VwGH Ro 2018/12/0001

VwGHRo 2018/12/000119.2.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör sowie Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der Landespolizeidirektion Wien in 1010 Wien, Schottenring 7-9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Oktober 2017, Zl. W122 2131369-2/8E, betreffend Besoldungsdienstalter (mitbeteiligte Partei: Dipl.Ing. (FH) T M in M, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5), zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §36 Abs2;
GehG 1956 §12 Abs3 idF 2015/065;
GehG 1956 §12 Abs3 idF 2015/I/065;
GehG 1956 §12 Abs3 idF 2016/I/064;
GehG 1956 §12 Abs3 idF 2016/I/64;
GehG 1956 §12 Abs3 Z2 idF 2016/I/064;
GehG 1956 §12 Abs3;
GehG 1956 §12 Abs5 idF 2016/I/064;
GehG 1956 §12 Abs6 idF 2016/I/064;
GehG 1956 §121 Abs1 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018120001.J00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte steht seit 1. Dezember 2015 in einem öffentlich-rechtlichen Exekutivdienstverhältnis zum Bund. Mit Antrag vom 24. Februar 2016 begehrte er die bescheidmäßige Feststellung des Besoldungsdienstalters zum Dienstantritt. Begründend führte er aus, dass ihm aus der Zeit in der Privatwirtschaft kein Monat der insgesamt sieben Jahre und zwei Monate dieser einschlägigen Erwerbstätigkeit angerechnet worden sei.

2 Die belangte Behörde gewährte dem Mitbeteiligten Parteiengehör und hielt in einem Schreiben fest, dass gemäß § 12 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54/1956 (im Folgenden: GehG), folgende Zeiten angerechnet würden: Sechs Monate Grundwehrdienst sowie zwei Jahre Grundausbildung für den Exekutivdienst bei der Landespolizeidirektion (LPD Wien). In seiner Stellungnahme vom 20. Mai 2016 führte der Mitbeteiligte aus, dass seine Tätigkeit in der Dauer von sieben Jahren und zwei Monaten als Spezialist im Bereich der IT und Softwareentwicklung mit einer Vielzahl an Zusatzausbildungen und Auszeichnungen erst durch die beiden erfolgreich abgeschlossenen Studien ermöglicht worden sei. Er habe bei seiner Arbeit fachliche Erfahrungen vermittelt bekommen, die es ihm als Exekutivbediensteten erlaubten, durch die vorhandene Routine und einen sicheren Umgang mit allen Ressourcen und Applikationen einen Arbeitserfolg zu erreichen, wie es Kollegen mit sieben oder mehr Jahren Berufserfahrung manchmal nicht möglich sei. Die Arbeit bei der Polizei sei stark durch die Arbeit mit IT und EDV geprägt, er sei bereits jetzt Ansprechpartner für die Kollegen für Übertretungen in diesem Bereich.

3 Mit Bescheid der LPD Wien vom 13. Juni 2016 wurde ein Besoldungsdienstalter von zwei Jahren und sechs Monaten festgestellt. Begründend führte die Dienstbehörde aus, dass der Mitbeteiligte bei Wegdenken der bloß fachverwandten Tätigkeiten bei seinen früheren Arbeitgebern weder schlechter verwendbar, noch eine längere fachliche Einarbeitung und Einschulung am Arbeitsplatz notwendig gewesen wäre, noch würde er die Aufgaben für einen beachtlichen Zeitraum mangels Routine nur deutlich langsamer oder deutlich fehleranfälliger erfüllen können, zumal die polizeiliche Grundausbildung für alle Bediensteten gleichermaßen dieselben Grundvoraussetzungen schaffe.

4 Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gab der Beschwerde des Mitbeteiligten im ersten Rechtsgang mit Beschluss vom 18. November 2016 Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück. Das BVwG stellte fest, dass aus dem angefochtenen Bescheid nicht ableitbar sei, welche Tätigkeiten der (nunmehr) Mitbeteiligte wie häufig durchzuführen habe, auf deren Ausübungserfolg die Vortätigkeiten denkmöglicherweise Auswirkungen haben könnten. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das BVwG aus, dass die belangte Behörde zu prüfen habe, wie sich die ausgeübten Vortätigkeiten und die dort angeeigneten Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Erfahrungen auf den Exekutivarbeitsplatz auswirkten; die denkmögliche Relevanz von Auswirkungen sei aufgrund der außer Streit gestellten fachlichen Ähnlichkeiten grundsätzlich zu bejahen. Ohne die auszuübenden Tätigkeiten zu nennen, sei die Prüfung eines allfälligen Unterbleibens von Einarbeitungszeiten oder eines Bestehens eines höheren Arbeitserfolges nicht möglich. Um diese Auswirkungen der Vortätigkeiten auf die Exekutivdiensttätigkeit prüfen zu können, sei im fortgesetzten Verfahren zu ermitteln, welche Tätigkeiten der Mitbeteiligte auszuüben habe. Die in der praktischen Ausgestaltung sehr breit gefächerte Exekutivdiensttätigkeit per se sei nicht hinreichend spezifiziert, um den konkreten Anlassfall unter den Tatbestand des § 12 GehG zu subsumieren.

5 Mit Bescheid der LPD Wien vom 13. Februar 2017 wurde nach Gewährung von Parteiengehör zu den Zielen des Arbeitsplatzes als Beamter der Verwendungsgruppe E2b erneut ein Besoldungsdienstalter des Mitbeteiligten von zwei Jahren und sechs Monaten festgestellt.

6 Das BVwG gab einer neuerlichen Beschwerde des Mitbeteiligten mit der nunmehr bekämpften Entscheidung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung teilweise Folge und stellte weitere drei Jahre und sieben Monate als anrechenbare Vordienstzeiten fest.

7 Dabei ging es von folgendem Sachverhalt aus: Der Mitbeteiligte sei am 1. September 2017 in den höheren Dienst der allgemeinen Verwaltung (A1) überstellt worden und werde aktuell im Bereich der Bekämpfung des Cybercrime eingesetzt. Er habe in der Privatwirtschaft in einem fachverwandten Bereich der IT und EDV Vortätigkeiten im Bereich "Software Engineer, Requirements Engineer, Software Architect" sowie als Team- und Projektleiter ausgeübt. Dabei habe er umfassende EDV-Kenntnisse, ausgefeilte Kenntnisse der englischen Sprache in Wort und Schrift, Teamführungskompetenzen, administrative Fähigkeiten und Sachverhaltserhebungskompetenzen erworben. Im Außendienst der Polizei sei er zuständig gewesen für: Durchführung von Aufträgen der Dienstvorgesetzten, der Ausübung polizeilicher Befehls- und Zwangsgewalt, Durchführung des operativen Verkehrs- und Streifendienstes (Lenker- und Fahrzeugkontrollen, Fahndungskontrollen, Personenkontrollen), Mitwirkung an Schwerpunktkontrollen, Teilnahme an Sicherheitsaktionen über internen Auftrag, über Auftrag von Behörden und Ämtern, Objektschutz, Wahrnehmung des großen Sicherheits- und Ordnungsdienstes, Informations-, Ausforschungs- oder Erhebungsdienste sowie Bürgerservice. Im Innendienst sei er für die Ausübung des Parteienverkehrs, die Bearbeitung und Vorlage von Anzeigen, Berichten und Meldungen, Unterstützung in der Einschulungsphase für Polizeischüler, die Wahrnehmung der dem Erhalt eines geordneten Dienstbetriebes dienenden notwendigen administrativen Tätigkeiten, Instandhaltung, Wartung und Pflege des Fuhrparks, der gesamten Einsatzmittel und Ausrüstung sowie der Ausstattung der Dienststelle, Führen von Statistiken, Nachweisen und internen Aufzeichnungen zuständig gewesen.

8 Aufgrund seiner Vortätigkeiten sei der Mitbeteiligte in die Lage versetzt worden, wesentlich schneller und effizienter Einvernahmen durchzuführen sowie Protokolle von Einvernahmen anzufertigen. Er habe mit fremdsprachigen Parteien erheblich besser arbeiten können, da er über professionalisierte Englischkenntnisse mit Verhandlungsfähigkeit verfüge. Ohne die doppelt so hohe Schreibgeschwindigkeit wäre ein wesentlicher Teil der Erledigungen nur deutlich langsamer möglich gewesen. Mit den Englischkenntnissen habe der Mitbeteiligte regelmäßig bei der Beteiligung fremdsprachiger Parteien erwirkt, dass der Sachverhalt rascher und klarer habe festgestellt werden können. In mehreren Einzelfällen habe dies dazu beigetragen, dass schwere Missverständnisse vermieden worden seien; bei Opferbefragungen habe seltener ein Dolmetscher beigezogen werden müssen. Aufgrund der Vorkenntnisse habe der Mitbeteiligte den Erwerb der Fähigkeit, ein polizeiliches Team erfolgreich zu führen, beschleunigt. Er habe mit seinen EDV-Kenntnissen wesentlich dazu beigetragen, dass administrative Abläufe und Personaleinteilungen an der Dienststelle hätten beschleunigt werden können. In manchen Bereichen seien die EDV-Kenntnisse jenen der EDV-Abteilung überlegen gewesen und es habe diese Abteilung seltener eingebunden werden müssen. Es sei daher in den ersten sechs Monaten ein wesentlich höherer Arbeitserfolg zu attestieren. Von insgesamt vierzehn Punkten aus dem Katalog der Tätigkeiten sei der Mitbeteiligte bei sechs Punkten, nämlich den Aufträgen der Dienstvorgesetzten, den Informations-, Ausforschungs- oder Erhebungsdiensten, der Bearbeitung und Vorlage von Anzeigen, Berichten und Meldungen, der Unterstützung für Einschulungsmaßnahmen für Polizeischüler, bei administrativen Tätigkeiten, der Führung von Statistiken, Nachweisen und internen Aufzeichnungen wesentlich erfolgreicher als ohne Vortätigkeit. Dagegen seien die Vortätigkeiten bei der Ausübung polizeilicher Befehls- und Zwangsgewalt, Durchführung des operativen Verkehrs- und Streifendienstes, Mitwirkung an Schwerpunktkontrollen sowie Teilnahme an Sicherheitsaktionen, beim Objektschutz, bei der Wahrnehmung des großen Sicherheits- und Ordnungsdienstes, der Instandhaltung, Wartung und Pflege des Fuhrparks, der Einsatzmittel und Ausrüstung sowie Ausstattung der Dienststelle von unerheblicher Bedeutung gewesen. Bei der Erfüllung des Auftrages, für die Rat und Hilfe suchende Bevölkerung als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen sowie der Ausübung des Parteienverkehrs seien die Vortätigkeiten von einer Bedeutung, die lediglich an die Erheblichkeitsschwelle heranreiche und insgesamt als ein erwähnenswerter Punkt gewertet werden könne, sodass sieben von vierzehn Punkten aus dem Tätigkeitskatalog erreicht würden, wo der Mitbeteiligte einen höheren Arbeitserfolg aufweise. Bei der Hälfte der Tätigkeiten sei daher aufgrund der Vortätigkeiten ein erheblich höherer Arbeitserfolg vorgelegen. Es habe sich nicht nur um Routinetätigkeiten gehandelt.

9 Das BVwG erläuterte seine Beweiswürdigung und führte rechtlich aus, dass festzustellen gewesen sei, welche tatsächlichen Verrichtungen der Mitbeteiligte während der maßgeblichen Vordienstzeit besorgt habe, in welchem Ausmaß dies geschehen sei, welche Kenntnisse und Fähigkeiten erworben worden seien sowie welche tatsächlichen Tätigkeiten er auf dem Dienstposten, auf den er aufgenommen worden sei, zu verrichten gehabt habe, inwieweit der Verwendungserfolg über dem eines Beamten ohne ähnliche Vortätigkeit gelegen sei und ob die Vortätigkeit für den Verwendungserfolg als Beamter ursächlich gewesen sei. Betreffend den Zusammenhang zwischen Vortätigkeit und Tätigkeit des Beamten sei die Rechtslage nicht wesentlich geändert worden. Weiters sei auf die Verwendung des Beamten in den ersten sechs Monaten seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses abzustellen. Es sei unbestritten geblieben, dass ein erheblich erhöhter Arbeitserfolg vorgelegen sei. Die belangte Behörde sei auf dem Standpunkt geblieben, dieser Arbeitserfolg sei nicht durch die Vortätigkeiten des Mitbeteiligten verursacht worden; demgegenüber habe der Mitbeteiligte dargelegt, dass sowohl die im Zuge der Vortätigkeit erworbenen Erfahrungen als auch die Kenntnisse im Gebiet der Computeranwendungen, Menschenführung, Englischkenntnisse und Ausdrucksfähigkeit wesentlich zu seinem Erfolg beigetragen hätten. Der Begriff der "Routine" in § 12 Abs. 3 GehG werde dabei so ausgelegt, dass dies nicht im Sinne von einfachen wiederholenden wenig komplexen Tätigkeiten verstanden werde, sondern im Sinne von Erfahrung, die auch höhere Fähigkeiten und Kenntnisse begründen könne. Der im Gesetzestext angeführte Mehrwert einer Vortätigkeit beziehe sich nicht auf eine Ersparnis an Einarbeitung auf den neuen Arbeitsplatz (Z 1), sondern könne auch ohne erforderliche Einarbeitung durch eine Erfolgserhöhung (Z 2) begründet werden. Dadurch könne sichergestellt bleiben, dass alle Polizeischüler die erforderlichen Voraussetzungen für den ordnungsgemäßen Dienst eines eingeteilten Polizisten erwerben würden. Da sich die erhebliche Erhöhung des Arbeitserfolges auf die Hälfte der Tätigkeiten des Mitbeteiligten bezöge, seien diese zur Hälfte anzurechnen.

10 Weiters sprach das BVwG aus, dass die Revision zulässig sei; dem Inhalt der Zulassungsbegründung nach fehle Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffes der "vorhandenen Routine" in § 12 Abs. 3 GehG.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision der Dienstbehörde. Zur Zulässigkeit wird u.a. ausgeführt, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, welche Zusatzqualifikationen unter den Tatbestand der "vorhandenen Routine" in § 12 Abs. 3 Z 2 GehG als Vordienstzeiten anrechenbar seien, fehle. Eine solche Rechtsprechung fehle auch im Hinblick auf die Frage, wann ein "erheblich höherer Arbeitserfolg" vorliege, der ebenfalls für eine Anrechenbarkeit erforderlich sei. Es liege auch eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, weil für die Beurteilung der Einschlägigkeit nach § 12 Abs. 3 GehG ein Betrachtungszeitraum von sechs Monaten nach der Aufnahme ins Dienstverhältnis ausreichend sei.

12 Die revisionswerbende Partei bringt zu den Revisionsgründen u.a. vor, dass das BVwG bei der Auslegung des Begriffes "erheblich höherer Arbeitserfolg" auf jeden Maßstab verzichte. Die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses sei mangelhaft, bei der mündlichen Verhandlung sei etwa hervorgekommen, dass eingeteilte Polizisten aufgrund der Grundausbildung regelmäßig imstande seien, ihre Anforderungen zu erfüllen. Im Rahmen der Beweiswürdigung werde jedoch nur für wenige Tätigkeiten ein Zusammenhang zwischen der Vortätigkeit und der Übererfüllung der Anforderungen dargelegt; für die Mehrheit der Tätigkeiten eines Exekutivbeamten werde ein solcher Zusammenhang jedoch nicht erörtert, sondern ohne Nachweise festgestellt. Dabei würden Eigenschaften, die in der Person des Mitbeteiligten lägen, auf seine Vortätigkeit zurückgeführt, wobei eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass dieser die Eigenschaften von Natur aus aufweise und nicht erst aufgrund der Tätigkeit im IT-Bereich erworben habe. Kognitive Fähigkeiten (Erfassen komplexer Sachverhalte) stünden in keinem Zusammenhang mit einer spezifischen beruflichen Vorerfahrung, sondern seien vielmehr von der Dienstbehörde bei der Einrichtung und Besetzung des Arbeitsplatzes als allgemeine Anforderungen zu berücksichtigen. Ebenso könnten Softskills (Teamfähigkeit, allgemeine Stressresistenz) bei jeder beliebigen Berufstätigkeit erworben werden bzw. von Natur aus gegeben sein. Ein besonderer Zusammenhang zu einer beruflichen Tätigkeit ließe sich kaum herstellen bzw. wäre allenfalls bei Arbeitsplätzen denkbar, die überwiegend aus Führungsaufgaben bestünden. Darüber hinaus sei die weitere Laufbahn des Mitbeteiligten nicht miteinzubeziehen, sondern nur die ersten sechs Monate des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses. Das BVwG stelle etwa darauf ab, dass der Mitbeteiligte nach sechs Monaten als Gruppenkommandant verwendet worden sei; darüber hinaus würden jene Kompetenzen erörtert, die für die gegenwärtige Verwendung im Cyber-Crime-Bereich einschlägig sein könnten, jedoch im regulären Exekutivdienst keine besondere Bedeutung hätten, sondern nur gelegentlich nützliche Zusatzqualifikationen darstellten. Überdies sei ein "erheblich" höherer Arbeitserfolg gefordert und nicht nur ein "deutlich überdurchschnittlicher", wobei auf die Frage der Erheblichkeit der betreffenden Qualifikationen für den Exekutivdienst nicht weiter eingegangen worden sei. Es sei aus den Ausführungen des BVwG nicht nachvollziehbar, ob es für die Dienstbehörde in einer wahrnehmbaren Form einen Unterschied bei der Besetzung oder der Gestaltung des Arbeitsplatzes mache, ob die mitbeteiligte Partei diesen höheren Erfolg vorweisen könne. Wenn bei Wegdenken der Vortätigkeit die dienstliche Inanspruchnahme in den ersten sechs Monaten im Großen und Ganzen dieselbe gewesen wäre, könne es sich nicht um einen erheblich höheren Arbeitserfolg handeln, weil sich die Vorkenntnisse nur vereinzelt als nützlich erwiesen hätten. Qualifikationen von erheblicher Bedeutung würden regelmäßig bereits in der Ausschreibung des Arbeitsplatzes angeführt. Das BVwG habe keine Gewichtung der polizeilichen Tätigkeit vorgenommen, sondern nur eine schematische Liste erstellt und in der Folge festgestellt, dass die Vortätigkeiten für den Kern der exekutiven Tätigkeit nicht einschlägig seien, jedoch für die administrativen Nebentätigkeiten. Das Bundeskanzleramt bejahe in einem Rundschreiben etwa bei sämtlichen Verwendungen, die mit dem Führen einer Dienstwaffe verbunden seien, die Einschlägigkeit bei Tätigkeiten bei privaten Sicherheitsfirmen nur in Ausnahmefällen, da dort kein ausgeprägt hoheitlicher Charakter vorliege. Aufgaben, die andere Arbeitsplätze beträfen und für die es eigene Einrichtungen gebe (Dolmetscher oder EDV-Abteilung), könnten nicht Gegenstand der Betrachtung sein, sondern allenfalls sogar Fragen zur Verfahrensqualität oder IT-Sicherheit aufwerfen. Der Begriff der "Routine" sei so auszulegen, dass dies bedeute, eine Tätigkeit so häufig wiederkehrend ausgeübt zu haben, dass im Bedarfsfall ohne besondere Beanspruchung des Denkvermögens die weitere Vorgangsweise bekannt sei und ohne besondere Aufmerksamkeit vollzogen werden könne. Für einen nicht schematisch gestalteten Dienstbetrieb wie den Exekutivdienst sei Routine nur eingeschränkt einsetzbar bzw. außerhalb des Dienstbetriebes des hoheitlichen Bereiches kaum erwerbbar. Der Mitbeteiligte habe bei Dienstantritt daher nicht mehr Routine als Exekutivbeamter aufgewiesen als andere Personen nach der polizeilichen Grundausbildung. Die revisionswerbende Partei beantragte die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, hilfsweise die Abweisung des Begehrens des Mitbeteiligten sowie Kostenersatz.

13 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er die Zulässigkeit der Revision bestritt, sowie ausführte, dass das BVwG nach dem VwGVG verpflichtet gewesen sei, eine inhaltliche Entscheidung zu treffen. Es seien nicht nur die ersten sechs Monate des Dienstverhältnisses zu beurteilen. Schreibtischarbeiten seien ein wesentlicher Teil der Exekutivtätigkeit. Es wurde die Zurück- bzw. Abweisung der Revision unter Gewährung von Kostenersatz beantragt.

 

14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15 Im Fall einer Amtsrevision geht es nicht um die Geltendmachung subjektiver Rechte, weshalb in solchen Revisionen das Formerfordernis der Angabe der Revisionspunkte nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG nicht zum Tragen kommt. Die Grenzen des Rechtsstreites werden bei Amtsrevisionen durch die Anfechtungserklärung des Revisionswerbers gezogen.

16 Dabei tritt an die Stelle der Angabe der Revisionspunkte nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG das in § 28 Abs. 2 VwGG enthaltene Gebot der Erklärung über den Umfang der Anfechtung. Diesem Gebot ist bereits dann entsprochen, wenn die Revision die Angabe enthält, dass das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit angefochten werde (vgl. VwGH 26.6.2014, Ra 2014/03/0004, mwH). Da die vorliegende Revision der LPD diese Angabe enthält, erweist sie sich insoweit als zur ordnungsgemäßen Behandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof geeignet.

17 Die Revision ist zulässig, weil zur Auslegung der Begriffe "erheblich höherer Arbeitserfolg" sowie "vorhandene Routine" in § 12 Abs. 3 Z 2 GehG keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

18 Die Revision ist aus folgenden Gründen auch berechtigt:

19 § 12 GehG idF BGBl. I Nr. 64/2016 lautet auszugsweise wie folgt:

"Besoldungsdienstalter

§ 12. (1) Das Besoldungsdienstalter umfasst die Dauer der im Dienstverhältnis verbrachten für die Vorrückung wirksamen Zeiten zuzüglich der Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten.

(2) Als Vordienstzeiten auf das Besoldungsdienstalter

anzurechnen sind die zurückgelegten Zeiten

1. in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft

oder zu einem Gemeindeverband eines Mitgliedstaats des

Europäischen Wirtschaftsraums, der Türkischen Republik oder der

Schweizerischen Eidgenossenschaft;

2. ...

3. ...

(3) Über die in Abs. 2 angeführten Zeiten hinaus sind Zeiten

der Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines

einschlägigen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt

höchstens zehn Jahren als Vordienstzeiten anrechenbar. Eine

Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum ist einschlägig,

insoweit eine fachliche Erfahrung vermittelt wird, durch die

1. eine fachliche Einarbeitung auf dem neuen Arbeitsplatz

überwiegend unterbleiben kann oder

2. ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene

Routine zu erwarten ist.

(4) ...

(5) Die Beamtin oder der Beamte ist bei Dienstantritt von der Dienstbehörde nachweislich über die Bestimmungen zur Anrechnung von Vordienstzeiten zu belehren. Sie oder er hat sodann alle vor Beginn des Dienstverhältnisses zurückgelegten Vordienstzeiten nach Abs. 2 oder 3 mitzuteilen. Die Dienstbehörde hat aufgrund dieser Mitteilung und bei Vorliegen entsprechender Nachweise die Dauer der anrechenbaren Vordienstzeiten festzustellen, um welche die für die Vorrückung wirksame Dienstzeit bei der Ermittlung der Einstufung zu verlängern ist.

(6) Teilt die Beamtin oder der Beamte eine Vordienstzeit nicht innerhalb von drei Monaten nach der gemäß Abs. 5 erfolgten Belehrung mit, ist ein späterer Antrag auf Anrechnung dieser Vordienstzeit unzulässig. Der Nachweis über eine Vordienstzeit ist spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tag der Belehrung zu erbringen. Wird der Nachweis nicht fristgerecht erbracht, ist die Vordienstzeit nicht anrechenbar.

..."

20 Das Besoldungsdienstalter in § 12 GehG wurde durch die Novelle BGBl. I Nr. 32/2015 geschaffen. Im Bericht des Verfassungsausschusses, 457 BlgNR 25. GP , 2, heißt es in Bezug auf die Anrechnungsvoraussetzungen in § 12 Abs. 3 GehG:

"Die Berücksichtigung von Zeiträumen, die auf die besoldungswirksame Zeit weiterhin anrechenbar sind, beschränkt sich auf jene Vordienst-Zeiten (im Ausmaß von maximal zehn Jahren), die eine einschlägige Bedeutung im Hinblick auf die aufzunehmende Tätigkeit im Bundesdienst aufweisen."

21 Die Materialien zu § 12 Abs. 3 GehG, idF BGBl. I Nr. 65/2015, RV 585 BlgNR 25. GP , S 8f, lauten wie folgt:

"Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass die Höchstgrenze von zehn Jahren für die Berufstätigkeit und das Verwaltungspraktikum gemeinsam gilt. Darüber hinaus wird klargestellt, dass die Vordienstzeiten nur teilweise anzurechnen sind, wenn sie nur zum Teil einschlägig sind. Im Übrigen bleiben die Kriterien zur Beurteilung, ob eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum einschlägig ist, im Vergleich zur Stammfassung der Novelle BGBl. I Nr. 32/2015 unverändert:

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