VwGH Ro 2016/15/0010

VwGHRo 2016/15/001013.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamtes Linz in 4020 Linz, Bahnhofplatz 7, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 27. Jänner 2016, Zl. RV/5101064/2013, betreffend Körperschaftsteuer 2007, berichtigt mit Beschluss vom 11. Februar 2016 (mitbeteiligte Partei: D GmbH als (partielle) Gesamtrechtsnachfolgerin der D X GmbH in W, vertreten durch die LeitnerLeitner GmbH, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 4040 Linz, Ottensheimer Straße 32), zu Recht erkannt:

Normen

KStG 1988 §7 Abs2;
KStG 1988 §8 Abs4;
UmgrStG 1991 §21 Z1;
UmgrStG 1991 §21;
UmgrStG 1991 §35;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2016150010.J00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei ist (partielle) Gesamtrechtsnachfolgerin der X GmbH, die 2007 mit dem Betrieb von - unbestritten als Teilbetriebe anzusehenden - Tankstellen einen steuerlichen Verlust von 4,239.321,85 EUR geltend gemacht.

2 Mit Stichtag 31. Dezember 2007 wurden von der X GmbH im Rahmen einer Spaltung elf Tankstellen (Teilbetriebe) auf die neu errichtete R GmbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft, übertragen (Art. VI UmgrStG). Die R GmbH selbst wurde mit Stichtag 31. Oktober 2010 als übertragende Gesellschaft mit der M GmbH verschmolzen.

3 Die X GmbH wurde entsprechend einem Umgründungsplan (§ 39 UmgrStG) vom 29. Juni 2009 zum Stichtag 31. Dezember 2008 in einem ersten Umgründungsschritt mit der D GmbH als übernehmender Gesellschaft verschmolzen. Im zweiten Umgründungsschritt wurde auf den gleichen Stichtag im Wege der Spaltung (Art. VI UmgrStG) der Betrieb der X GmbH (mit Ausnahme von im Spaltungs- und Übernahmsvertrag taxativ angeführten Positionen) auf die mitbeteiligte Partei übertragen.

4 In den Jahren 2011 bis 2013 fand eine die Jahre 2007 und 2008 umfassende Außenprüfung bei der X GmbH statt, bei welcher der Prüfer den steuerlichen Verlust der X GmbH für das Jahr 2007 - durch nicht verfahrensgegenständliche Feststellungen - von 4,239.321,85 EUR auf 3,632.188,29 EUR kürzte und die Gewinne/Verluste der einzelnen Tankstellen im Jahr 2007 sowie die in diesem Jahr auf abgespaltene, geschlossene und verkaufte Tankstellen entfallenden Anteile am Gesamtverlust ermittelte.

5 Im Gefolge der Prüfung erließ das Finanzamt Körperschaftsteuerbescheide für das Jahr 2007 an die Mitbeteiligte, die D GmbH und die M GmbH, als (partielle) Gesamtrechtsnachfolger der X GmbH. Das Finanzamt teilte den Verlust, der im Jahr 2007 mit dem Betrieb von Tankstellen erzielt worden war, zwischen der Mitbeteiligten und der M GmbH auf, welcher im Wege der Verschmelzung die zunächst auf die R GmbH übergegangenen 11 Tankstellen zugekommen waren. Der Mitbeteiligten (die den Standpunkt vertrat, dass die im Jahr 2007 erzielten Verluste jener elf Tankstellen, die im Wege einer Spaltung auf die R GmbH übergegangen waren, im Rahmen des innerbetrieblichen Verlustausgleichs vorrangig mit den Gewinnen der bei der X GmbH verbliebenen Tankstellen zu verrechnen seien) wurde damit im Ergebnis die ausschließliche Zurechnung des Verlustes, der von der X GmbH im Jahr 2007 erzielt worden ist, verweigert. 6 Die mitbeteiligte Partei berief gegen den (an sie als partielle Rechtsnachfolgerin der X GmbH) ergangenen Körperschaftsteuerbescheid 2007 und führte aus, das Vermögen der X GmbH habe im Jahr 2007 im Wesentlichen aus 84 Tankstellen bestanden. Im Jahr 2007 sei durch die X GmbH ein steuerlicher Verlust erwirtschaftet worden, der im Wesentlichen auf die Kosten im Zusammenhang mit der Integration der Tankstellen in das Netz und das "Umbranding" der Tankstellen zurückzuführen sei.

7 Im Jahr 2008 seien elf Tankstellen im Rahmen einer Spaltung mit Rückwirkung auf den 31. Dezember 2007 auf die neu errichtete R GmbH übertragen worden. Der Prüfer habe von dem im Jahr 2007 erzielten Verlust einen Betrag von 882.676,16 EUR den elf in der Folge auf die R GmbH übertragenen Tankstellen zugeordnet. Dieser Verlust sei nach Ansicht des Finanzamtes in einem zweiten Schritt im Rahmen des "innerbetrieblichen Verlustausgleichs" mit dem (aliquoten) positiven Ergebnis anderer Teilbetriebe von 216.864,04 EUR auszugleichen, sodass im Zuge der Abspaltung der elf Tankstellen gemäß §§ 35 iVm 21 UmgrStG ein verbleibender Verlust von 665.812,12 EUR auf die R GmbH übergegangen sei und die vortragsfähigen Verluste der X GmbH kürze.

8 Der streitgegenständliche Sachverhalt sei von einer Universitätsprofessorin einer eingehenden rechtlichen Würdigung unterzogen worden, deren Gutachten einen integralen Bestandteil der Berufung darstelle. Die gutachtlichen Schlussfolgerungen könnten wie folgt zusammengefasst werden:

 

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18 Die X GmbH hat im Wege einer Spaltung elf Tankstellen (Teilbetriebe) auf die neu errichtete R GmbH übertragen, wobei die mit Stichtag 31. Dezember 2007 erfolgte Abspaltung zur Aufnahme laut Punkt 3.1 des Spaltungs- und Übernahmsvertrages vom 18. August 2008 in Anwendung des Spaltungsgesetzes und des Umgründungssteuergesetzes erfolgte.

19 Strittig ist, ob für Zwecke der Anwendung des § 35 UmgrStG den abgespaltenen Tankstellen (Teilbetrieben) zuzurechnende Verluste 2007 von 882.676,16 EUR vorrangig mit Gewinnen 2007 von der X GmbH verbliebenen Tankstellen (Teilbetrieben) in Höhe von 1,183.053,01 EUR verrechnet werden (so die Mitbeteiligte) oder ob dies nicht der Fall ist (so das Finanzamt). In Streit steht also letztlich, welcher Teil des Jahresverlustes 2007 der X GmbH in Anbetracht des § 35 UmgrStG von der X GmbH in den auf das Jahr 2007 folgenden Jahren als Verlustvortrag iSd § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 geltend gemacht werden kann.

20 § 1 des Bundesgesetzes über die Spaltung von Kapitalgesellschaften (SpaltG) lautet auszugsweise:

"Begriff der Spaltung

§ 1. (1) Eine Kapitalgesellschaft kann ihr Vermögen nach diesem Bundesgesetz spalten.

(2) Die Spaltung ist möglich

(...)

2. unter Fortbestand der übertragenden Gesellschaft durch

Übertragung eines oder mehrerer Vermögensteile dieser Gesellschaft im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf eine oder mehrere dadurch gegründete neue Kapitalgesellschaften (Abspaltung zur Neugründung) oder auf übernehmende Kapitalgesellschaften (Abspaltung zur Aufnahme) gegen Gewährung von Anteilen (Aktien oder Geschäftsanteilen) der neuen oder übernehmenden Kapitalgesellschaften an die Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft.

(...)"

21 Nach dem den Verlustabzug im Falle einer Spaltung regelnden § 35 UmgrStG ist § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 nach Maßgabe des § 21 UmgrStG anzuwenden. Diese Bestimmung (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2007) lautet auszugsweise:

"Verlustabzug

§ 21. § 18 Abs. 6 und 7 des Einkommensteuergesetzes 1988 und § 8 Abs. 4 Z 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen anzuwenden:

1. Verluste des Einbringenden, die bis zum

Einbringungsstichtag entstanden und bis zum Veranlagungszeitraum, in den der Einbringungsstichtag fällt, nicht verrechnet sind, gelten im Rahmen einer Buchwerteinbringung (§ 16 Abs. 1) ab dem dem Einbringungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum der übernehmenden Körperschaft insoweit als abzugsfähige Verluste dieser Körperschaft, als sie dem übertragenen Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 zugerechnet werden können. Voraussetzung ist weiters, dass das übertragene Vermögen am Einbringungsstichtag tatsächlich vorhanden ist. § 4 Z 1 lit. c und d ist anzuwenden. Im Falle der Einbringung durch eine Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, gelten auch die Mitunternehmer als Einbringende. (...)"

22 Gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 UmgrStG zählen zum Vermögen Betriebe und Teilbetriebe, die der Einkunftserzielung gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 dienen, wenn sie zu einem Stichtag eingebracht werden, zu dem eine Bilanz (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988) für den gesamten Betrieb des Einbringenden vorliegt.

23 § 21 Z 1 UmgrStG ordnet einen zwingenden objektbezogenen Verlustvortragsübergang auf die übernehmende Körperschaft mit Wirkung ab dem dem Einbringungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum an (vgl. beispielsweise Wiesner/Helbich, Umgründungen5, 171). § 21 UmgrStG verdrängt damit die Folgen des allgemeinen Steuerrechts, nach dem der Verlustabzug grundsätzlich nur dem Steuerpflichtigen zusteht, der den Verlust erwirtschaftet hat (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht I11, Tz 1197).

24 Die mitbeteiligte Partei zeigt zutreffend auf, dass für die Berechnung der Körperschaftsteuer der X GmbH für das Jahr 2007 im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung 2007 zur Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens ein innerbetrieblicher Verlustausgleich vorzunehmen ist, bei dem es zu einem Ausgleich der positiven und negativen Ertragskomponenten des Betriebes der GmbH kommt. Ein solcher Ausgleich ist vom Finanzamt vorgenommen worden und hat dazu geführt, dass - aufgrund eines steuerlichen Jahresverlustes 2007 von 3,632.188,29 EUR - die Körperschaftsteuer 2007 Null Euro beträgt.

25 Eine andere Frage ist es, von wem dieser Jahresverlust - in Anbetracht der zum Ablauf des 31. Dezember 2007 vorgenommenen Spaltung der X GmbH - in den Folgejahren als Verlustvortrag iSd § 8 Abs. 4 KStG 1988 geltend gemacht werden kann. Dieser Übergang des Verlustvortragsrechts ergibt sich aus der Spezialregelung des § 35 UmgrStG iVm § 21 UmgrStG. Diese Spezialregelung kennt kein Wahlrecht, sondern stellt darauf ab, ob die Verluste dem abgespaltenen Vermögen (Teilbetrieb) zuzuordnen sind oder nicht (objektbezogener Verlustvortragsübergang).

26 Nach § 21 Z 1 UmgrStG gehen alle bis zum Einbringungsstichtag entstandenen und dem eingebrachten Vermögen zuzurechnenden Verluste, die bis zum Veranlagungszeitraum, in den der Einbringungsstichtag fällt, noch nicht verrechnet werden konnten, auf die übernehmende Körperschaft über. Dabei gelten Verluste als "verrechnet", wenn sie zur Minderung des Einkommens iSd § 7 Abs. 2 KStG 1988 geführt haben. Auf den Gesamtbetrag der "nicht verrechneten" Verluste, im gegenständlichen Fall den Betrag von 3,632.188,29 EUR, findet die Spezialregelung des objektbezogenen Verlustvortrages nach § 35 UmgrStG iVm § 21 UmgrStG Anwendung.

27 Um in Bezug auf den Verlust des Jahres, in welches der Spaltungsstichtag fällt, einen objektbezogenen Verlustvortragsübergang zu gewährleisten, ist der Gesamtbetrag des nicht verrechneten Verlustes (also das negative Jahreseinkommen der GmbH) jenem Vermögen zuzurechnen, durch das er verursacht wurde. Eine willkürliche Zuordnung von Verlustbeträgen zum abgespaltenen bzw. zum verbleibenden Vermögen stünde im Widerspruch zu den Grundsätzen des objektbezogenen Verlustvortragsübergangs. In gleicher Weise ist eine willkürliche (sei es eine vorrangige, sei es eine nachrangige) Verrechnung von dem abgespaltenen Vermögen (Teilbetrieben) zuzurechnenden laufenden Verlusten mit laufenden Gewinnen des zurückbehaltenen Vermögens (Teilbetriebe) gesetzlich nicht vorgesehen. Der Spezialregelung des § 35 UmgrStG wird nur durch eine objektbezogene Zuordnung entsprochen.

28 Für den Revisionsfall folgt daraus: Die X GmbH hat - unter Berücksichtigung der unstrittigen Feststellungen des Prüfers - im Jahr 2007 einen Gesamtverlust von 3,632.188,29 EUR erzielt, der für Zwecke des Verlustvortrages in nachfolgenden Veranlagungsjahren gemäß § 35 UmgrStG iVm § 21 UmgrStG entsprechend dem Verursachungszusammenhang auf die bei der X GmbH verbliebenen und auf die im Wege einer Spaltung auf die R GmbH übergegangenen Tankstellen aufzuteilen ist. Insoweit hat das Bundesfinanzgericht die Rechtslage verkannt.

29 Entscheidend ist allerdings, dass im Veranlagungsjahr 2007 die Spaltung noch nicht erfolgt ist und der gesamte Verlust des Veranlagungsjahres 2007 von 3,632.188,29 EUR durch die X GmbH erzielt worden ist.

30 Auch wenn der X GmbH bzw. der mitbeteiligten Partei als Rechtsnachfolgerin der X GmbH der Verlustvortrag in den Jahren nach 2007 nur in der zuvor dargestellten (mittels objektbezogener Zuordnung zu ermittelnden) Höhe und somit nicht in der im angefochtenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts dargestellten Höhe zusteht, erweist sich der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nicht als rechtswidrig. Mit dem Spruch des Erkenntnisses wird nämlich nicht normativ über die Höhe der Verlustvorträge, die vor dem Hintergrund des § 35 UmgrStG der X GmbH verbleiben, abgesprochen.

31 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 13. September 2018

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