Normen
GGG 1984 §2 Z4
GGG 1984 §25
VwRallg
WFG Stmk 1993 §47 Abs1
WFG 1984 §53
WFG 1984 §53 Abs3
WFG 1984 §53 Abs4
WSG 1984 §42 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RO2018160015.J00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht u.a. die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts Leoben vom 6. November 2017, mit dem der Revisionswerberin und der Bank X für die Eintragung eines Pfandrechts im Grundbuch eine Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 4 GGG sowie eine Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von insgesamt 2.168 € zur ungeteilten Hand vorgeschrieben worden war, ab und erklärte eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig.
2 In der Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin habe mit Eingabe vom 8. März 2017 beim Bezirksgericht Leoben ob einer näher bezeichneten Liegenschaft die Bewilligung der Eintragung eines Pfandrechts iHv 150.000 € samt höchstens 17 % Zinsen, 18 % Verzugszinsen und 18 % Zinseszinsen sowie eine Nebengebührensicherstellung von 30.000 € für die Bank X beantragt. Die Pfandurkunde trage den Vermerk: „Gerichtsgebührenbefreit gemäß § 42 WSG“.
3 Mit Beschluss vom 13. März 2017 sei die begehrte Eintragung antragsgemäß bewilligt und im Grundbuch vollzogen worden.
4 Am 20. März 2017 habe die Revisionswerberin der Kostenbeamtin des Bezirksgerichts Leoben zwei im Wesentlichen gleichlautende, an die Revisionswerberin gerichtete Schreiben des Amts der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Juni 2015 betreffend die Bauvorhaben G‑Straße 7 und 9 in N übermittelt, die auszugsweise wie folgt lauteten:
„[...]
Ggst: Vorinformation zur Förderung im Rahmen der Wohnhaussanierung
[...]
Die Prüfung Ihres Ansuchens hat ergeben, dass folgende Sanierungsmaßnahmen förderungsfähig sind (in Klammer wird die Anzahl der jeweils betroffenen Wohnungen angeführt): Lift (12)
Für diese Arbeiten können Kosten in Höhe von € 120.000,00 vorläufig anerkannt werden.
Vorgesehene Förderung: 15 % nicht rückzahlbarer Annuitätenzuschuss.
Die endgültige förderbare Kostensumme wird nach Fertigstellung der Sanierungsmaßnahmen und Vorlage bzw. Prüfung der bezahlten Rechnungen festgesetzt werden. [...]
Nach Prüfung der Endabrechnung erhalten Sie eine schriftliche Benachrichtigung.
Zur Durchführung der Sanierungsmaßnahmen und Vorlage der bezahlten Rechnungen wird Ihnen eine Frist von zwei Jahren eingeräumt.
Nutzfläche der Wohnung(en) unter 150 m².
[...]“
5 Nach einem Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) der Kostenbeamtin vom 8. September 2017 und einer dagegen mit Schriftsatz vom 26. September 2017 eingebrachten Vorstellung der Revisionswerberin habe die Präsidentin des Landesgerichts Leoben der Revisionswerberin und der Bank X in dieser Grundbuchsache die Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 4 GGG sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von insgesamt 2.168 € zur ungeteilten Hand zur Zahlung vorgeschrieben.
6 In der dagegen erhobenen Beschwerde habe die Revisionswerberin vorgebracht, die Schreiben des Amts der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Juni 2015 seien bei richtiger Auslegung des § 42 Abs. 3 WSG als „Förderungszusage“ anzusehen, weil durch sie die Vorhaben rechtlich verbindlich als gefördert ausgewiesen würden. Das Vorliegen der Förderungsvoraussetzungen sowie die förderbare Summe würden immer erst nach Durchführung der Sanierungsmaßnahmen und deren Finanzierung sowie nach Vorlage und Prüfung der bezahlten Rechnungen festgestellt, sodass die „Vorinformation“ über die vorgesehene Förderung nur vorläufig sein könne. Nach der Prüfung der Endabrechnung erfolge keine förmliche Zusage der Förderung, sondern nur eine schriftliche Benachrichtigung. Das Wort „Förderungszusage“ komme in § 42 Abs. 3 WSG gar nicht vor. Zu dem Zeitpunkt, zu dem das für die Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen notwendige Pfandrecht im Grundbuch eingetragen würde, könne noch gar keine endgültige Förderungssumme errechnet werden, zumal die grundbücherliche Besicherung Voraussetzung für die Auszahlung des Kredits der Revisionswerberin bei der Bank X sei. Stelle sich nachträglich heraus, dass die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt seien, sei die Gebührenbefreiung aufzuheben und die Eintragungsgebühr nachträglich vorzuschreiben.
7 Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, im gegenständlichen Fall sei strittig, ob die Gebührenbefreiung nach § 42 Abs. 3 WSG zum Tragen komme. Es obliege der Partei, die für das Vorliegen der Gebührenbefreiung sprechende Umstände einwandfrei und unter Ausschluss jedes Zweifels darzulegen. Die Zusicherung der Förderung müsse bereits vor der Entstehung der Gebührenpflicht erfolgt sein (Hinweis auf VwGH 11.7.2000, 98/16/0065). Entscheidend sei daher, ob im Zeitpunkt der Eintragung des Pfandrechts im Grundbuch bereits eine Förderungszusicherung erteilt worden sei (Hinweis auf VwGH 16.12.2004, 2004/16/0193).
8 Aus den von der Revisionswerberin vorgelegten Schreiben des Amts der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Juni 2015 gehe nur die grundsätzliche Förderungsfähigkeit des geplanten Lifteinbaus, die vorgesehene Förderung mittels eines Annuitätenzuschusses, sowie die vorläufige Höhe der förderbaren Kosten hervor. Dabei handle es sich aber ausdrücklich um keine endgültige Förderungszusage, sodass die Revisionswerberin die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung nicht dargetan habe.
9 Da der nachträgliche Wegfall einer im Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld gegebenen Voraussetzung einer Gebührenbefreiung keine rückwirkende Auswirkung auf die Zuerkennung der Gebührenbefreiung habe, überzeuge das Argument der Revisionswerberin, wonach die Vorinformation vom 15. Juni 2015 für die Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung nach § 42 Abs. 3 WSG ausreiche, weil bei einem späteren Wegfall der Förderung die Eintragungsgebühr ohnehin nachträglich vorgeschrieben werden könne, nicht.
10 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesverwaltungsgericht für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, in welcher Form eine Förderungszusicherung für die Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung nach § 42 Abs. 3 WSG vorliegen müsse und ob die vorläufige Zusage einer Förderung ausreiche, wenn die endgültige Entscheidung über die Förderung erst nach der Finanzierung und Durchführung der zu fördernden Sicherungsmaßnahmen getroffen werde.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, in der sich die Revisionswerberin in ihrem Recht auf Gebührenbefreiung nach § 42 Abs. 3 WSG verletzt erachtet.
12 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Abweisung der Revision sowie die Zuerkennung von Aufwandersatz beantragte.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
14 Die Revision teilt die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts zur Revisibilität der verfahrensgegenständlichen Rechtsfrage.
15 Die Revision ist zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
16 Nach TP 9 lit. b Z 4 GGG unterliegen Eintragungen im Grundbuch zum Erwerb eines Pfandrechts einer Eintragungsgebühr iHv 1,2% vom Wert des Rechts. Dieser bestimmt sich gemäß § 26 Abs. 5 GGG nach dem Nennbetrag der Forderung einschließlich der Nebengebührensicherstellung.
17 Nach § 25 Abs. 1 GGG ist für die Eintragungsgebühr u.a. derjenige zahlungspflichtig, der den Antrag auf Eintragung stellt (lit. a), sowie derjenige, dem die Eintragung zum Vorteil gereicht (lit. b).
18 Gemäß § 2 Z 4 GGG entsteht der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Gebühren für die Eintragung in die öffentlichen Bücher (abgesehen von im verfahrensgegenständlichen Fall nicht relevanten Ausnahmefällen) mit der Vornahme der Eintragung.
19 Werden Gerichtsgebühren nicht sogleich entrichtet oder ist die Einziehung erfolglos geblieben, sind sie gemäß § 6a Abs. 1 GEG durch Bescheid (Zahlungsauftrag) zu bestimmen. In diesem Fall ist dem Zahlungspflichtigen gleichzeitig eine Einhebungsgebühr iHv 8 € vorzuschreiben.
20 § 42 Abs. 3 Wohnhaussanierungsgesetz (WSG), BGBl. Nr. 483/1984 idF BGBl. Nr. 460/1990 lautet:
„(3) Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlaßt sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnhaussanierung gefördert werden, sind von den Gerichtsgebühren befreit; bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, daß die Nutzfläche 150m² nicht übersteigt.“
21 § 47 Abs. 1 Steiermärkisches Wohnbauförderungsgesetz 1993 (Stmk. WFG 1993), LGBl. Nr. 25/1993, lautet:
„(1) Im Falle der Erledigung im Sinne des Ansuchens ist dem Förderungswerber eine schriftliche Zusicherung (Zusage) zu erteilen. In der Zusicherung, die den Finanzierungsplan oder die Festlegung der Kosten der geförderten Maßnahmen zu enthalten hat, können Bedingungen und Auflagen vorgesehen werden, die der Sicherung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes dienen.“
22 § 1 Abs. 2 Stmk. WFG 1993, LGBl. Nr. 25/1993 idF LGBl. Nr. 75/1998, lautet:
„(2) Auf die Gewährung einer Förderung besteht kein Rechtsanspruch. Mit der Erteilung der Förderungszusicherung erwirbt der Förderungswerber einen im ordentlichen Rechtsweg durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Förderung in der zugesicherten Höhe und Art.“
23 Die in § 42 Abs. 3 WSG normierte Gebührenbefreiung entspricht der des § 53 Abs. 3 Wohnbauförderungsgesetz 1984 (WFG 1984), BGBl. 482/1984 idF BGBl. Nr. 26/2000, mit dem Unterschied, dass anstelle von Wohnhaussanierungen dort Wohnbauförderungsmaßnahmen begünstigt sind und eine Begrenzung der Nutzfläche anders geregelt ist.
24 Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 53 Abs. 3 WFG 1984 wiederholt ausgesprochen hat, ist Voraussetzung für die Gebührenbefreiung, dass im Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch bereits eine Förderungszusicherung erteilt wurde (vgl. etwa VwGH 16.12.2004, 2004/16/0193; VwGH 28.3.1996, 96/16/0039). Maßgeblich ist daher, dass im Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld bereits ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf die Förderung besteht.
25 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vermag nämlich der Umstand, dass ein Bauvorhaben erst nach dem für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Zeitpunkt zu einem geförderten wird, eine einmal entstandene Gebührenschuld nicht mehr zum Erlöschen zu bringen (vgl. etwa VwGH 28.3.1996, 96/16/0039; VwGH 18.11.1993, 93/16/0114).
26 Soweit in der Revision die Ansicht vertreten wird, dass es sich bei den Schreiben des Amts der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Juni 2015 bereits um eine „Zusicherung (Zusage)“ der Förderung iSd § 47 Abs. 1 Stmk. WFG 1993 handle, vermag sich dem der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen.
27 In diesen Schreiben, die ausdrücklich als „Vorinformation zur Förderung“ bezeichnet werden, wird seitens des Amts der Steiermärkischen Landesregierung dargelegt, dass bestimmte Sanierungsmaßnahmen „förderungsfähig“ sind. Ein Rechtsanspruch auf eine Förderung ergibt sich aus diesen Schreiben jedoch weder dem Grunde noch der Höhe nach. Vielmehr wird in den Schreiben ausdrücklich ausgeführt, dass die „endgültig förderbare Kostensumme [...] nach Fertigstellung der Sanierungsmaßnahmen und Vorlage bzw. Prüfung der bezahlten Rechnungen festgesetzt“ und diesbezüglich eine „schriftliche Benachrichtigung“ ergehen werde.
28 Bei diesen Schreiben handelt es sich um bloße Wissenserklärungen, die noch keinen Rechtsanspruch auf eine Förderung gewähren (vgl. zur Unbeachtlichkeit von Wissenserklärungen bereits VwGH 18.11.1993, 93/16/0114, mwN).
29 Soweit die Revisionswerberin (rechtlich unverbindliche) „Erläuterungen für die Förderung der Wohnhaussanierung“ des Amts der Steiermärkischen Landesregierung ins Treffen führt, lässt sich daraus für die Ansicht der Revisionswerberin nichts gewinnen. Vielmehr ergibt sich aus diesen Erläuterungen ‑ wie in der Revision selbst ausgeführt wird ‑, dass bei einem Investitionsvolumen von über 30.000 € mit Kostenvoranschlägen um die Förderung angesucht werden könne, die Bewilligung des Förderungsansuchens aber erst nach Durchführung der Sanierungsmaßnahmen und Vorlage bzw. Prüfung der Rechnungen mit den dazugehörigen Zahlungsbestätigungen erfolge.
30 Dem Bundesverwaltungsgericht ist daher nicht entgegen zu treten, wenn es mangels Vorliegens einer Förderungszusicherung im Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld die Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung des § 42 Abs. 3 WSG als nicht erfüllt angesehen hat.
31 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
32 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 2. Juni 2021
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