Normen
KAG Slbg 2000 §10a Abs1
KAG Slbg 2000 §12b
KAG Slbg 2000 §12d
KAG Slbg 2000 §12e
KAG Slbg 2000 §14 Abs2 litc
VwGG §42 Abs2 Z1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RO2018110001.J00
Spruch:
Die angefochtenen Erkenntnisse werden jeweils im Umfang ihres Spruchpunktes 1. wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag des Revisionswerbers auf Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
I.
1 1. Mit Bescheid vom 21. März 2016 stellte die belangte Behörde über Antrag der Mitbeteiligten vom 11. Juni 2014 gemäß § 14 Abs. 2 lit. c iVm. § 10a Abs. 1 des Salzburger Krankenanstaltengesetzes 2000 (SKAG) fest, dass durch die Errichtung einer ambulanten Rehabilitationseinrichtung für Bewegungs‑ und Stützapparat und Rheumatologie (BSR) in der Landesklinik S eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Bundesland Salzburg in der Versorgungsregion 52 (insbesondere Pongau) erreicht werden könne und somit ein Bedarf nach diesem Leistungsangebot bestehe. Das Leistungsangebot wurde mit ambulanter Rehabilitation von Patienten mit Erkrankungen des Bewegungs‑ und Stützapparates und/oder Rheumaerkrankungen sowie von Patienten mit hohem Risiko, eine solche Krankheit zu erleiden, umschrieben; es orientiere sich an den vorgegebenen Strukturqualitäten ambulante Erwachsenen‑Rehabilitation (Phase II) Bewegungs‑ und Stützapparat sowie Rheumatologie (BSR) aus dem Rehabilitationsplan 2012. Das Leistungsvolumen wurde mit einem Patientenstrom von ca. 250 Patienten in der Versorgungsregion 52 (Süd) pro Jahr umschrieben.
2 Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers wurde vom Landesverwaltungsgericht Salzburg mit dem erstangefochtenen Erkenntnis unter Spruchpunkt 1. mit der Maßgabe abgewiesen, „als festgestellt wird, dass hinsichtlich neun von insgesamt siebenundzwanzig (aus den Antragsangaben eines Patientenflusses von 250 Personen errechneten) Therapieplätzen der Rehabilitations‑Indikationsgruppe Bewegungs‑ und Stützapparat und Rheumatologie (BSR) eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots in der ambulanten Rehabilitation der Phase II im Einzugsgebiet um den Standort S[...] (wie es im Gutachten der Gesundheit Österreich Forschungs‑ und Planungs GmbH vom 13.7.2017 im Wesentlichen mit einer 45‑Minuten‑Isochrone und der Anführung der in der Zone liegenden Gemeinden festgelegt wurde) erreicht wird. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden achtzehn Therapieplätze ist eine Verbesserung des Versorgungsangebots nicht festzustellen“.
3 Unter Spruchpunkt 2. wurde die Mitbeteiligte verpflichtet, der „Gesundheit Österreich“ die zugesprochenen Gebühren anteilig zu ersetzen.
4 Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei. Dies wurde damit begründet, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur rechtlichen Qualität und Verbindlichkeit der Planungsdokumente Österreichischer Strukturplan Gesundheit, Regionaler Strukturplan Gesundheit und Rehabilitationsplan 2016 fehle, ebenso dazu, ob das Fehlen des Regionalen Strukturplans Gesundheit eine Bedarfsfeststellung im Sinne des §12a Abs. 3 SKAG nicht hindere.
5 Gegen dieses Erkenntnis ‑ und zwar ihrem gesamten Inhalt nach nur gegen dessen Spruchpunkt 1. ‑ richtet sich die zur hg. Zl. Ro 2018/11/0001 protokollierte Revision.
6 2. Mit Bescheid ebenfalls vom 21. März 2016 stellte die belangte Behörde über Antrag der Mitbeteiligten vom 8. Juni 2015 gemäß § 14 Abs. 2 lit. c iVm. § 10a Abs. 1 SKAG fest, dass durch die Errichtung einer ambulanten Rehabilitationseinrichtung für Atmungsorgane (PUL) in der Landesklinik S. eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Bundesland Salzburg in der Versorgungsregion 52 (insbesondere Pongau) erreicht werden könne und somit ein Bedarf nach diesem Leistungsangebot bestehe. Das Leistungsangebot wurde mit ambulanter Rehabilitation von Patienten mit Erkrankungen der Atmungsorgane sowie von Patienten mit hohem Risiko, eine solche Krankheit zu erleiden, umschrieben; es orientiere sich an den vorgegebenen Strukturqualitäten ambulante Erwachsenen‑Rehabilitation (Phase II) Atmungsorgane (PUL) aus dem Rehabilitationsplan 2012. Das Leistungsvolumen wurde mit einem Patientenstrom von ca. 450 Patienten in der Versorgungsregion 52 (Süd) pro Jahr umschrieben.
7 Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers wurde vom Landesverwaltungsgericht Salzburg mit dem zweitangefochtenen Erkenntnis unter Spruchpunkt 1. mit der Maßgabe abgewiesen, „als festgestellt wird, dass hinsichtlich zwei von insgesamt neunundvierzig (aus den Antragsangaben eines Patientenflusses von 450 Personen errechneten) Therapieplätzen der Rehabilitations‑Indikationsgruppe Atmungsorgane (PUL) eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots in der ambulanten Rehabilitation der Phase II im Einzugsgebiet um den Standort S[...] (wie es im Gutachten der Gesundheit Österreich Forschungs‑ und Planungs GmbH vom 13.7.2017 im Wesentlichen mit einer 45‑Minuten‑Isochrone und der Anführung der in der Zone liegenden Gemeinden festgelegt wurde) erreicht wird. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden siebenundvierzig Therapieplätze ist eine Verbesserung des Versorgungsangebots nicht festzustellen“.
8 Unter Spruchpunkt 2. wurde die Mitbeteiligte verpflichtet, der „Gesundheit Österreich“ die zugesprochenen Gebühren anteilig zu ersetzen.
9 Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei. Dies wurde damit begründet, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur rechtlichen Qualität und Verbindlichkeit der Planungsdokumente Österreichischer Strukturplan Gesundheit, Regionaler Strukturplan Gesundheit und Rehabilitationsplan 2016 fehle, ebenso dazu, ob das Fehlen des Regionalen Strukturplans Gesundheit eine Bedarfsfeststellung im Sinne des §12a Abs. 3 SKAG nicht hindere.
10 Gegen dieses Erkenntnis ‑ und zwar ihrem gesamten Inhalt nach nur gegen dessen Spruchpunkt 1. ‑ richtet sich die zur hg. Zl. Ro 2018/11/0002 protokollierte Revision.
11 3. Die Mitbeteiligte erstattete jeweils eine Revisionsbeantwortung, die belangte Behörde nahm jeweils von der Erstattung einer solchen Abstand.
II.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die aufgrund ihres rechtlichen, sachlichen und persönlichen Zusammenhang zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Revisionen in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 gebildeten Senat erwogen:
13 1. Die Revisionslegitimation des Revisionswerbers ergibt sich aus Art. 133 Abs. 8 B‑VG iVm. § 12c Abs. 1 Z 2 und § 12e Abs. 1 dritter Satz SKAG (vgl. VwGH 4.4.2019, Ro 2017/11/0017).
14 Die Revisionen sind aus den in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts angegebenen Gründen zulässig.
15 2. Die Revisionen sind bereits aus folgenden Erwägungen begründet:
16 2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 4. April 2019, Ro 2017/11/0017, betreffend eine Vorabfeststellung des Bedarfs nach einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für physikalische Medizin Folgendes ausgeführt:
„22 Gemäß § 12e Abs. 1 erster Satz SKAG kann auf Antrag die wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes durch das selbstständige Ambulatorium vor der Beantragung der Errichtungsbewilligung festgestellt werden. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung (Verweis auf § 12b Z 1 und 2 leg. cit.) hat der Antrag zu diesem Zweck insbesondere die genaue Angabe des beabsichtigten Anstaltszweckes und Leistungsangebotes (Leistungsspektrum, Leistungsvolumen) der Krankenanstalt sowie den geplanten Standort zu enthalten.
23 Für die Vorabfeststellung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes erfolgt (mit anderen Worten: ob ein Bedarf vorliegt; vgl. etwa VwGH 2.4.2014, 2013/11/0078, Pkt. 2.2.1) ist somit das im Antrag umschriebene Projekt maßgeblich, mit dem die Sache des Verfahrens abgesteckt wird (vgl. VwGH 15.12.2017, Ra 2017/11/0018), wobei dieses Projekt insbesondere durch den beabsichtigten Standort und das geplante Leistungsangebot der Krankenanstalt definiert ist (§ 12b SKAG).
24 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 16.12.2008, 2006/11/0093, nicht zuletzt mit Verweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis VfGH 7.3.1992, Slg. Nr. 13023), zur Krankenanstalt ausgeführt hat, sind vom Begriff ‚Anstalten‘ Einrichtungen, in denen Sachwerte und persönliche Dienstleistungen bestimmter Art zu einer ‚organisatorischen Einheit‘ zusammengefasst und in dieser Gestaltung dauernd der Erfüllung bestimmter Aufgaben gewidmet sind, zu verstehen.
25 Aus dem Gesagten folgt, dass durch das Projekt des Antragstellers die Sache des krankenanstaltenrechtlichen Verfahrens (betreffend Errichtungsgenehmigung oder, wie gegenständlich, betreffend die Vorabfeststellung des Bedarfs) abgesteckt und - weil es sich dabei um eine Einheit handelt - der Spruchumfang der darüber zu ergehenden Entscheidung vorgegeben wird. Der Spruch hat somit über die (gesamte) beantragte Krankenanstalt als Einheit abzusprechen und sich daher auf das (gesamte) beantragte Leistungsangebot zu beziehen, sodass dem Antrag auf Errichtungsbewilligung (allenfalls unter Auflagen und Bedingungen; § 12d SKAG) bzw. dem Feststellungsantrag entweder stattzugeben oder dieser Antrag abzuweisen (allenfalls zurückzuweisen) ist.
26 In diesem Sinne stellt der Gesetzeswortlaut (§ 12a Abs. 1 lit. a und § 12e Abs. 1 und 2 SKAG) ausdrücklich darauf ab, ob ‚durch das selbständige Ambulatorium‘ (und nicht bloß durch einzelne Leistungsangebote desselben) im Falle seiner Errichtung und Inbetriebnahme eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes herbeigeführt wird.
27 Der Genehmigung bzw. Feststellung des Bedarfs nur einzelner Leistungsangebote einer geplanten Krankenanstalt steht somit die Einheit derselben entgegen. Angesichts des organisatorischen, wirtschaftlichen und regelmäßig auch fachlichmedizinischen Zusammenhanges des im Antrag angeführten Leistungsangebotes (fallbezogen ist auf die im gegenständlichen Antrag genannten ‚Synergien‘ der Therapieplätze zu verweisen) würde eine Teilstattgabe bzw. Teilabweisung eines solchen Antrages im Ergebnis zu einer unzulässigen Abänderung des Projekts durch die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht führen.
28 So sind etwa auch gewerbliche Betriebsanlagen nach ständiger hg. Rechtsprechung als die Gesamtheit jener Einrichtungen zu verstehen, die dem Zweck des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind und in einem örtlichen Zusammenhang stehen. Nicht die einzelnen Maschinen, Geräte oder die beim Betrieb vorkommenden Tätigkeiten bilden den Gegenstand der behördlichen Genehmigung, sondern die gesamte Betriebsanlage, die eine Einheit darstellt. Einrichtungen, die in einem sachlichen (betrieblichen) und örtlichen Zusammenhang stehen, zählen zu dieser Betriebsanlage und können, weil die GewO 1994 nicht vorsieht, dass für eine Betriebsanlage Genehmigungen mehrfach nebeneinander erteilt werden können, nicht ‚abgesondert‘ genehmigt werden (vgl. etwa VwGH 14.11.2007, 2005/04/0300).
29 Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass angesichts der Einheit des in Rede stehenden Ambulatoriums und folglich angesichts der Untrennbarkeit des zugehörigen Leistungsangebotes die Behörde (bzw. im Beschwerdeverfahren das Verwaltungsgericht) über die ganze Sache, also über das Bestehen des Bedarfs hinsichtlich des geplanten Ambulatoriums (seines gesamten Leistungsangebotes) abzusprechen hatte. ...
...“
17 2.2. Für die Revisionsfälle ergibt sich aus dieser Judikatur Folgendes:
18 Die belangte Behörde hat in ihren Bescheiden vom 21. März 2016 den Bedarf nach den beiden in Rede stehenden Ambulatorien im Umfang des von der Mitbeteiligten beantragten Leistungsangebots festgestellt. Diese Bedarfsfeststellungen hinsichtlich des beantragten Leistungsumfangs waren Gegenstand der beiden Beschwerdeverfahren. Eine nachträgliche Einschränkung des Leistungsangebots durch die Mitbeteiligte und eine damit verbundene Antragsänderung ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich. Dem Verwaltungsgericht war es daher verwehrt, angesichts der Einheit der in Rede stehenden Ambulatorien und folglich angesichts der Untrennbarkeit des zugehörigen Leistungsangebots (vgl. VwGH 4.4.2019, Ro 2017/11/0017) getrennt über Teile des Leistungsangebots abzusprechen und ‑ wie in den angefochtenen Erkenntnissen ausgesprochen ‑ den Bedarf nach Teilen des Leistungsangebots zu bejahen sowie hinsichtlich der übrigen Teile des Leistungsangebots zu verneinen.
19 2.3. Wegen der sich bereits daraus ergebenden Rechtswidrigkeit der angefochtenen Erkenntnisse (vgl. erneut VwGH 4.4.2019, Ro 2017/11/0017) waren diese jeweils im Umfang ihres Spruchpunktes 1. gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
20 2.4. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
21 3. Der Antrag auf Aufwandersatz war, weil die Revisionen nach den bisherigen Ausführungen auf Art. 133 Abs. 8 B‑VG beruhen, jeweils gemäß § 47 Abs. 4 VwGG abzuweisen.
Wien, am 9. März 2022
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