Normen
SchPflG 1985 §11 Abs4
SchPflG 1985 §11 Abs4 idF 2021/I/232
SchPflG 1985 §11 Abs6
SchUG ExternistenprüfungsV 1979 §16 Abs1
SchUG 1986 §42
SchUG 1986 §42 Abs1
SchUG 1986 §42 Abs14 idF 2023/I/037
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RO2022100029.J00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bildungsdirektion für Wien ‑ der nunmehrigen Amtsrevisionswerberin ‑ vom 10. August 2022 wurde der Widerspruch der Mitbeteiligten gegen die Entscheidung des Vorsitzenden der Externistenprüfungskommission an einem näher genannten Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium in Wien vom 15. Juli 2022, mit dem der Antrag der Mitbeteiligten vom 8. Juli 2022 auf Zulassung zur Wiederholung der Externistenprüfung aus Physik über die 8. Schulstufe abgewiesen worden war, abgewiesen.
2 Begründend führte die Amtsrevisionswerberin im Wesentlichen aus, gemäß § 42 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) könnten alle Berechtigungen, die mit einem Zeugnis, das aus einem vorangegangenen Schulbesuch resultiere, erlangt werden, auch ohne Schulbesuch durch Absolvieren einer Externistenprüfung erlangt werden. Gemäß § 16 Abs. 1 iVm Abs. 2 Externistenprüfungsverordnung könne ein Kandidat höchstens drei Mal zur Wiederholung der Externistenprüfung und das jeweils mindestens zwei, maximal vier Monate nach der negativen Prüfung zugelassen werden. Im Falle des § 42 SchUG bzw. „den Rechtsgrundlagen zum Externistenwesen allgemein“ handle es sich um „entweder‑oder“‑Bestimmungen; eine Zusammenschau der schulrechtlichen Vorschriften (Hinweis insbesondere auf § 42 Abs. 6 SchUG) ergebe, dass der laufende Schulbesuch (im Revisionsfall:) „auf der 8. Schulstufe, dem Absolvieren von Externistenprüfungen über die 8. Schulstufe, insbesondere in Gegenständen, die im laufenden Schulbesuch unterrichtet werden“, entgegenstehe. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber vorgesehen habe, dass ein schulpflichtiges Kind aus dem nicht erfolgreichen häuslichen Unterricht in die Schule zurückkehren müsse und dann parallel zur Wiederholung der Schulstufe die Externistenprüfung über dieselbe Schulstufe noch bis zu drei Mal bzw. über das gesamte Schuljahr hinweg wiederhole. Schließlich „bliebe die Frage, was mit einer bestandenen Prüfung unterjährig erreicht“ werden könne.
3 Die schulpflichtige Mitbeteiligte habe das Schuljahr 2021/22 im häuslichen Unterricht absolviert und sei zur „Externistenprüfung über die 8. Schulstufe (4. AHS)“ an einer näher genannten Schule zugelassen worden. Am 14. Juni 2022 sei die Prüfung aus Physik mit „Nicht Genügend“ beurteilt und daher entschieden worden, dass die Externistenprüfung über die 8. Schulstufe nicht bestanden worden sei. Die Mitbeteiligte müsse ihre Schulpflicht im Schuljahr 2022/23 durch den Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule absolvieren. Dieses Schuljahr beginne am 5. September 2022. Gemäß § 10 iVm § 16 Externistenprüfungsverordnung wäre der Termin zur Wiederholung der Externistenprüfung daher so zu setzen gewesen, dass er am Beginn des nächsten Schuljahres stattfinde. Mit Beginn des Schuljahres 2022/23 am 5. September 2022 habe die Mitbeteiligte jedoch ihre Schulpflicht bereits durch den Besuch einer Schule iSd § 5 Schulpflichtgesetz (SchPflG) auf der 8. Schulstufe zu absolvieren und könne daher als Schülerin die Externistenprüfung über die 8. Schulstufe nicht wiederholen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28. September 2022 wurde ‑ in Stattgebung der dagegen erhobenen Beschwerde ‑ die Mitbeteiligte gemäß § 42 SchUG iVm § 16 Externistenprüfungsverordnung „zur Wiederholung der negativ beurteilten Externistenprüfung aus Physik (8. Schulstufe AHS)“ zugelassen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig sei.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, da die von der Mitbeteiligten negativ absolvierte Externistenprüfung dem Regelungsregime des § 42 SchUG unterliege (Hinweis auf VwGH 29.5.2020, Ro 2020/10/0007), habe diese nach § 42 Abs. 14 letzter Satz SchUG (gemeint: § 42 Abs. 12 letzter Satz SchUG) „Anspruch auf Zulassung zu einer Wiederholung“. Der Gesetzgeber schließe diesen „eindeutig im Gesetz verankerten Anspruch im übernächsten Absatz (§ 42 Abs. 16 SchUG)“ (gemeint: § 42 Abs. 14 SchUG) auch nicht aus, sondern erkläre „ausdrücklich die Anwendbarkeit der Regelungen des § 42 SchUG zu Externistenprüfungen“ auch auf jene Prüfungen, die zum Nachweis des zureichenden Prüfungserfolges (u.a.) des häuslichen Unterrichtes dienten. Dies bedeute im Ergebnis „die Trennung zwischen dem fristgerecht vorzulegenden Prüfungserfolg iSd § 11 Abs. 4 SchUG [gemeint: SchPflG] auf der einen Seite und dem Anspruch auf Wiederholung der nicht bestandenen Externistenprüfung auf der anderen Seite“. Die Mitbeteiligte habe ihre Schulpflicht im Schuljahr 2022/23 jedenfalls durch Besuch einer der in § 5 SchPflG genannten Schulen ‑ nicht aber durch häuslichen Unterricht ‑ zu erfüllen; zugleich habe sie aber weiterhin Anspruch auf die Wiederholung der negativ bestandenen Externistenprüfung, ohne „dass ein positiver Antritt etwas an der soeben genannten Verpflichtung ändere, die Schulpflicht (Unterrichtspflicht) im Schuljahr 2022/23 jedenfalls durch Besuch einer der in § 5 SchPflG genannten Schulen zu erfüllen“. Der Beschwerde sei dahin stattzugeben gewesen, dass die Mitbeteiligte „grundsätzlich zur Wiederholung der negativ absolvierten Externistenprüfung aus dem Pflichtgegenstand Physik zuzulassen“ gewesen sei.
6 Den Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG begründete das Verwaltungsgericht damit, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zur Frage fehle, „ob ein Anspruch auf Zulassung zu einer Wiederholung auch dann besteht, wenn die geprüfte Schülerin oder der geprüfte Schüler nicht mehr fristgerecht den zureichenden Erfolg des häuslichen Unterrichts nachweisen kann“.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Amtsrevision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde.
8 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor.
9 Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Das Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. Nr. 76/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 96/2022 (SchPflG), lautet auszugsweise:
„C. Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht
Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslicher Unterricht
§ 11. (1) Die allgemeine Schulpflicht kann ‑ unbeschadet des § 12 ‑ auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.
(2) Die allgemeine Schulpflicht kann ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule ‑ ausgenommen die Polytechnische Schule ‑ mindestens gleichwertig ist.
...
(4) Der zureichende Erfolg eines im Abs. 1 oder 2 genannten Unterrichtes ist jährlich zwischen dem 1. Juni und dem Ende des Unterrichtsjahres durch eine Prüfung an einer in § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, soweit auch die Schülerinnen und Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Ergänzend dazu hat bei Teilnahme am häuslichen Unterricht gemäß Abs. 2, ein Reflexionsgespräch über den Leistungsstand bis spätestens zwei Wochen nach Ende der Semesterferien an jener Schule, die bei Untersagung des häuslichen Unterrichts zu besuchen wäre, stattzufinden. Wenn das Kind vor dieser Frist aus dem Sprengel dieser Schule verzogen ist, so hat das Reflexionsgespräch mit der Prüfungskommission gemäß Abs. 5 zu erfolgen.
...
(6) Findet das Reflexionsgespräch gemäß Abs. 4 zweiter Satz nicht statt, wird der Nachweis des zureichenden Erfolges nicht erbracht oder treten Umstände hervor, wodurch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die Teilnahme am häuslichen Unterricht gemäß Abs. 2 dem Besuch einer öffentlichen Schule nicht mindestens gleichwertig ist, so hat die zuständige Behörde anzuordnen, dass das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5 zu erfüllen hat. Treten Umstände hervor, die eine Gefährdung des Kindeswohls befürchten lassen, so sind, wenn nicht gemäß § 78 der Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975 vorzugehen ist, die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung oder die Kinder- und Jugendhilfe zu informieren.“
11 Das Schulunterrichtsgesetz, https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1986_472_0/1986_472_0.pdf in der Fassung https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/I/2021/170 , lautet auszugsweise:
„Externistenprüfungen
§ 42. (1) Die mit dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Schulstufe oder einer Schulart (Form bzw. Fachrichtung einer Schulart) sowie die mit der erfolgreichen Ablegung einer Reifeprüfung, Reife‑ und Diplomprüfung, Diplomprüfung oder Abschlußprüfung verbundenen Berechtigungen können auch ohne vorhergegangenen Schulbesuch durch die erfolgreiche Ablegung einer entsprechenden Externistenprüfung erworben werden.
...
(3) Der zuständige Bundesminister hat durch Verordnung nach den Aufgaben und dem Lehrplan der einzelnen Schularten zu bestimmen, aus welchen Prüfungsgegenständen die Externistenprüfungen im Sinne des Abs. 1 abzulegen sind. Für Externistenprüfungen, die einer Reifeprüfung, Reife- und Diplomprüfung, Diplomprüfung oder Abschlußprüfung entsprechen, ist die Aufteilung der Prüfungsgegenstände auf Zulassungsprüfungen und eine Hauptprüfung vorzusehen; wenn in Verordnungen auf Grund des § 34 Abs. 4 Vorprüfungen vorgesehen sind, sind auch für diese Vorprüfungen Externistenprüfungen vorzusehen. Ferner ist vorzusehen, daß Prüfungskandidaten auf Ansuchen von der Ablegung einer Prüfung aus jenen Unterrichtsgegenständen ganz oder zum Teil zu befreien sind, über die sie ein Zeugnis einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule oder über eine Externistenprüfung vorweisen können, soweit damit der Nachweis der Beherrschung des entsprechenden Prüfungsstoffes gegeben ist.
...
(5) Für die Zulassung zur Ablegung einer Externistenprüfung ist der Vorsitzende der betreffenden Prüfungskommission zuständig.
(6) Grundvoraussetzung für die Zulassung zur Ablegung einer Externistenprüfung ist, daß der Prüfungskandidat zum (ersten) Prüfungstermin nicht jünger ist als ein Schüler bei Absolvierung des betreffenden Bildungsganges ohne Wiederholen oder Überspringen von Schulstufen wäre. Soweit es sich um eine Externistenprüfung handelt, die einer Reifeprüfung, einer Reife‑ und Diplomprüfung, einer Diplomprüfung oder einer Abschlußprüfung entspricht, bezieht sich dieses Alterserfordernis auf den Zeitpunkt der Zulassung zur Hauptprüfung. Hat der Prüfungskandidat vor dem Antritt zur Externistenprüfung eine Schule besucht und eine oder mehrere Stufen dieser Schule nicht erfolgreich abgeschlossen, so darf er zur Externistenprüfung über eine Schulstufe der betreffenden Schulart (Form, Fachrichtung) oder über die Schulart (Form, Fachrichtung) frühestens zwölf Monate nach der zuletzt nicht erfolgreich abgeschlossenen Schulstufe antreten.
...
(12) Wenn ein Prüfungskandidat eine Zulassungs- oder Vorprüfung nicht besteht, ist er von der Prüfungskommission zu einer Wiederholung dieser Prüfung zu einem Termin zuzulassen, der nicht weniger als zwei Monate und nicht mehr als vier Monate später liegt. Wenn der Prüfungskandidat auch die Wiederholung dieser Prüfung nicht besteht, ist er zu einer weiteren Wiederholung dieser Prüfung zuzulassen. Wenn ein Prüfungskandidat die Hauptprüfung oder, wenn eine Unterscheidung in Zulassungs- und Vorprüfungen sowie Hauptprüfungen nicht vorgesehen ist, die Externistenprüfung nicht besteht, ist er von der Prüfungskommission zu einer Wiederholung zuzulassen, auf die § 40 sinngemäß anzuwenden ist.
...
(14) Die Bestimmungen über die Ablegung von Externistenprüfungen gelten auch für die auf Grund der §§ 11 Abs. 4, 13 Abs. 3 und § 22 Abs. 4 des Schulpflichtgesetzes 1985 abzulegenden Prüfungen zum Nachweis des zureichenden Erfolges des Besuches von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht oder häuslichen Unterrichtes sowie des Besuches von im Ausland gelegenen Schulen.
(15) Die näheren Vorschriften über die Externistenprüfungen hat der zuständige Bundesminister auf Grund der vorstehenden Absätze durch Verordnung zu erlassen.“
12 Die Externistenprüfungsverordnung, BGBl. Nr. 362/1979 in der Fassung BGBl. II Nr. 465/2020, lautet auszugsweise:
„Auf Grund des § 42 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 139/1974, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 231/1977 wird verordnet:
Anwendungsbereich
§ 1. (1) Diese Verordnung gilt für
1. Externistenprüfungen über den Lehrstoff einzelner Unterrichtsgegenstände einer oder mehrerer Stufen einer Schulart (Form, Fachrichtung),
2. Externistenprüfungen über einzelne Schulstufen einer Schulart (Form, Fachrichtung),
...
im Bereich der vom Regelungsbereich des Schulunterrichtsgesetzes erfassten Schulen.
...
(3) Die Bestimmungen über die Ablegung von Externistenprüfungen gelten auch für die auf Grund des § 11 Abs. 4, des § 13 Abs. 3 und des § 23 Abs. 2 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76, abzulegenden Prüfungen zum Nachweis des zureichenden Erfolges des Besuches von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht oder häuslichen Unterrichtes sowie des Besuches von im Ausland gelegenen Schulen.
...
Prüfungstermine
§ 10. (1) Die Prüfungstermine für die Externistenprüfungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 bis 3 sowie die Zulassungs- und Vorprüfungen im Rahmen der Externistenprüfungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 sind vom Vorsitzenden der Prüfungskommission festzusetzen. Die Festsetzung hat dem Antrag des Prüfungskandidaten zu entsprechen, sofern Bestimmungen dieser Verordnung nicht entgegenstehen, es sich nicht um schulfreie Tage handelt sowie der Vorsitzende und die Prüfer voraussichtlich zur Verfügung stehen.
...
Wiederholung einer Externistenprüfung
§ 16. (1) Wenn ein Prüfungskandidat eine Externistenprüfung nicht besteht, so ist er von der Prüfungskommission zu einer Wiederholung dieser Prüfung zu einem frühesten Termin zuzulassen, der nicht weniger als zwei Monate und nicht mehr als vier Monate später liegt. Bei der Festlegung des Termines sind auf die bei der Prüfung festgestellten Mängel und die für die Beseitigung dieser Mängel erforderliche Zeit Bedacht zu nehmen. Sofern der neue Termin in die Hauptferien fiele, ist er so festzusetzen, daß er am Beginn des folgenden Schuljahres liegt.
(2) Wenn der Prüfungskandidat auch die Wiederholung nicht besteht, ist er zu höchstens zwei weiteren Wiederholungen zuzulassen. Hinsichtlich der Termine sind die Bestimmungen des Abs. 1 anzuwenden.
...“
13 Die Revision erweist sich aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen als zulässig. Sie ist auch begründet.
14 Im Revisionsfall hat die Mitbeteiligte im Schuljahr 2021/22 ihre Schulpflicht gemäß § 11 Abs. 2 SchPflG durch Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt. Sie war daher gemäß § 11 Abs. 4 erster Satz SchPflG verpflichtet, den zureichenden Erfolg dieses Unterrichtes zwischen dem 1. Juni und dem Ende des Unterrichtsjahres ‑ das hier gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 lit. c Schulzeitgesetz 1985 mit Beginn der Hauptferien endete ‑ durch eine Prüfung an einer in § 5 SchPflG genannten entsprechenden Schule nachzuweisen. Der „Nachweis des zureichenden Erfolges des Unterrichts“ im Sinne des § 11 Abs. 4 SchPflG kann nur durch eine entsprechend den Bestimmungen über die Externistenprüfungen (§ 42 SchUG) ‑ erfolgreich ‑ abgelegte Prüfung erbracht werden (vgl. VwGH 22.12.2022, Ra 2022/10/0190, mit Verweis auf VwGH 29.5.1995, 94/10/0187; 28.4.1997, 97/10/0060 bis 0062; 25.4.2001, 2000/10/0187, VwSlg. 15.600 A; 27.3.2014, 2012/10/0154; 29.5.2020, Ro 2020/10/0007; 9.11.2022, Ra 2022/10/0162, 0163).
15 Ein derartiger Nachweis wurde im Revisionsfall unstrittig nicht erbracht, da die Externistenprüfung über die 8. Schulstufe im Juni 2022 nicht bestanden wurde. Dem SchPflG ist eine Regelung über die Wiederholung dieser Prüfung zum Nachweis des zureichenden Erfolges des Besuches des häuslichen Unterrichtes nicht zu entnehmen. Jedenfalls seit der mit der Novelle des SchPflG BGBl. I Nr. 232/2021 erfolgten Neufassung jenes Zeitraumes, in dem der Nachweis des zureichenden Erfolges des häuslichen Unterrichtes zu erbringen ist („zwischen dem 1. Juni und dem Ende des Unterrichtsjahres“), kann nicht zweifelhaft sein, dass der Gesetzgeber des SchPflG eine derartige Wiederholung nicht vorgesehen hat, zumal eine Wiederholung einer nicht bestandenen Prüfung innerhalb dieses Zeitraumes ‑ auch nach den zeitlichen Vorgaben des § 16 Abs. 1 Externistenprüfungsverordnung ‑ nicht in Betracht kommt. Nach diesen zeitlichen Vorgaben hätte im Revisionsfall ‑ wie von der Amtsrevisionswerberin bereits im Bescheid vom 10. August 2022 ausgeführt ‑ eine Wiederholung der Prüfung vor Beginn des Schuljahres 2022/23 nicht erfolgen können, ergibt sich aus § 16 Abs. 1 Externistenprüfungsverordnung doch, dass der Termin frühestens zwei Monate nach der nicht bestandenen Externistenprüfung anzusetzen ist, sofern der neue Termin aber in die Hauptferien fiele, er so festzusetzen ist, dass er am Beginn des folgenden Schuljahres liegt.
16 Wird der Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 SchPflG nicht erbracht, so schreibt das Gesetz (§ 11 Abs. 6 erster Satz SchPflG) der Schulbehörde zwingend vor, die Anordnung zu treffen, dass das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5 SchPflG, also durch den Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule zu erfüllen hat (vgl. ‑ noch zu § 11 Abs. 4 SchPflG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 232/2021 ‑ VwGH 27.3.2014, 2012/10/0154). Demnach hatte die Mitbeteiligte ihre Schulpflicht im Schuljahr 2022/23 ‑ infolge des Nicht-Bestehens der Prüfung zum Nachweis des zureichenden Erfolges des häuslichen Unterrichtes über die 8. Schulstufe ‑ durch den Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule auf der 8. Schulstufe zu erfüllen. Davon geht auch das Verwaltungsgericht aus. Dass eine ‑ außerhalb des in § 11 Abs. 4 SchPflG genannten Zeitraumes erfolgte ‑ Wiederholung der Prüfung zum Nachweis des zureichenden Erfolges des häuslichen Unterrichtes daran etwas ändern könnte, wird weder vom Verwaltungsgericht noch von der Mitbeteiligten in ihrer Revisionsbeantwortung behauptet.
17 Das Verwaltungsgericht nimmt allerdings den Standpunkt ein, die Mitbeteiligte habe ‑ dessen ungeachtet ‑ allein aufgrund der Bestimmung des § 42 Abs. 12 letzter Satz SchUG „weiterhin Anspruch auf die Wiederholung der negativ bestandenen Externistenprüfung“.
18 Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen:
19 Hatte die Mitbeteiligte ihre Schulpflicht im Schuljahr 2022/23 durch den Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule auf der 8. Schulstufe zu erfüllen, so liegt ‑ mit Beginn dieses Schuljahres ‑ schon keine Konstellation im Sinne des § 42 Abs. 1 SchUG (mehr) vor, in der die mit dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Schulstufe verbundenen Berechtigungen auch ohne vorhergegangenen Schulbesuch durch die erfolgreiche Ablegung einer entsprechenden Externistenprüfung erworben werden kann. Es liegt insofern nämlich ein ‑ im Grunde des § 11 Abs. 6 erster Satz SchPflG zwingend anzuordnender ‑ Schulbesuch auf der 8. Schulstufe vor. Eine gesetzliche Grundlage dafür, dass in einer derartigen Konstellation eine Wiederholung der Externistenprüfung über jene Schulstufe, die gerade besucht wird, als zulässig anzusehen wäre, ist entgegen der Ansicht der Mitbeteiligten für die im Revisionsfall maßgebliche Rechtslage vor der Novelle des SchUG BGBl. I Nr. 37/2023 nicht vorhanden.
20 Vielmehr wurde erst durch die zuletzt genannte Novelle ‑ die, wie ausgeführt, im Revisionsfall noch nicht zur Anwendung gelangt ‑ dem § 42 Abs. 14 SchUG folgender Satz angefügt:
„Externistenprüfungen auf Grund § 11 Abs. 4 des Schulpflichtgesetzes 1985 dürfen nach gemäß § 11 Abs. 6 Schulpflichtgesetz 1985 angeordnetem Schulbesuch bis zum Ende der beiden ersten Wochen des Schuljahres einmal wiederholt werden, wobei die Schülerin oder der Schüler bis zur Ablegung der Prüfung oder Entscheidung über einen Widerspruch gegen die Entscheidung, dass diese Prüfung nicht bestanden wurde, berechtigt ist am Unterricht der nächsthöheren Schulstufe teilzunehmen.“
21 Die Materialien zu dieser Novelle (1956 BlgNR 27. GP , S. 1) führen Folgendes aus:
„Zu Z 1 (§ 42 Abs. 14):
Kindern und Jugendlichen, die wegen mangelnder Leistungen im häuslichen Unterricht am dem jeweils folgenden Schuljahr eine Schule mit gesetzlich geregelter Schulart auf jener Schulstufe, die sich nicht erfolgreich beendet haben, besuchen müssen, sollen die Möglichkeit erhalten mit einer Wiederholungsprüfung bis zu zwei Wochen nach Beginn des Schuljahres darzulegen, dass sie in der Lage sind dem Unterricht in der nächsthöheren Schulstufe zu folgen. Wenn dies gelingt, so sollen sie den verpflichtend angeordneten Schulbesuch in der nächsthöheren Schulstufe beginnen können.“
22 Demnach hat der Gesetzgeber erst mit dieser Novelle die einmalige Wiederholung von Externistenprüfungen auf Grund des § 11 Abs. 4 SchPflG nach gemäß § 11 Abs. 6 SchPflG angeordnetem Schulbesuch bis zum Ende „der beiden ersten Wochen“ des Schuljahres ‑ mit den im Gesetz genannten Rechtswirkungen ‑ vorgesehen. Für die im Revisionsfall anzuwendende Rechtslage vor dieser Novelle fehlt es hingegen an einer gesetzlichen Grundlage für die Wiederholung der im Grunde des § 11 Abs. 4 SchPflG absolvierten, aber nicht bestandenen Prüfung.
23 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
24 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 21. November 2023
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