um die Forschungsaufwendungen bis zum Jahr 2010 auf 3% des BIP zu erhöhen, müssten in Europa 500.000 Forschungsstellen pro Jahr geschaffen werden. Die Finanzierung über Privatzuwendungen, Stiftungen und Forschungskooperationen mit der Industrie ist in Übersee eine lukrative Geldquelle. In Europa wird diese Form der Geldbeschaffung oft durch eine den Handlungsspielraum von Universitäten einschränkende Rechtslage oder durch den Rechtsstatus von Universitäten gehemmt - sowie zusätzlich durch den Mangel an Steueranreizen. Universitäre Einkommensquellen, wie der Verkauf von Dienstleistungen, stoßen oftmals an die Grenzen der rechtlichen Zulässigkeit. Vor allem durch das Beschränken universitärer Privatrechtsfähigkeit wurden nach alter Rechtslage Rechtsgeschäftsabschlüsse erschwert1111Zur Problematik gesetzlicher Klauseln, die Technologietransfer erschweren, vgl Püttner/Mittag, Technologietransfer/Die Kooperation von Hochschulen und Wirtschaft, in Flämig/Kimminich/ Stenbock-Fermor [ua] (Hrsg), Handbuch des Wissenschaftsrechts2 II (1996) 1611 ff (deutsche Rechtslage)., mitunter sogar verwirkt. In Ausgestaltung dieser einschränkenden Rechtsvorschriften setzte der Gesetzgeber das Misstrauen in der Gesellschaft gegenüber einer Entwicklung der Universitäten in Richtung Aberkennung der Wissenschaftsfreiheit um. Die Gesellschaft misstraut einer Entwicklung, die als Abgleiten in die Geschäfts- und Marketingsphären verstanden werden könnte.1212„Hochschulunterricht - Universitäten auf neuen Wegen“ in FTE, Magazin für die europäische Forschung, Sonderausgabe Humanressourcen: Keine Forschung ohne Forscher (August 2003) europa.eu.int/comm/research/ (Stand 1.3.2008). Die Europäische Union begutheißt diese Abwehrhaltung gegen unternehmerische Führung von Universitäten nunmehr jedoch nicht mehr und setzte durch, dass die „Universitäten die Notwendigkeit anerkennen, sich mehr Privatmittel zu verschaffen und sich diversifiziertere Finanzierungsquellen (als den Staat) zu sichern“.1313Ibid.

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