Normen
DBAbk USA Gewinnbesteuerung Anteilsveräußerungen 1993
DBAbk USA 1957
DBAbk USA 1998 Art13 Abs6
DBAbk USA 1998 Art13 Abs7
EStG 1988 §27 Abs3
EStG 1988 §4 Abs12
UmgrStG 1991 Art3
UmgrStG 1991 §16 Abs2 Z2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018150017.J00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) brachte der Vater des Mitbeteiligten im Jahr 1993 das von ihm gegründete Einzelunternehmen gemäß Art. III UmgrStG zu Buchwerten in die O GmbH ein. Unter Berücksichtigung des bar einbezahlten Stammkapitals ergaben sich negative Anschaffungskosten der Beteiligung.
2 Ende 2001 übersiedelte der Vater des Mitbeteiligten, der Alleingesellschafter der O GmbH war, unter Aufgabe seines österreichischen Wohnsitzes mit seinem damals noch minderjährigen Sohn, dem nunmehrigen Mitbeteiligten, in die USA. Das Finanzamt wurde im Jänner 2003 vom erfolgten Umzug in die USA und der Aufgabe des Wohnsitzes in Österreich informiert. Eine Wegzugsbesteuerung erfolgte auf Grund der eingeholten Rechtsauskunft des BMF vom 8. November 2002, GZ 04 4982/13‑IV/4/02, (EAS 2119) nicht.
3 Bis 2007 hatte der Vater des Mitbeteiligten seinen ausschließlichen Wohnsitz in den USA. Ab 2005 begann er mit dem Bau eines Hauses in Österreich, für welches er im Jahr 2007 die Benützungsbewilligung erhielt. Ab diesem Zeitpunkt hatten sowohl der Vater als auch der Mitbeteiligte wieder einen Wohnsitz in Österreich, welcher unstrittig auch den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen bildete.
4 Im Jahr 2009 kamen der Vater des Mitbeteiligten und seine amerikanische Ehefrau bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.
5 In der Folge übernahmen der Mitbeteiligte und sein Bruder die Anteile an der O GmbH im Erbweg zu jeweils 50 %. Die Einantwortung erfolgte am 21. Juni 2011.
6 Bereits am 7. Mai 2011 hatten die beiden Brüder die O Holding GmbH gegründet. Auch an dieser Gesellschaft waren sie zu jeweils 50 % beteiligt.
7 Mit Einbringungsvertrag vom 26. Juli 2011 brachten die beiden Gesellschafter ihre Anteile an der O GmbH rückwirkend zum 31. Oktober 2010 gemäß Art. III UmgrStG in die O Holding GmbH ein. Die Beteiligung der O Holding GmbH an der O GmbH wurde in der Unternehmensbilanz mit dem gemeinen Wert in Höhe von 142,288.000 € angesetzt. Die Gegenbuchung erfolgte in der Kapitalrücklage mit demselben Wert. Von dieser Kapitalrücklage wurden 2011 4,801.101,44 € und der Rest im Jahr 2012 über Bilanzgewinn aufgelöst.
8 Im Jahr 2012 nahm die O Holding GmbH gesellschaftsrechtliche Ausschüttungen in Höhe von 4,803.919 € und 2014 solche in Höhe von 5,380.000 € vor, wovon auf den Mitbeteiligten 2012 2,401.959,50 € und 2014 2,690.000 € entfielen. Die GmbH deklarierte die Ausschüttungen in steuerrechtlicher Hinsicht als Einlagenrückzahlungen.
9 Mit Erkenntnis vom 8. April 2014, RV/7102294/2013, hat das BFG diese Ausschüttungen als steuerneutrale Einlagenrückzahlungen beurteilt und einen Haftungsbescheid betreffend Kapitalertragsteuer für Juli 2012 ersatzlos aufgehoben.
10 Nach Durchführung einer Außenprüfung unterwarf das Finanzamt die Einlagenrückzahlungen, soweit sie die Anschaffungskosten der GmbH‑Beteiligungen überstiegen, im Einkommensteuerbescheid 2012 vom 12. März 2015 dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a EStG 1988 von 25 %. Die Rechtsansicht des Mitbeteiligten, wonach im Jahr der Rückkehr des Vaters aus den USA eine steuerneutrale Aufwertung auf den gemeinen Wert vorzunehmen sei, könne nicht geteilt werden. Bereits beim Wegzug sei nämlich festgestanden, dass die Wohnsitzverlegung in die USA nur vorübergehender Natur sein werde. Aus diesem Grunde sei im Jahr 2001 keine Wegzugsbesteuerung vorgenommen worden.
11 Das BMF habe dem seinerzeitigen steuerlichen Vertreter des Vaters über dessen Anfrage mitgeteilt, dass der österreichische Besteuerungsanspruch aufgrund von Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA erst mit Ablauf des Jahres 2010 verloren gehe. Finde bis zu diesem Zeitpunkt keine Veräußerung der Gesellschaftsanteile in den USA statt und kehre der Vater tatsächlich noch vor dem Jahr 2010 nach Österreich zurück, könne im Wegzugsjahr eine Veranlagung unter Nichteinbeziehung des Veräußerungsgewinnes erfolgen. Bei unentgeltlichem Erwerb seien gemäß § 27a Abs. 4 Z 1 EStG 1988 die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers maßgeblich, sodass Einkünfte aus Kapitalvermögen vorlägen, die gemäß § 27a Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988 mit dem festen Steuersatz von 25 % zu besteuern seien.
12 In der dagegen erhobenen Beschwerde wies der Mitbeteiligte darauf hin, dass sein Vater Ende 2001 unter Aufgabe des österreichischen Wohnsitzes in die USA übersiedelt sei. Bei Erstellung der Steuererklärung für das Jahr 2001 sei irrtümlich davon ausgegangen worden, dass keine Wegzugsbesteuerung vorzunehmen sei. Richtigerweise sei von einem Verlust des österreichischen Besteuerungsrechts auszugehen. § 31 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 a.F. habe den Verlust des Besteuerungsrechts dem Tatbestand der Veräußerung subsumiert. Auch ein nur auf bestimmte Zeit angelegter Wegzug in ein anderes Land habe eine Besteuerung ausgelöst. Im Falle seines Vaters sei ein etwaiger späterer Gewinn aus der Veräußerung der Anteile zwar nach § 98 Z 8 EStG 1988 a. F. weiterhin der (beschränkten) Steuerpflicht unterlegen. Im Verhältnis zu den USA sei jedoch die Bestimmung des Art. 13 Abs. 6 DBA‑USA zu beachten, wonach Gewinne aus der Veräußerung von (u.a.) Kapitalanteilen nur in dem Vertragsstaat besteuert werden dürfen, in dem der Veräußerer ansässig ist. Mit dem Umzug des Vaters in die USA habe Österreich daher das Besteuerungsrecht hinsichtlich der stillen Reserven im Anteil an der O GmbH verloren. Es hätte daher beim Vater zu einer Wegzugsbesteuerung kommen müssen. Mit dem Zuzug des Vaters nach Österreich und dem neuerlichen Eintritt in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich sei im Zuzugszeitpunkt eine Aufwertung auf den gemeinen Wert gemäß § 31 Abs. 3 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 bewirkt worden. Dieser habe nach einem dem Finanzamt bereits vorgelegten Fachgutachten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder rund 142,3 Mio. € betragen.
13 Mit Bescheid vom 24. September 2015 wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2014 veranlagt, wobei das Finanzamt die in diesem Jahr an den Mitbeteiligten erfolgte Ausschüttung, die die O Holding GmbH als Einlagenrückzahlung gewertet wissen wollte, unter Verweis auf die Bescheidbegründung des Jahres 2012 gleichfalls mit dem besonderen Steuersatz von 25 % erfasste. Auch dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde.
14 Nach Ergehen abweisender Beschwerdevorentscheidungen entgegnete der Mitbeteiligte in seinem Vorlageantrag den Vorhaltungen des Finanzamtes, wonach es auch in den USA beim Wegzug nach Österreich zu keiner Wegzugsbesteuerung gekommen sei, dass es in den USA aufgrund innerstaatlicher Bestimmungen nur im Falle von „Langzeitansässigen“ (das seien Personen, die innerhalb der letzten 15 Jahre zumindest 8 Jahre in den USA ansässig gewesen seien) zu einer Wegzugsbesteuerung käme. Diese Voraussetzungen hätten weder der Mitbeteiligte noch sein Vater erfüllt.
15 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BFG den Beschwerden Folge und änderte die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2012 und 2014 im Sinne der Beschwerdeausführungen ab.
16 Begründend führte das BFG aus, im Revisionsfall sei primär zu klären, ob der unstrittig im Jahr 2001 erfolgte Wegzug des Rechtsvorgängers des Mitbeteiligten gemäß § 31 Abs. 2 Z 2 erster Satz EStG 1988 in der für dieses Jahr geltenden Fassung zwingend eine Wegzugsbesteuerung zur Folge hätte haben müssen. Diese Bestimmung wertete Maßnahmen des Steuerpflichtigen, die zum Verlust des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten hinsichtlich eines Anteils an einer Körperschaft führten, als Veräußerungsvorgänge mit der Konsequenz einer steuerpflichtigen Realisierung der Wertzuwächse. Ob Besteuerungsrechte verloren gehen, richte sich nach den Vorschriften des EStG und den maßgebenden Normen des anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens.
17 Art. 13 des am 1. Februar 1998 in Kraft getretenen und erstmals bei der Veranlagung 1999 anzuwendenden DBA‑USA weise in seinem als Auffang- und Generalnorm dienenden Abs. 6 das Besteuerungsrecht für Veräußerungsgewinne insoweit dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen zu, als nicht die anderen Absätze dieser Norm eigene, davon abweichende Bestimmungen enthielten. In Abweichung von Art. 13 Abs. 6 DBA‑USA sehe Art. 13 Abs. 7 dieses Abkommens vor, dass bei steuerneutralen Umgründungen durch in den USA ansässige Personen das österreichische Besteuerungsrecht an Gewinnen aus der Veräußerung von Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften bis 2010 aufrecht bleibe. Wie das BMF in der Anfragebeantwortung ausgeführt habe, verlange diese Bestimmung nicht explizit, dass der Eigentümer der Anteile an der österreichischen Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der steuerneutralen Umgründung in den USA ansässig sein müsse. Die Formulierung werde aber aus Sicht des BFG nur bei Einbeziehung ihres Kernzieles verständlich, das in der Sicherung des Besteuerungsrechtes für bisher unversteuert gebliebene stille Reserven liege. Die Notwendigkeit einer solchen Sicherung habe sich aus dem Umstand ergeben, dass das frühere Abkommen mit den USA aus dem Jahr 1956 Österreich ein Besteuerungsrecht von aus einer Beteiligungsveräußerung resultierenden Gewinnen unabhängig von der Ansässigkeit des Anteilseigentümers gewährt habe und deshalb bei in den USA ansässigen Einbringenden bis zum Inkrafttreten des „neuen“ Abkommens mit 1. Februar 1998 kein Aufwertungszwang (im Falle einer Umgründung) bestanden habe. Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA diene somit der notwendigen Schließung einer unerwünschten Steuerlücke (bei Übergang auf das neue Abkommensrecht).
18 Das BFG teile nicht die in der Anfragebeantwortung vertretene Auffassung, dass nach dem Wortlaut des Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA das österreichische Besteuerungsrecht für Gewinne aus Anteilsveräußerungen bis 2010 stets aufrecht bleibe. Wäre dies die Intention der Abkommenspartner gewesen, hätte bei der Formulierung des Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA nicht die Vergangenheitsform gewählt werden dürfen. Nach Ansicht des BFG beschränke sich der Anwendungsbereich des Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA daher auf steuerneutrale Umgründungen, die vor Inkrafttreten des „neuen“ DBA‑USA erfolgt seien. Aber auch die Ansicht, dass aufgrund des Abs. 7 das österreichische Besteuerungsrecht für Gewinne an Anteilsveräußerungen bis 2010 immer dann bestehen bleibe, wenn eine steuerneutrale Umgründung vor Inkrafttreten des „neuen“ DBA erfolgt sei, treffe nicht zu. Dies werde insbesondere bei einem Vergleich des Wortlautes des Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA mit abkommensrechtlichen Bestimmungen deutlich, deren Intention es sei, bei Wohnsitzverlegung das Besteuerungsrecht für Gewinne an Anteilsveräußerungen dem früheren Ansässigkeitsstaat für eine bestimmte Zeitspanne weiterhin zuzugestehen und die diese Absicht im Wortlaut klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, wie dies beispielsweise in den näher dargestellten Formulierungen der von Österreich mit Kanada (Art. 13 Abs. 5 und 6 DBA‑Kanada), den Niederlanden (Art. 14 Abs. 4 und 5 DBA‑NL) oder Großbritannien und Nordirland (Art. 13 Abs. 4 und 5 DBA‑GB) geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen der Fall sei.
19 Aufgrund der Bestimmung des Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA habe Österreich ein Besteuerungsrecht für Gewinne aus Anteilsveräußerungen bis 2010 daher nur dann behalten, wenn die vor Inkrafttreten des „neuen“ DBA‑USA erfolgte steuerneutrale Umgründung einen Auslandsbezug gehabt habe, der mangels einer Einschränkung des Besteuerungsrechts der Republik Österreich im „alten“ Doppelbesteuerungsabkommen eine Buchwerteinbringung nach Umgründungssteuerrecht ermöglicht habe.
20 Im Revisionsfall sei deshalb mit Wegzug des Rechtsvorgängers des Mitbeteiligten nach Art. 13 Abs. 6 DBA‑USA das österreichische Besteuerungsrecht an Gewinnen aus der Veräußerung von Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften verloren gegangen. Aus diesem Grund wäre im Jahr 2001 verpflichtend eine Wegzugsbesteuerung vorzunehmen gewesen, welche wiederum eine Aufwertung gemäß § 31 Abs. 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 2/2001 im Zuzugszeitpunkt zur Folge habe. Die in den Jahren 2012 und 2014 erfolgten Einlagenrückzahlungen hätten daher zur Gänze in den Anschaffungskosten Deckung gefunden und seien deshalb nicht steuerpflichtig.
21 Eine Revision erklärte das BFG für zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob aufgrund des Art. 13 Abs. 7 des am 1. Februar 1998 in Kraft getretenen DBA‑USA das österreichische Besteuerungsrecht für Gewinne aus Anteilsveräußerungen bis 2010 stets aufrecht bleibe, wenn diese Anteile durch steuerneutrale Betriebseinbringungen erworben worden seien oder ob die steuerneutrale Umgründung zwingend einen Auslandsbezug verlangt habe.
22 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision des Finanzamtes. Das BFG legte die Akten vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.
23 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
24 Die Einlagenrückzahlung von Körperschaften gilt gemäß § 4 Abs. 12 EStG 1988 als Veräußerung einer Beteiligung. Ein Veräußerungsgewinn iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988 idF BudBG 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, liegt insoweit vor, als die Einlagenrückgewähr die Höhe der Anschaffungskosten übersteigt (vgl. Kirchmayr in Doralt et al, EStG16, § 27 Tz 155).
25 Strittig ist im Revisionsfall die Höhe der Anschaffungskosten. Während die Abgabenbehörde die historischen Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers des Mitbeteiligten heranziehen will, ist das Bundesfinanzgericht mit dem Mitbeteiligten davon ausgegangen, dass der Einbringung der Gesellschaftsanteile an der O GmbH der höhere gemeine Wert (zum Zeitpunkt des Zuzugs des Vaters) zu Grunde zu legen sei.
26 Die mitbeteiligte Partei hat die Anteile an der O GmbH unbestritten im Erbwege (Einantwortung 21. Juni 2011) erhalten und mit Einbringungsvertrag vom 26. Juli 2011 nach Art. III UmgrStG rückwirkend zum 31. Oktober 2010 in die O Holding GmbH eingebracht.
27 Gemäß § 17 Abs. 1 UmgrStG idF vor dem AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, hat der Einbringende Kapitalanteile, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, mit den nach § 31 EStG 1988 maßgebenden Anschaffungskosten anzusetzen.
28 Nach § 31 Abs. 3 EStG 1988 idF vor dem BudBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, gilt im Falle des Eintritts in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten der gemeine Wert als Anschaffungskosten.
29 Das revisionswerbende Finanzamt vertritt die Ansicht, dass „in dem Fall, dass keine Veräußerung der GmbH‑Anteile in den USA vor dem Jahr 2010 stattfindet und eine Rückkehr nach Österreich noch vor dem Jahr 2010 erfolgt“ (also in der hier vorliegenden Sachverhaltskonstellation), „im Wegzugsjahr eine vorläufige Veranlagung unter Nichteinbeziehung des Veräußerungsgewinnes erfolgen“ könne. Zwar deute der Wortlaut im ersten Satzteil des Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA zunächst darauf hin, dass die Ansässigkeit in den USA zum Zeitpunkt der Einbringung Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung sei. Nach dem Zweck der Bestimmung sei aber die Ansässigkeit des Anteilsinhabers zum Zeitpunkt der Veräußerung maßgeblich, da dieser Vorgang das Besteuerungsrecht Österreichs auslöse, und es sich andernfalls um einen rein innerstaatlichen Vorgang handeln würde. Da in der Übergangsphase (bis 2010) keine Veräußerung stattgefunden habe, könne es durch den vorübergehenden Wegzug aufgrund des Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA erst recht nicht zu einem Verlust des österreichischen Besteuerungsrechts gekommen sein, wenn selbst bei einer Veräußerung das Besteuerungsrecht nicht verloren gehe. Das Besteuerungsrecht wäre lediglich dann verloren gegangen, wenn ab 2011 eine Veräußerung bei einer nicht bis Ende 2010 erfolgten Rückkehr vorgenommen worden wäre, weshalb im vorliegenden Fall die Vornahme einer Wegzugsbesteuerung nicht erforderlich gewesen sei.
30 Im Übrigen argumentiere der Mitbeteiligte inkonsistent, indem er (gemeint der steuerliche Vertreter des Vaters) zunächst eine Rechtsauskunft beim BMF einhole und aufgrund der darin geäußerten vertretbaren Rechtsansicht das Finanzamt veranlasse, von einer Besteuerung anlässlich des Wegzugs in die USA abzusehen, um im Zusammenspiel mit der nunmehr eingetretenen Verjährung des Wegzugsjahres eine doppelte Nichtbesteuerung zu erreichen. Dies widerspreche klar dem Ziel und Zweck des DBA‑USA.
31 Art. 13 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, BGBl. III Nr. 6/1998, lautet auszugsweise:
„...
(6) Gewinne aus der Veräußerung des in den vorstehenden Absätzen nicht genannten Vermögens dürfen nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Veräußerer ansässig ist.
(7) Wurde Vermögen von einer in den Vereinigten Staaten ansässigen Person in eine in Österreich ansässige Gesellschaft in Form einer Einlage eingebracht und erfolgte in Österreich in Anwendung des Umgründungssteuergesetzes keine Besteuerung eines Veräußerungsgewinnes, so bleibt eine spätere Veräußerung der entsprechenden Anteile an der österreichischen Gesellschaft in Österreich bis zum Jahr 2010 steuerpflichtig.“
32 Bringt eine ausländische, nicht in der EU oder bestimmten anderen Staaten ansässige Person Vermögen gemäß Art. III UmgrStG in eine österreichische Kapitalgesellschaft ein, so ist dies gemäß § 16 Abs. 2 Z 2 UmgrStG nur dann unter Buchwertfortführung und sohin ohne Gewinnrealisierung möglich, wenn das Besteuerungsrecht Österreichs hinsichtlich der in den Gesellschaftsanteilen enthaltenen stillen Reserven nicht eingeschränkt ist. Im alten DBA‑USA, BGBl. Nr. 232/1957, fehlte eine dem Art. 13 entsprechende Bestimmung. Wie ein Verständigungsverfahren der Vertragsstaaten ergab, wurde dieser Umstand aus Sicht der Vertragspartner so interpretiert, dass die Vertragsstaaten als Quellenstaaten vertraglich nicht gehindert waren, Gewinne ‑ z.B. aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen ‑ zu besteuern (vgl. VO BGBl. Nr. 878/1993; Loukota, Neues österreichisch‑amerikanisches Doppelbesteuerungsabkommen, SWI 1996, 297).
33 Dies hat bewirkt, dass in den USA ansässige Personen, die inländisches Vermögen (etwa einen österreichischen Betrieb) in österreichische Kapitalgesellschaften gemäß Art. III UmgrStG eingebracht haben, diesen Vorgang steuerneutral bewerkstelligen konnten. Nach dem neuen Abkommen gilt das OECD‑Konzept, demzufolge der Nichtansässigkeitsstaat (Quellenstaat) das Recht verliert, Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen zu besteuern, sodass ab Wirksamwerden des neuen Abkommens entsprechende Umgründungsvorgänge zur Besteuerung der stillen Reserven führen können.
34 Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum DBA (213 BlgNR 20. GP 81) sollen durch Art. 13 Abs. 7 ungerechtfertigte Steuervorteile in Bezug auf Veräußerungsgewinne aus steuerlich begünstigten Umgründungsvorgängen vermieden werden. Erkennbares Ziel dieser Bestimmung ist also, die nach dem alten DBA im Rahmen der steuerneutralen Einbringung nicht erfassten stillen Reserven im Rahmen einer Übergangsfrist bei Veräußerung der Beteiligung in Österreich zu erfassen. Diesbezüglich hat man sich auf eine einfach zu vollziehende, dafür grob vereinfachende Regelung geeinigt, nämlich auf die Steuerhängigkeit derartiger Beteiligungen bis zum Jahr 2010 (vgl. Gröhs, Doppelbesteuerungsabkommen Österreich USA, Art. 13 Tz. 17 f).
35 In der der Revision des Finanzamtes zu Grunde liegenden Anfragebeantwortung des BMF vom 8. November 2002 wurde die Ansicht vertreten, für den Fall, dass keine Veräußerung der GmbH‑Anteile in den USA vor dem Jahr 2010 stattfinde und der Abgabepflichtige noch vor dem Jahr 2010 wieder nach Österreich zurückkehre, könne im Wegzugsjahr eine (vorläufige) Veranlagung unter Nichteinbeziehung des Veräußerungsgewinnes erfolgen. Der Wortlaut des Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA stehe dieser Auslegung nicht entgegen.
36 Folgte man dieser Rechtsansicht, wonach Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA Österreich ein Besteuerungsrecht an Gesellschaftsanteilen bis zum Jahr 2010 auch für den Fall einräumt, dass eine in Österreich ansässige Person Vermögen in eine österreichische Gesellschaft zu Buchwerten eingebracht hat, erscheint es allerdings unverständlich, das Absehen von einer Wegzugsbesteuerung vom Unterbleiben eines Beteiligungsverkaufs bis 2010 abhängig zu machen. Wäre ‑ nach Ansicht des BMF ‑ doch gerade im Fall eines bis 2010 stattgefundenen Beteiligungsverkaufs das österreichische Besteuerungsrecht zum Tragen gekommen.
37 Davon abgesehen, ist dem Bundesfinanzgericht darin zuzustimmen, dass nicht nur ‑ wie bereits oben ausgeführt ‑ Sinn und Zweck der Übergangsbestimmung des Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA, sondern bereits dessen Wortlaut der vom Revisionswerber vertretenen Rechtsansicht entgegensteht. Dies wird umso deutlicher, zieht man zur Auslegung des Art. 13 Abs. 7 DBA‑USA die englische Fassung der Bestimmung heran, welche wie folgt lautet:
„7. Where property was transferred by a resident of the United States to an Austrian company as a capital contribution and, in application of the Austrian Reorganization Tax Act (Umgründungssteuergesetz), no capital gains taxation took place, a subsequent alienation of the respective shares in the Austrian company shall remain taxable in Austria until the year 2010.“
38 (Frühere) steuerneutrale Umgründungen von in Österreich ansässigen Personen werden von der Übergangsbestimmung nicht erfasst. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn das BFG davon ausgegangen ist, dass das Besteuerungsrecht der Republik Österreich an den Anteilen der O GmbH mit dem Wegzug des Rechtsvorgängers des Mitbeteiligten in die USA verloren gegangen ist.
39 Der im Rahmen der Anfragebeantwortung erkennbar als wesentlich erachtete Umstand, dass mit dem neuerlichen Zuzug des Vaters die Kapitalanteile wiederum dem österreichischen Besteuerungsrecht unterliegen, ändert nichts daran, dass die Anschaffungskosten durch den Wiedereintritt in das österreichische Besteuerungsrecht nach anderen Regeln zu ermitteln sind und ‑ wie der Revisionsfall zeigt ‑ eine gravierende Änderung erfahren können. Dem der Anfrage des früheren steuerlichen Vertreters und der Anfragebeantwortung offenbar zu Grunde liegenden Gedanken, im Falle eines nur vorübergehenden Aufenthalts in den USA ohne Veräußerung der Gesellschaftsanteile von einer Wegzugsbesteuerung abzusehen und diesen Wegzug als steuerlich nicht erfolgt zu betrachten ‑ ein Modell, das etwa § 27 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 in der aktuellen Fassung, für bestimmte Fälle eines (vorübergehenden) Wegzugs (innerhalb der EU und bestimmten EWR‑Staaten) vorsieht ‑ fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage, sodass selbst eine diesbezügliche frühere „Vereinbarung“ nicht im Rechtsweg durchsetzbar wäre.
40 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 20. November 2019
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