Normen
UmgrStG 1991 §1 Abs2;
UmgrStG 1991 §12;
UmgrStG 1991 §13;
UmgrStG 1991 §16 Abs1 idF 2010/I/0034;
UmgrStG 1991 §16 Abs1;
UmgrStG 1991 §16 Abs2 Z1;
UmgrStG 1991 §16 Abs2 Z2;
UmgrStG 1991 §16 Abs2;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2016150032.J00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Alleinige Kommanditistin der in Österreich ansässigen Revisionswerberin, einer operativ tätigen GmbH & Co KG, war zunächst die in Deutschland ansässige X GmbH & Co KG. Die Anteile an der X GmbH & Co KG wurden von den ebenfalls in Deutschland ansässigen natürlichen Personen X und Y gehalten, die in Form eines Kommanditanteiles zu 60% (X) und 40% (Y) am Gewinn, den stillen Reserven und dem Firmenwert der X GmbH & Co KG und damit mittelbar an der Revisionswerberin beteiligt waren. Die X GmbH & Co KG war weiters Alleingesellschafterin der X GmbH mit Sitz in Deutschland.
2 Mit Einbringungsvertrag vom 25. August 2010 brachte die X GmbH & Co KG 100% der Kommanditanteile an der Revisionswerberin in die (deutsche) X GmbH ein. Die Einbringung erfolgte unter Anwendung der Begünstigungen des Art. III UmgrStG rückwirkend zum 1. Jänner 2010.
3 In der Feststellungserklärung der Revisionswerberin für das Jahr 2010 (sowie in den Einkommensteuererklärungen betreffend die beschränkte Steuerpflicht von X und Y für das Jahr 2010) wurde der Einbringungsvorgang als steuerneutrale Einbringung zu Buchwerten gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz UmgrStG behandelt, weil die Enstrickungsnormen der §§ 16 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG nicht anwendbar seien. Sollte der Einbringungsvorgang vom Finanzamt unter die Enstrickungsnormen subsumiert werden, werde ein Antrag auf Stundung einer etwaigen Steuerschuld für die (anteiligen) stillen Reserven samt Firmenwert in Höhe von 29,414.670 EUR gestellt (§ 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG iVm § 1 Abs. 2 UmgrStG).
4 Das Finanzamt erließ einen Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2010, in welchem es die gemeinschaftlichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß mit 3,609.394,52 EUR feststellte. In weiterer Folge hob das Finanzamt diesen Bescheid gemäß § 299 BAO auf und erließ einen neuen Feststellungsbescheid für das Jahr 2010, in welchem es die gemeinschaftlichen Einkünfte aus Gewerbetrieb erhöht um die stillen Reserven von 29,414.670 EUR mit 33,024.064,52 feststellte. Begründend führte es aus, hinsichtlich des eingebrachten Vermögens sei das Besteuerungsrecht Österreichs auf Gesellschafterebene eingeschränkt worden. Die stillen Reserven wurden zunächst als Veräußerungsgewinn qualifiziert.
5 Gegen den nach der Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO ergangenen Feststellungsbescheid für das Jahr 2010 erhob die Revisionswerberin Berufung und führte aus, § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG idF des BudBG 2007, BGBl. I Nr. 24/2007, habe durch den Verweis auf § 1 Abs. 2 UmgrStG zu einem partiellen Anwendungsausschluss des UmgrStG geführt, "soweit im Rahmen der Einbringung in eine ausländische Körperschaft das Besteuerungsrecht der Republik Österreich hinsichtlich des Vermögens eingeschränkt wird". Aus der Systematik der Vorschrift und den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass sich der Anwendungsausschluss ausschließlich auf eine - im Revisionsfall nicht vorliegende - Einschränkung des Besteuerungsrechts Österreichs am Einbringungsvermögen in der Sphäre der übernehmenden Körperschaft bezogen habe, weil § 16 UmgrStG idF des BudBG 2007 die Sphäre der Gegenleistungsanteile nicht im Abs. 1 sondern im Abs. 2 geregelt habe.
6 Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2010 (AbgÄG 2010), BGBl. I Nr. 34/2010, sei in § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG die Wortfolge "hinsichtlich des Vermögens" gestrichen und in den Gesetzesmaterialien als Anwendungsfall der neuen Regelung auf die Einbringung von inländischen Mitunternehmeranteilen durch ausländische natürliche Personen in eine in- oder ausländische Körperschaft verwiesen worden. Diese Änderung habe eine Ausweitung des Entstrickungstatbestandes bewirkt, weshalb ihr entgegen den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien nicht bloß klarstellende Bedeutung zukomme. Die Änderung sei ohne Übergangsbestimmung vorgenommen und mit der am 15. Juni 2010 erfolgten Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wirksam geworden. Auf den vorliegenden - mit Einbringungsstichtag 1. Jänner 2010 erfolgten - Einbringungsvorgang sei daher § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG idF des BudBG 2007 anwendbar. Durch die gegenständliche Einbringung werde das Besteuerungsrecht Österreichs am eingebrachten Vermögen (Mitunternehmeranteile an der Revisionswerberin) nicht "eingeschränkt" im Sinne des § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG idF des BudBG 2007. Die Einbringung erfolge auf Ebene des Einbringenden und der übernehmenden Körperschaft zu Buchwerten nach § 16 Abs. 1 erster Satz UmgrStG. Eine Veräußerungsgewinnbesteuerung habe zu unterbleiben.
7 Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab und führte zur Begründung aus, die fehlende Steuerhängigkeit der Gegenleistungsanteile führe zu einer schädlichen Einschränkung des Besteuerungsrechtes Österreichs iSd § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG.
8 Die Revisionswerberin beantragte die Erledigung der Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
9 Das Finanzamt legte die Berufung dem (damals noch zuständigen) unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor und änderte im Vorlageantrag seine bis dahin vertretene Rechtsauffassung dahingehend ab, dass es durch den Einbringungsvorgang zu einer Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechtes an den Gegenleistungsanteilen gemäß § 16 Abs. 2 Z 1 iVm § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG gekommen sei. Es handle sich somit nicht um einen, wie im Feststellungsbescheid fälschlicherweise ausgewiesenen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn. Die stillen Reserven seien unter den "sonstigen Änderungen" zu erfassen. Zu einer betraglichen Änderung des Feststellungsbescheides komme es dadurch nicht, weshalb die Berufung abzuweisen sei.
10 Die Revisionswerberin nahm zu den Ausführungen des Finanzamts im Vorlageantrag Stellung und ergänzte ihr Vorbringen dahingehend, dass die in § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG normierten Voraussetzungen (auch qua Verweis über § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG) nicht erfüllt seien und das Finanzamt im Vorlageantrag selbst bestätige, dass der Feststellungsbescheid rechtswidrig sei. Eine Rechtsgrundlage für die im Vorlagebericht vertretene Besteuerung unter den "sonstigen Änderungen" sei nicht ersichtlich.
11 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Berufung (nunmehr Beschwerde) keine Folge. Es ging - anders als die Revisionswerberin - davon aus, dass für die anzuwendende Rechtslage der Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages (23./25. August 2010) maßgeblich und für den Revisionsfall § 16 UmgrStG in der Fassung des AbgÄG 2010 einschlägig sei und führte aus, der Gesetzgeber habe bei der Änderung des UmgrStG durch das AbgÄG 2010 die im Revisionsfall vorliegende Konstellation vor Augen gehabt, bei der eine in Deutschland ansässige natürliche Person ihren Mitunternehmeranteil an einer operativ tätigen österreichischen Kommanditgesellschaft in eine ausländische Körperschaft einbringe. Damit Österreich in einem solchen Fall das Besteuerungsrecht auf Gesellschafterebene (Beteiligung der in Deutschland ansässigen natürlichen Person an der übernehmenden Kapitalgesellschaft) nicht verliere, ordne § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG die sinngemäße Anwendung des § 1 Abs. 2 UmgrStG an. Eben dies geschehe auch in der Spezialregelung des § 16 Abs. 2 UmgrStG durch Rückverweis auf § 16 Abs. 1 UmgrStG. Das wiederum bedeute, dass im Revisionsfall das in § 1 Abs. 2 UmgrStG geregelte "Nichtfestsetzungskonzept" sinngemäß anzuwenden sei, "was auf eine zwingende Entstrickung (Gewinnrealisierung) gepaart mit einer Option auf gestundete Festsetzung der Steuerschuld hinausläuft". Wie die Entstrickung im Detail zu erfolgen habe, sei im Festsetzungs- und nicht im gegenständlichen Feststellungsverfahren zu lösen. Da das "Nichtfestsetzungskonzept" in § 16 UmgrStG sinngemäß verankert sei, sei die Entstrickung durch das Unionsrecht gedeckt und werde durch dieses nicht verdrängt.
12 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht mit der Begründung für zulässig, dass bei der gegenständlich zu beurteilenden Konstellation nicht ganz klar sei, ob der Sachverhalt unter § 16 Abs. 1 oder 2 UmgrStG falle. Dies werde durch den Wechsel in der Argumentation des Finanzamts, die Differenz zwischen Entwurf und Endfassung einer ministeriellen Erledigung und auch dadurch dokumentiert, dass die hier strittige Rechtsfrage im Schrifttum lebhaft und kontrovers diskutiert werde. Zudem bestünden unionsrechtliche Bedenken.
13 In der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem subjektivöffentlichen Recht auf rechtsrichtige Feststellung von Einkünften, insbesondere in dem Recht, dass in den festgestellten gemeinschaftlichen Einkünften keine einbringungsbedingten (§ 16 UmgrStG in der anwendbaren Fassung) aufzudeckenden stillen Reserven ("Veräußerungsgewinn") in der Höhe von 29,414.670 EUR enthalten seien, verletzt.
14 Das Finanzamt hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
15 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
16 § 1 UmgrStG (idF BGBl. I Nr. 34/2010) lautet auszugsweise:
"§ 1. (1) Verschmelzungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
(...)
(2) Abs. 1 Z 1 bis 4 findet nur insoweit Anwendung, als das Besteuerungsrecht der Republik Österreich hinsichtlich der stillen Reserven einschließlich eines allfälligen Firmenwertes bei der übernehmenden Körperschaft nicht eingeschränkt wird. Soweit bei der Verschmelzung auf eine übernehmende
- in der Anlage genannte Gesellschaft eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder
- den Kapitalgesellschaften vergleichbare Gesellschaft eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe mit der Republik Österreich besteht,
die auch den Ort der Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes hat, eine Steuerpflicht nach § 20 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 entsteht, ist die Steuerschuld auf Antrag in der letzten Körperschaftsteuererklärung der übertragenden Körperschaft bis zur tatsächlichen Veräußerung oder einem sonstigen Ausscheiden des Vermögens(teiles) aus der übernehmenden Gesellschaft nicht festzusetzen. Für nicht entgeltlich erworbene unkörperliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist § 6 Z 6 lit. b des Einkommensteuergesetzes 1988 sinngemäß anzuwenden. Über die nicht festgesetzte Steuerschuld ist im Körperschaftsteuerbescheid abzusprechen. Die Veräußerung oder ein sonstiges Ausscheiden des Vermögens(teiles) gilt als rückwirkendes Ereignis im Sinn des § 295a der Bundesabgabenordnung. (...)"
17 § 16 UmgrStG (idF BGBl. I Nr. 34/2010) lautet auszugsweise:
"§ 16. (1) Der Einbringende hat das in § 15 genannte Vermögen in der Einbringungsbilanz (oder im Einbringungsvertrag) und einzubringende Kapitalanteile im Einbringungsvertrag mit den in § 14 Abs. 1 genannten Werten anzusetzen (Buchwerteinbringung). Soweit im Rahmen der Einbringung in eine inländische oder ausländische Körperschaft das Besteuerungsrecht der Republik Österreich eingeschränkt wird, ist § 1 Abs. 2 sinngemäß anzuwenden. (...)
(2) Ist beim Einbringenden das Besteuerungsrecht der Republik Österreich hinsichtlich der Gegenleistung (§ 19) eingeschränkt, gilt Folgendes:
1. Wird das Besteuerungsrecht im Verhältnis zu anderen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder zu anderen Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit denen eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe mit der Republik Österreich besteht, eingeschränkt, sind die Abs. 1 und 3 anzuwenden.
2. Wird das Besteuerungsrecht im Verhältnis zu anderen als
in Z 1 angeführten Staaten eingeschränkt, sind für das inländische und das ausländische Vermögen die nach § 6 Z 14 des Einkommensteuergesetzes 1988 maßgebenden Werte anzusetzen.
(3) Abweichend von Abs. 1 gilt bei der Einbringung von inländischem und ausländischem Vermögen folgendes:
1. Alle unter Abs. 2 Z 1 fallende Personen können vorbehaltlich des Abs. 4 das inländische und das ausländische Vermögen mit dem nach § 6 Z 14 des Einkommensteuergesetzes 1988 maßgebenden Wert ansetzen, wenn die Einbringung im Ausland zur Gewinnverwirklichung führt und mit dem in Betracht kommenden ausländischen Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, das dafür die Anrechnungsmethode vorsieht oder eine vergleichbare innerstaatliche Maßnahme zur Vermeidung der Doppelbesteuerung getroffen wurde.
2. Alle nicht unter Abs. 2 fallenden Personen können vorbehaltlich des Abs. 4 das ausländische Vermögen mit dem nach § 6 Z 14 des Einkommensteuergesetzes 1988 maßgebenden Wert ansetzen, wenn die Einbringung im Ausland zur Gewinnverwirklichung führt und mit dem in Betracht kommenden ausländischen Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, das dafür die Anrechnungsmethode vorsieht oder eine vergleichbare innerstaatliche Maßnahme zur Vermeidung der Doppelbesteuerung getroffen wurde. (...)"
18 Strittig ist, ob auf den revisionsgegenständlichen Einbringungsvorgang das UmgrStG idF des BudBG 2007, BGBl. I Nr. 24/2007, oder idF des AbgÄG 2010, BGBl. I Nr. 34/2010, anzuwenden ist. Weiters ist strittig, ob es aufgrund der fehlenden Steuerhängigkeit der aus dem revisionsgegenständlichen Einbringungsvorgang resultierenden Gegenleistungsanteile zur Entstrickungsbesteuerung nach § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG iVm § 1 Abs. 2 UmgrStG kommt.
19 Soweit sich die Revision gegen die im angefochtenen Erkenntnis vertretene Auffassung wendet, dass für die anzuwendende Rechtslage der Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages maßgeblich und für den Revisionsfall § 16 UmgrStG in der Fassung des AbgÄG 2010 einschlägig sei, genügt es darauf zu verweisen, dass es sich bei der - dem Steuerrecht im Allgemeinen fremden - Rückwirkung (auf den Einbringungsstichtag nach § 13 UmgrStG) erst um die Rechtsfolge einer Umgründung nach UmgrStG handelt. Erst wenn die für eine Umgründung nach UmgrStG erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, kommt die im UmgrStG normierte Rückwirkungsfiktion zum Tragen oder - im Falle einer Umgründung, die sich nachträglich als missglückt erweist - auch nicht. Daraus folgt, dass das UmgrStG bei Fehlen entsprechender Inkrafttretensbestimmungen in jener Fassung anzuwenden ist, die bei tatsächlicher Vornahme der Umgründung (hier der gesellschaftsrechtlichen Übertragung der Kommanditanteile an der Revisionswerberin an die X GmbH) besteht.
20 Der revisionsgegenständlichen Einbringung liegt ein Einbringungsvertrag vom 23./25. August 2010 zugrunde. Eine den § 16 UmgrStG idF des AbgÄG 2010 betreffende Inkrafttretensbestimmung gibt es nicht. Dem Bundesfinanzgericht kann daher nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn es im angefochtenen Erkenntnis die Auffassung vertrat, dass die Einbringung in den Anwendungsbereich des UmgrStG idF des AbgÄG 2010 fällt.
21 Soweit das Bundesfinanzgericht die Auffassung vertritt, dass im Revisionsfall die Entstrickungsregelungen des § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG iVm § 1 Abs. 2 UmgrStG zur Anwendung gelangen, ist es indessen nicht im Recht.
22 Durch § 16 Abs. 1 bis 4 UmgrStG wird der einbringungsbedingte Verlust von österreichischem Besteuerungssubstrat eingeschränkt. § 16 Abs. 1 UmgrStG idF des AbgÄG 2010 stellt nach seinem Wortlaut und seiner systematischen Stellung auf die Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechtes hinsichtlich des Einbringungsvermögens ab, während § 16 Abs. 2 UmgrStG die Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts auf Ebene der Gegenleistungsanteile erfasst.
23 Von § 16 Abs. 1 UmgrStG iVm § 1 Abs. 2 UmgrStG ist das Besteuerungsrecht Österreichs hinsichtlich der stillen Reserven einschließlich eines allfälligen Firmenwertes des übertragenen Vermögens und damit ein allfälliger Veräußerungsgewinn umfasst.
24 Ein Wechsel vom Einkommensteuer- in das Körperschaftsteuerregime ist vom Begriff der "Einschränkung" iSd § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG nicht umfasst. Dies ergibt sich schon daraus, dass der besagte Wechsel nicht kategorisch eine Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts zur Folge hat, weil der Einkommensteuersatz nicht zwingend höher ist als der Körperschaftsteuersatz (siehe dazu etwa Jerabek/Jann, GeS 2013, 87; Furherr in Kofler, UmgrStG6 § 16 Rz 45).
25 Durch eine Einbringung von Vermögen iSd § 12 UmgrStG wird eine zusätzliche Besteuerungsebene geschaffen und das Einbringungsvermögen nach der Einbringung auf Ebene der übernehmenden Körperschaft und über die Gegenleistungsanteile steuerhängig. Nur unter der Voraussetzung, dass neben dem Einbringungsvermögen auch die Gegenleistungsanteile in Österreich steuerverstrickt sind, kommt es zu keinem einbringungsbedingten Verlust von österreichischem Steuersubstrat. Die fehlende Steuerhängigkeit der Gegenleistungsanteile rechtfertigt aber keine Einschränkung iSd § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG idF des AbgÄG 2010, weil die Einschränkung des Besteuerungsrechts an den Gegenleistungsanteilen in § 16 Abs. 2 (auch idF des AbgÄG 2010) explizit und abschließend geregelt wird (vgl. Jerabek/Jann, GeS 2013, 85; Furherr in Kofler, UmgrStG6 § 16 Rz 16; Beiser, ÖStZ 15/16/2010, 364 f; Wiesner, RWZ 2010/41, 165).
26 Führt die Einbringung - unabhängig von einer etwaigen Steuerverstrickung des Einbringungsvermögens - zu einer fehlenden Verstrickung der Gegenleistungsanteile, kann die Einbringung gemäß § 16 Abs. 2 Z 2 UmgrStG nicht steuerneutral durchgeführt werden. Das gilt aber dann nicht, wenn das Besteuerungsrecht an den Gegenleistungsanteilen im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder zu anderen Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit denen eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe mit der Republik Österreich besteht, eingeschränkt wird (§§ 16 Abs. 2 Z 2 iVm Z 1 UmgrStG).
27 Die in § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG normierte Ausnahme von der Aufwertungspflicht für in der Europäischen Union bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum steuerpflichtige Einbringende wurde mit BGBl. Nr. 681/1994 in Umsetzung der Fusions-Richtlinie eingeführt und bewirkt im Ergebnis eine Gleichstellung dieser Personen mit inländischen Einbringenden. Österreich verzichtet damit auf eine Besteuerung der stillen Reserven des eingebrachten Vermögens, obwohl die in den Gegenleistungsanteilen enthaltenen stillen Reserven (zweite Besteuerungsebene) der österreichischen Besteuerung entzogen sind (vgl. Furherr in Kofler, UmgrStG6 § 16 Rz 23, mwN).
28 Durch die revisionsgegenständliche Einbringung wurden die in den Gegenleistungsanteilen der X GmbH & Co KG (mit Sitz und Betriebsstätte in Deutschland) bzw. der in Deutschland ansässigen Kommanditisten X und Y enthaltenen stillen Reserven der Besteuerung in Österreich entzogen, was im Hinblick auf die in § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG normierte Ausnahmebestimmung einer Einbringung zu Buchwerten nicht entgegen steht. Würde der Verlust des Besteuerungsrechtes an den Gegenleistungsanteilen bereits über die Entstrickungsregelungen des § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG iVm § 1 Abs. 2 UmgrStG erfasst, wäre § 16 Abs. 2 UmgrStG ohne Anwendungsbereich. Eine solche Auslegung würde - worauf in der Revision zutreffend hingewiesen wird - auch den mit § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG (der nicht zwischen einer Einbringung durch in der Europäischen Union bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum steuerpflichtige natürliche Personen oder Körperschaften differenziert) verfolgten Zweck der Gleichstellung der in der Europäischen Union bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum ansässigen Einbringenden mit inländischen Einbringenden unterlaufen.
29 Das angefochtene Erkenntnis ist daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
30 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. Oktober 2018
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)