European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RO2021100002.J00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1.1. Die Mitbeteiligte besuchte im Schuljahr 2019/20 die achte Klasse eines bestimmten Realgymnasiums in I. Sie wurde sowohl im Zeugnis für das Wintersemester 2019 als auch im Zeugnis für das Sommersemester 2020 im Pflichtgegenstand Mathematik mit der Note „Genügend“ beurteilt.
2 Am 28. Mai 2020 trat die Mitbeteiligte im Rahmen der Reifeprüfung im Haupttermin 2019/2020 zur schriftlichen Klausurarbeit im Prüfungsgebiet Mathematik an; die Arbeit wurde mit „Nicht genügend“ beurteilt.
3 Am 23. Juni 2020 entschied die Prüfungskommission, dass die Mitbeteiligte die abschließende Prüfung (Reifeprüfung) nicht bestanden habe, weil sie im Prüfungsgebiet Mathematik (schriftlich) mit „Nicht genügend“ beurteilt worden sei.
4 1.2. Ein gegen diese Entscheidung gemäß § 71 Abs. 2 lit. f Schulunterrichtsgesetz ‑ SchUG erhobener Widerspruch der Mitbeteiligten wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Juli 2020 abgewiesen, wobei die Beurteilung der Klausurprüfung im Prüfungsgebiet Mathematik mit „Nicht genügend“ festgesetzt und ausgesprochen wurde, dass die Mitbeteiligte die Reifeprüfung im Haupttermin 2019/20 an der gegenständlichen Schule nicht bestanden habe.
5 1.3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 17. November 2020 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde der Mitbeteiligten gegen den genannten Bescheid statt und stellte fest, dass diese die Reifeprüfung im Haupttermin 2019/20 an der gegenständlichen Schule bestanden habe; die Revision gegen dieses Erkenntnis wurde zugelassen.
6 Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht ‑ auf das Wesentlichste zusammengefasst ‑ aus, zwar seien die Leistungen der Mitbeteiligten im Sommersemester 2020 im Pflichtgegenstand Mathematik mit „Genügend“ und die bei der Klausurprüfung im Prüfungsgebiet Mathematik im Rahmen der Reifeprüfung erbrachte Leistung mit „Nicht genügend“ zu beurteilen gewesen.
7 Allerdings seien die von der Mitbeteiligten im Wintersemester 2019 im Pflichtgegenstand Mathematik erbrachten Mitarbeitsleistungen ‑ im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde ‑ mindestens mit „Genügend“ zu beurteilen gewesen; dazu tätigte das Verwaltungsgericht (u.a.) eingehende beweiswürdigende Überlegungen zu den von der Mitbeteiligten abgelieferten Hausübungen (vgl. § 4 Abs. 1 lit. b Leistungsbeurteilungsverordnung), von welchen nicht allgemein angenommen werden könne, dass sie nicht eigenständig erarbeitete Leistungen der Mitbeteiligten seien.
8 Unter Einbeziehung der einzigen im Wintersemester 2019 (knapp vor Semesterende) geschriebenen, dreistündigen Schularbeit, welche mit „Befriedigend“ beurteilt worden sei, gelangte das Verwaltungsgericht für das Wintersemester 2019 (näher begründet) zu einer Gesamtbeurteilung mit „Befriedigend“.
9 Unter Anwendung insbesondere des § 10 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung über Vorbereitung und Durchführung abschließender Prüfungen für das Schuljahr 2019/20, BGBl. II Nr. 167/2020, gelangte das Verwaltungsgericht schließlich (näher begründet) zu dem Ergebnis, dass die Mitbeteiligte die Reifeprüfung im Haupttermin 2019/20 bestanden habe. Dabei maß das Verwaltungsgericht insbesondere der von ihm dargelegten Beurteilung der Mitbeteiligten mit „Befriedigend“ im Wintersemester 2019 ein größeres Gewicht zu als deren (im Verfahren unstrittigen) Beurteilung im Sommersemester 2020 mit „Genügend“; dies insbesondere mit Blick darauf, dass im Schuljahr 2019/20 ‑ wegen des pandemiebedingten „Home Schooling“ bzw. „Distance Learning“ im Sommersemester 2020 ‑ das Wintersemester 2019 der Zeitraum gewesen sei, in dem eine umfangreichere und gesichertere und damit bessere Leistungsfeststellung möglich gewesen sei.
10 Die Zulassung der Revision an den Verwaltungsgerichtshof begründete das Verwaltungsgericht damit, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den folgenden Fragen fehle:
„3.3.2.1. Ist es zulässig, alleine aufgrund der Tatsache, dass ein Schüler die im Rahmen der Hausübungen erbrachten Leistungen in der Unterrichtarbeit nicht wiederholen kann und nicht beherrscht, davon auszugehen, dass es sich bei den Hausübungsleistungen um keine eigenständig erbrachten Leistungen des Schülers handeln kann?
3.3.2.2. Ist es korrekt, die Mitarbeitsleistungen eines Schülers mit ‚Nicht genügend‘ zu beurteilen, wenn dieser zwar sämtliche Hausübungen rechtzeitig, vollständig und korrekt erledigt, ansonsten aber keine positiven Mitarbeitsleistungen erzielt hat?
3.3.2.3. Ist es im Schuljahr 2019/20 aufgrund der besonderen, durch die COVID‑19‑Pandemie bedingten Umstände und unter Anwendung der einschlägigen COVID‑19‑Verordnungen zulässig, bei der Beurteilung der während des gesamten Schuljahres erbrachten Leistungen den Leistungen des Wintersemesters 2019 ein größeres Gewicht beizumessen als jenen des Sommersemesters 2020?“
11 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
14 3. Ob die vom Verwaltungsgericht in seiner Zulassungsbegründung formulierten Fragen (vgl. oben Rz 10) grundsätzliche Rechtsfragen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG darstellen, kann aus den folgenden Gründen dahinstehen:
15 Ein Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er andere Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH 15.7.2020, Ro 2019/11/0008, mwN).
16 In der vorliegenden ordentlichen Revision der belangten Behörde werden allerdings keine eigenen Zulässigkeitsausführungen unterbreitet; vielmehr wird zur „Zulässigkeit“ lediglich der Ausspruch des Verwaltungsgerichtes über die Zulassung der Revision als „korrekt“ bezeichnet, „weil die Entscheidung von der Lösung von Rechtsfragen abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt“.
17 Die Zulässigkeit der vorliegenden Revision mit Blick auf Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist somit ausschließlich anhand der vom Verwaltungsgericht in seiner Zulassungsbegründung aufgeworfenen Rechtsfragen zu beurteilen. Auf diese Rechtsfragen kommt allerdings die vorliegende Revision ‑ welche aus anderen Gründen die Auffassung vertritt, das angefochtene Erkenntnis sei rechtswidrig ‑ nicht zurück; die Revisionswerberin legt somit nicht dar, dass die Revision von den der Zulassungsbegründung zugrunde liegenden Rechtsfragen abhängt (vgl. zu diesem Erfordernis etwa VwGH 7.11.2017, Ro 2017/08/0012, oder VwGH 14.3.2019, Ra 2018/20/0387, jeweils mwN).
18 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
19 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 31. März 2021
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