VwGH Ro 2017/10/0019

VwGHRo 2017/10/001930.1.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, den Hofrat Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, BSc, über die Revision der S K in D, vertreten durch Mag. Daniela Neuhuber, Rechtsanwältin in 2225 Zistersdorf, Hauptstraße 25, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 21. Dezember 2016, Zl. LVwG-AV-751/001-2016, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MSG NÖ 2010 §10 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2017100019.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. Dezember 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juni 2016, mit dem der Revisionswerberin von 25. April bis 30. September 2016 Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes in bestimmter Höhe zuerkannt worden waren, ab.

2 Dabei ging das Verwaltungsgericht im Wesentlichen davon aus, dass die Revisionswerberin ein Wohnhaus bewohne, das sie mit Kaufvertrag vom 14. April 2015 unter Eigentumsvorbehalt der Verkäuferin bis zur vollständigen Tilgung des vereinbarten Kaufpreises, der laut Kaufvertrag in monatlichen Raten in der Höhe von EUR 230,-- zu begleichen wäre, erworben habe. Durch den vereinbarten Eigentumsvorbehalt habe die Revisionswerberin vor Zahlung der letzten Rate kein Eigentum am Grundstück samt Gebäude erworben. Die monatlichen Raten seien nicht als Miete zu betrachten, sondern dienten als Kaufpreisraten dem Eigentumserwerb, weshalb sie auch nicht im Rahmen des § 10 Abs. 3 NÖ Mindestsicherungsgesetz (NÖ MSG) als regelmäßig wiederkehrender Mietaufwand geltend gemacht werden könnten. Die allgemeinen Betriebskosten seien dagegen vom Wohnbedarf jedenfalls umfasst, weil weder § 10 Abs. 3 NÖ MSG noch § 1 Abs. 2 der NÖ Mindeststandardverordnung (NÖ MSV) diesbezüglich an das Bewohnen einer Mietwohnung anknüpften. Für die Bemessung der Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfes der allein lebenden Revisionswerberin sei der Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 NÖ MSV maßgebend, weil sie infolge des Eigentumsvorbehalts, der einen Eigentumserwerb erst nach der letzten Ratenleistung vorsehe, nicht in einem Eigenheim wohne. Da aber die tatsächlichen Wohnkosten (hier: die laufenden Betriebskosten) lediglich EUR 42,89 ausmachten, sei der konkrete Mindeststandard auf diesen Betrag zu reduzieren.

3 Die ordentliche Revision ließ das Verwaltungsgericht mit der Begründung zu, dass eine Rechtsprechung zum Thema "Eigentumserwerb einer unbeweglichen Sache unter Eigentumsvorbehalt im Rahmen eines Antrages auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung" fehle. Da die Wohnform der Revisionswerberin weder unter Eigentum noch unter Miete iSd NÖ MSG falle, komme der Lösung dieser Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, welche das Verwaltungsgericht samt den Verfahrensakten und einer seitens der belangten Behörde verfassten Revisionsbeantwortung vorgelegt hat.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt (vgl. VwGH 22.2.2017, Ro 2016/10/0009, mwN). Ein Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 16.12.2015, Ro 2014/10/0125, mwN).

9 In der Revision wird die allgemein gehaltene, keine konkrete Rechtsfrage aufwerfende, Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes fallbezogen insofern näher ausgeführt, als der Revisionswerberin zu Unrecht die Mindestsicherung in voller Höhe verwehrt worden sei, weil sie als Nichteigentümerin der Liegenschaft samt Haus weder über verwertbares Vermögen verfüge noch in einem Eigenheim lebe, weshalb - über die laufenden Betriebskosten hinaus - auch der "monatliche Aufwand für das Bewohnen des Hauses" zu berücksichtigen sei. Damit macht die Revisionswerberin implizit geltend, die von ihr zu leistenden monatlichen Raten seien als Wohnaufwand zu berücksichtigen.

10 Gemäß § 10 Abs. 3 NÖ MSG umfassen Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfes den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und wohnbezogene Abgaben.

11 Ausgehend von dem unstrittigen Sachverhalt, wonach die Revisionswerberin nicht Eigentümerin des von ihr bewohnten Hauses ist, dieses aber unter Eigentumsvorbehalt der Verkäuferin gekauft hat und den dafür vereinbarten Kaufpreis in monatlichen Raten entrichtet, ging das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem klaren Wortlaut des § 10 Abs. 3 NÖ MSG davon aus, dass die von der Revisionswerberin monatlich geleisteten Kaufpreisraten, weil sie der Begleichung des vereinbarten Kaufpreises dienen, gerade keinen "Aufwand für Miete" im Sinne dieser Gesetzesbestimmung darstellen (vgl. zu ähnlichen Sachverhalten VwGH 30.9.2015, 2012/10/0067, wonach Kreditrückzahlungen keinen Wohnungsaufwand gemäß § 10 Abs. 3 NÖ MSG darstellen; vgl. zu dem ebenfalls auf Mietkosten abstellenden § 6 Abs. 1 des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes VwGH 24.6.2015, Ro 2014/10/0103, wonach Kreditrückzahlungen, auch wenn der Kredit für die Wohnungsbeschaffung aufgenommen wurde, nicht durch Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfs abzugelten ist). Damit handelt es sich bei Kaufpreisratenzahlungen um keinen Wohnaufwand iSd § 10 Abs. 3 NÖ MSG, sodass das Verwaltungsgericht diese zu Recht nicht als Wohnaufwand berücksichtigt hat.

12 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nicht vor, wenn - wie im gegenständlichen Fall - die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist (VwGH 19.6.2018, Ro 2016/06/0011).

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. Jänner 2019

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