VwGH Ro 2015/06/0019

VwGHRo 2015/06/001921.12.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. G P, 2. L P, 3. G S, 4. R S, 5. K B, 6. K P, 7. J A, 8. W L, 9. U R, 10. Dr. C D, 11. S D, 12. C G, 13. Dr. W S, 14. I S, 15. Mag. C L, 16. Dr. L P, 17. W P, 18. K R, 19. I T, 20. Dr. G T, 21. B A, 22. E A, 23. A H, 24. Dr. H M, 25. Dr. M M, 26. Dr. A S, 27. M S, 28. R K, 29. P P, 30. A P, 31. C K, 32. F K, 33. R M, 34. M S, 35. G M, 36. C K, 37. C K, 38. C K, 39. R H, 40. H H, 41. U S, 42. I S, 43. T S, 44. J S, 45. T P, 46. A P, 47. A B, 48. E S, 49. Ni W, 50. A K, 51. A R, 52. R F, 53. R F, 54. A B, 55. M E, 56. N T, 57. M S, alle in S, alle vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Oktober 2015, W113 2011751‑1/71E, betreffend Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Salzburger Landesregierung; mitbeteiligte Partei: S GmbH in S), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8
UVPG 2000 §3 Abs7
VwGG §26 Abs2
VwGG §34 Abs1
VwRallg
32011L0092 UVP-RL

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RO2015060019.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurden die Beschwerden des N. und der U. gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 5. August 2014, mit welchem festgestellt worden war, dass für das näher bezeichnete Vorhaben der mitbeteiligten Partei keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei, abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig sei. Wie sich aus der im Verfahrensakt enthaltenen Zustellverfügung sowie aus der Revision selbst ergibt, wurde dieses Erkenntnis den revisionswerbenden Parteien nicht zugestellt.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

3 Mit Beschluss vom 20. Oktober 2015 wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision gemäß § 30a Abs. 1 VwGG als unzulässig zurück. Mit Schreiben vom selben Tag beantragten die Revisionswerber fristgerecht, die Revision dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.

Die Revision ist unzulässig:

4 Zur Revisionslegitimation bringen die revisionswerbenden Parteien vor, das angefochtene Erkenntnis sei ihnen nicht zugestellt worden. Sie seien als übergangene Parteien anzusehen. Bei unionsrechtskonformer Anwendung der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten ergebe sich, dass ihnen das Recht zur Erhebung einer Revision zukomme. Weiters sei aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union abzuleiten, dass den Nachbarn als betroffene Öffentlichkeit eine Rechtsschutzmöglichkeit eingeräumt werden müsse (Hinweis auf EuGH 16.4.2015, Karoline Gruber, C-570/13 ).

5 Gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

6 Das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurde den revisionswerbenden Parteien, wie oben dargelegt, nicht zugestellt, weshalb sie durch dieses Erkenntnis in keinen Rechten verletzt werden; es fehlt ihnen aus diesem Grund an der Berechtigung zur Erhebung einer Revision.

7 Auch § 26 Abs. 2 VwGG, wonach die Revision in dem Fall, dass das Erkenntnis bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden ist, bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden kann, in dem der Revisionswerber von dem Erkenntnis Kenntnis erlangt hat, vermittelt den revisionswerbenden Parteien keine Revisionslegitimation. Diese Bestimmung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf den Fall einer „übergangenen Partei“ im Mehrparteienverfahren, sondern nur auf Parteien anzuwenden, deren Parteistellung unstrittig war und die auch tatsächlich dem vorangegangenen Verfahren beigezogen worden sind. Die Frage des Mitspracherechtes als Partei des Verfahrens muss zunächst durch die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht entschieden werden, sei es durch Anerkennung der Parteistellung in Form der Zustellung der betreffenden Entscheidung, sei es durch Abweisung eines darauf gerichteten Antrages (vgl. etwa VwGH 9.11.2016, Ro 2016/10/0031, mwN).

8 Für das vorliegende Revisionsverfahren kann es somit dahingestellt bleiben, ob den revisionswerbenden Parteien auf Grund des Unionsrechtes Parteistellung bzw. eine Rechtsschutzmöglichkeit in Bezug auf das zugrundeliegende Feststellungsverfahren einzuräumen ist (vgl. dazu etwa VwGH 24.1.2017, Ro 2016/05/0011, mwN, zu der im Revisionsfall maßgeblichen Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 4/2016 zum UVP‑G 2000), weil dies nach dem Vorgesagten nicht zur Folge haben kann, dass sie zur Erhebung einer Revision gegen das ihnen nicht zugestellte Erkenntnis berechtigt wären.

9 Fallspezifisch ergibt sich die Revisionslegitimation der revisionswerbenden Parteien auch nicht aus einer anderen Ziffer des Art. 133 Abs. 6 B‑VG oder aus einer besonderen Anordnung in einem Bundes- oder Landesgesetz (Art 133 Abs. 8 B‑VG), was von den revisionswerbenden Parteien auch nicht behauptet wurde.

10 Da den revisionswerbenden Parteien somit keine Revisionslegitimation zukommt, war die vorliegende Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. Dezember 2017

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