VwGH Ro 2017/07/0022

VwGHRo 2017/07/002224.5.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision 1. des Dr. C F, 2. der E F, und 3. der N KG, alle in S und alle vertreten durch die Berger Daichendt Grobovschek Rechtsanwälte OG in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 26. April 2017, Zl. 405- 1/107/1/23-2017, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg; mitbeteiligte Partei: A GmbH in S, vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017070022.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 10. August 2016 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Bauwasserhaltung während der Bauphase, die Versickerung von Oberflächenwässern nach Abschluss der Bauphase und die Errichtung einer Tiefgarage auf GrSt. Nr. 1977/3, KG S., u.a. nach Maßgabe des eingereichten Projektes und der in der Verhandlungsschrift vom 9. August 2016 enthaltenen Beschreibung durch den wasserbautechnischen, geologischen und hydrografischen Amtssachverständigen unter Vorschreibung von Auflagen und Fristen erteilt.

2 Aus wasserbautechnischer Sicht wurde folgende Auflage 8 vorgeschrieben:

"Im Zuge der Errichtung ist nach Freilegen der Aushubsohle für die jeweilige Sickeranlage der anstehende Boden fotographisch zu dokumentieren und von einem fachkundigen und befugten Geologen im Hinblick auf die projektierte Sickanlage anzusprechen und zu überprüfen. Diese Beurteilung ist schriftlich festzuhalten. Es ist weiters jeweils mind. 1 repräsentativer Sickerversuch (Auffüllversuch mit konstantem sowie fallenden Wasserspiegel, feuchter Boden) für jede Sickeranlage durchzuführen und das Ergebnis mit den im Projekt der Dimensionierung der Sickeranlagen zu Grunde gelegten Kennwerten und Randbedingungen zu vergleichen und allfälligen Abweichungen aufzuzeigen und geologisch fachkundig auf denkbare Auswirkungen zu interpretieren."

3 Gegen diesen Bescheid erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht.

4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien als unbegründet abgewiesen und die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt.

5 Hinsichtlich der von den revisionswerbenden Parteien befürchteten Beeinträchtigung des Baumbestandes ging das Landesverwaltungsgericht in seinen Begründungsausführungen entgegen der Ansicht der mitbeteiligten Partei davon aus, dass es sich hiebei um eine "subjektiv-öffentliche Einwendung" handle, weil der Baumbestand als Teil der Liegenschaft und Teil des Grundeigentums zu qualifizieren sei. Damit sei von bestehenden Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 auszugehen. Die Bäume befänden sich im Eigentum der revisionswerbenden Parteien und seien durch das Wurzelwerk mit der Grundfläche verbunden. Projektsgemäß erfolge jedoch kein direkter Eingriff in den geschützten Baumbestand auf den Grundstücken der revisionswerbenden Parteien.

6 Von den revisionswerbenden Parteien werde befürchtet, dass die Versickerungsflächen auf Grund falsch angenommener Versickerungswerte unzureichend dimensioniert seien. Die revisionswerbenden Parteien hätten dazu eigene Untersuchungen und würden durch die daraus erzielten Ergebnisse ihre Befürchtungen bestätigt sehen. In der mündlichen Verhandlung - so führte das Landesverwaltungsgericht begründend weiter aus - habe aber seitens des beigezogenen geologischen Amtssachverständigen festgestellt werden können, dass im Projekt vom 29. Juni 2015 die ganze Bandbreite der Durchlässigkeiten angeführt werde und die Salzachkiese mit dem charakteristischen Durchlässigkeitsbeiwert belegt worden seien. Diese Grundlage sei in den verschiedenen Modellierungen beachtet und auch den Sickeranlagen zu Grunde gelegt worden. Damit sei gewährleistet, dass bei Anschluss der Sickeranlagen an die Salzachkiese auch die dem Projekt zu Grunde liegenden Sickerleistungen erreicht werden könnten. Auch hier sei durch eine Überwachung seitens einer Bauaufsicht die Funktionstüchtigkeit zu gewährleisten. Beispielsweise könne so ein Anschluss des Sickerkoffers an schlecht durchlässige Sande verhindert werden, welche gemäß den Vorerkundungen linsenartig bis 8m Tiefe auftreten könnten.

7 Auch Sicht der Amtssachverständigen lägen somit ausreichende Ergebnisse zur Bodendurchlässigkeit vor. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes seien keine weiteren Erhebungen notwendig. Aus diesen Gründen sei daher auch dem Beweisantrag, ergänzende Messungen der Versickerungswerte im Bereich der vorgesehenen Versickerungsanlage durchzuführen, keine Folge zu geben gewesen. Durch die Beiziehung einer geologischen Bauaufsicht werde weiters sichergestellt, dass die im Projekt zu Grunde gelegte Sickerleistung auch erreicht werde.

8 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Landesverwaltungsgericht wie folgt:

"Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision zulässig, da eine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und spezielle Rechtsprechung dahingehend fehlt, ob § 12 Abs 2 WRG auch das Eigentum an Bäumen, welche sich am Nachbargrundstück befinden, schützt."

9 Dagegen richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

10 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragt, der Revision unter Ersatz der "gesetzmäßigen Aufwendungen" keine Folge zu geben.

11 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

13 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden.

14 Auf eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht bei der Zulassung der ordentlichen Revision als grundsätzlich angesehen hat, ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht einzugehen, wenn diese Rechtsfrage in der Revision nicht angesprochen wird (vgl. VwGH 28.4.2016, Ro 2014/07/0093, mwN).

15 In ihren Revisionsausführungen treten die revisionswerbenden Parteien der Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichtes, wonach § 12 Abs. 2 WRG 1959 auch das Eigentum an Bäumen schützt, welche sich auf dem Nachbargrundstück der revisionswerbenden Parteien befinden, implizit bei. Eine Bestreitung dieser Auslegung des § 12 Abs. 2 WRG 1959 erfolgt durch die revisionswerbenden Parteien nicht.

16 Vor diesem Hintergrund erweist sich daher die ordentliche Revision als unzulässig (vgl. VwGH 19.2.2018, Ro 2018/07/0001, mwN).

17 Der Verwaltungsgerichtshof kann auch eine (ordentliche) Revision annehmen, die von einer anderen als der in der Zulässigkeitsbegründung des Landesverwaltungsgerichtes in der Revision angesprochenen, grundsätzlichen Rechtsfrage abhängt (VwGH 27.4.2017, Ro 2017/07/0007, mwN). In einem solchen Fall ist von der revisionswerbenden Partei auf die vorliegende Rechtssache bezogen bezüglich jeder von ihr - über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes hinaus - als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierten Rechtsfrage konkret (unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in einer Entscheidung über die Revision als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte, von der die Lösung der Revision abhängt (VwGH 31.3.2016, Ro 2016/07/0002, mwN).

18 In diesem Zusammenhang bringen die revisionswerbenden Parteien in ihren Zulässigkeitsausführungen vor, das Landesverwaltungsgericht habe ihren Beweisantrag auf Feststellung der tatsächlichen Bodendurchlässigkeiten im Bereich der Versickerungsanlagen mit der Begründung abgewiesen, dass von der erstinstanzlichen Behörde ohnehin die Auflage erteilt worden sei, im Zuge der Errichtung der Versickerungsanlage entsprechende Versickerungversuche durchzuführen und allfällige Abweichungen dann fachkundig zu interpretieren. Daraus habe das Landesverwaltungsgericht abgeleitet, dass damit die Rechte der Nachbarn hinreichend gesichert und eine diesbezügliche Beweisaufnahme vor Bescheiderlassung nicht erforderlich wäre.

19 Danach begründen die revisionswerbenden Parteien die Zulässigkeit der Revision wie folgt:

"Die Entscheidung über die subjektiv-öffentlichen Rechte der Revisionswerber in dieser Sache ist somit auch von der weiteren Rechtsfrage abhängig, ob Tatsachenfeststellungen, welche für die Wahrung der subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn entscheidend sind und deren Erhebung auch bereits im Ermittlungsverfahren möglich wäre, nach der Bestimmung des § 56 AVG nicht bereits im Ermittlungsverfahren vorzunehmen sind oder ob deren Feststellung auch durch eine Auflage nach Bescheiderlassung im Stadium der Projektausführung erfolgen kann, in welchem den Nachbarn, deren subjektiv-öffentlichen Rechte mit der erteilten Auflage mitgeschützt werden sollen, keine Parteistellung und Mitwirkungs- und Einwendungsmöglichkeit zu den festgestellten Tatsachen mehr haben."

20 Das Landesverwaltungsgericht stützte sich im angefochtenen Erkenntnis zur Bodendurchlässigkeit auf die Ausführungen des geologischen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung. Demnach sei gewährleistet, dass bei Anschluss der Sickeranlage an die Salzachkiese auch die dem Projekt zugrundeliegenden Sickerleistungen erreicht werden können.

21 Als zusätzliche Maßnahme wurde im Punkt 8 der Auflagen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen festgeschrieben, sicherheitshalber durch einen fachkundigen Geologen weitere Sickerversuche durchzuführen, sobald die Aushubsohle freigelegt ist, um dadurch allfällige Abweichungen aufzuzeigen. Damit wird für den Fall, dass abweichende Sickerwerte festgestellt werden, eine frühzeitige Reaktion im Zuge der Projektdurchführung ermöglicht.

22 Ob eine Beweisaufnahme (hier: Beweisantrag auf Feststellung der tatsächlichen Bodendurchlässigkeiten im Bereich der Versickerungsanlagen) notwendig ist, unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes (VwGH 3.8.2016, Ra 2016/07/0050). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hat (VwGH 30.5.2017, Ra 2017/07/0039, mwN).

23 Dies ist in der vorliegenden Revisionssache nicht der Fall: Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen einer schlüssigen Beweiswürdigung die vom geologischen Amtssachverständigen festgestellten Sickerwerte zu Recht als erwiesene Tatsache angenommen. Im Übrigen liegt es in der Natur jeder Baumaßnahme, dass sich die exakte Beschaffenheit des gesamten Untergrundes immer erst in der Bauphase zeigt. Diesem Umstand dient Punkt 8 der wasserbautechnischen Auflagen, der eine frühzeitige Reaktion im Zuge der Projektdurchführung bei allfälligen Abweichungen in der freigelegten Aushubsohle ermöglicht.

24 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen eine im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

25 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 24. Mai 2018

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