Normen
AVG §1;
AVG §73;
BFA-VG 2014 §22a;
B-VG Art131 Abs2 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
B-VG Art151 Abs51 Z11 idF 2012/I/051;
B-VG Art151 Abs51 Z8 idF 2012/I/051;
FNG 2014;
FrPolG 2005 §125 Abs22 idF 2012/I/087;
FrPolG 2005 §125 Abs23 idF 2012/I/087;
FrPolG 2005 §125 Abs24 idF 2012/I/087;
FrPolG 2005 §82;
FrPolG 2005 §83 Abs2 Z2;
VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §34 Abs1a idF 2013/I/033;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §73;
BFA-VG 2014 §22a;
B-VG Art131 Abs2 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
B-VG Art151 Abs51 Z11 idF 2012/I/051;
B-VG Art151 Abs51 Z8 idF 2012/I/051;
FNG 2014;
FrPolG 2005 §125 Abs22 idF 2012/I/087;
FrPolG 2005 §125 Abs23 idF 2012/I/087;
FrPolG 2005 §125 Abs24 idF 2012/I/087;
FrPolG 2005 §82;
FrPolG 2005 §83 Abs2 Z2;
VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §34 Abs1a idF 2013/I/033;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 18. Dezember 2013 wurde gegen den Revisionswerber, einen algerischen Staatsangehörigen, gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer asylrechtlichen Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet, die dann im Anschluss an eine Strafhaft beginnend mit 23. Dezember 2013 vollzogen wurde.
Gegen die "Verhängung der Schubhaft" mit dem genannten Bescheid und gegen "die andauernde Anhaltung in Schubhaft" erhob der Revisionswerber (vertreten durch den beigegebenen Rechtsberater) mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2013 eine "Beschwerde gemäß § 82 FPG", die er noch am selben Tag beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (UVS Wien) einbrachte.
Mit dem am 3. Jänner 2014 mündlich verkündeten und am 11. März 2014 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien (VwG Wien) dieser Beschwerde, "insoweit sich diese gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft wendet", keine Folge und erklärte die weitere Anhaltung des Revisionswerbers in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2a Z 1 FPG für "rechtmäßig". (Über die Beschwerde, "insoweit sich diese gegen die Verhängung der Schubhaft mittels 'Mandatsbescheides' sowie die Anhaltung in Schubhaft bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien über die Fortsetzung der Schubhaft am 3.1.2014 wendet", hat das Verwaltungsgericht Wien gesondert mit Erkenntnis vom 24. März 2014 entschieden.)
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Diese besondere Zulässigkeitsvoraussetzung muss jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (noch) vorliegen (vgl. idS den hg. Beschluss vom 26. Juni 2014, Ra 2014/03/0005).
Im gegenständlichen Fall hat das VwG Wien gemäß § 25a Abs. 1 VwGG im Spruch seines Erkenntnisses die Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt. Das begründete es damit, dass zu der Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 22 FPG, insbesondere zu der Frage, ob eine Schubhaftbeschwerde eine Maßnahmenbeschwerde iSd genannten Bestimmung darstelle und ob darüber das Verwaltungsgericht eines Landes oder das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden habe, keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.
Diesbezüglich vertrat das Verwaltungsgericht in der Erkenntnisbegründung den Standpunkt, "die am letzten Werktag des Bestehens des UVS Wien kurz vor Ende der Amtsstunden bei diesem eingelangte Beschwerde nach § 82 FPG" sei eine "Sonderform der Maßnahmenbeschwerde", die am 31. Dezember 2013 beim UVS Wien anhängig und "als solche" gemäß § 125 Abs. 22 FPG vom VwG Wien zu erledigen gewesen sei. Die erwähnte Übergangsbestimmung sei so zu lesen, dass im gegenständlichen Verfahren über die vom Revisionswerber eingebrachte Schubhaftbeschwerde mit 1. Jänner 2014 an die Stelle des UVS Wien das VwG Wien getreten sei.
Demgegenüber wird in der Revision die Unzuständigkeit des VwG Wien geltend gemacht und dazu mit näherer Begründung die Auffassung vertreten, die Beschwerde nach § 82 FPG sei ein "Rechtsmittel sui generis" und somit keine Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 22 FPG. Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die gegenständliche Schubhaftbeschwerde sei daher nicht gemäß der genannten Bestimmung auf das VwG Wien übergegangen, sondern - weil das FPG unmittelbar von Bundesbehörden zu vollziehen sei - gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG auf das Bundesverwaltungsgericht. Dafür spreche auch der aus § 22a BFA-Verfahrensgesetz abzuleitende "Zweck der Verfahrenskonzentration" in diesem "sensiblen Rechtsbereich" beim Bundesverwaltungsgericht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mittlerweile in seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/21/0064, mit dem Verständnis der in § 125 Abs. 22 bis 24 FPG normierten Übergangsregelungen befasst. Diese Bestimmungen, die in Art. 151 Abs. 51 Z 11 B-VG ihre verfassungsrechtliche Grundlage haben, lauten:
"(22) Alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei einem Unabhängigen Verwaltungssenat der Länder anhängigen Berufungsverfahren und Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach diesem Bundesgesetz sind ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.
(23) Alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei einer Landespolizeidirektion anhängigen Berufungsverfahren nach diesem Bundesgesetz sind ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.
(24) Wird eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 nach Ablauf des 31. Dezember 2013 durch den Verfassungsgerichtshof oder den Verwaltungsgerichtshof behoben, so fällt dieses Verfahren an das jeweils zuständige Landesverwaltungsgericht zurück, das nach diesem Bundesgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu entscheiden hat."
Das wird in den ErläutRV zum FNG-Anpassungsgesetz (2144 BlgNR 24. GP 25) wie folgt kommentiert:
"Diese Bestimmungen regeln den Übergang der Verfahren zum 01. Jänner 2014.
...
Mit dem vorliegenden Abs. 22 wird normiert, dass alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim UVS anhängigen Berufungsverfahren und Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, ab dem 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht zu Ende zu führen sind. Dabei hat das Landesverwaltungsgericht die alte Rechtslage, also das FPG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012, anzuwenden.
Abs. 23 normiert, dass alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei einer Landespolizeidirektion anhängigen Berufungsverfahren, ab dem 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht zu Ende zu führen sind. Dabei hat das Landesverwaltungsgericht die alte Rechtslage, also das FPG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012, anzuwenden.
Der vorgeschlagene Abs. 24 regelt, dass die den Entscheidungen nach dem FPG in alter Rechtslage, also vor Ablauf des 31. Dezember 2013, die nach Ablauf des 31. Dezember 2013 durch den Verfassungsgerichtshof oder den Verwaltungsgerichtshof behoben werden, zugrundeliegenden Verfahren an das jeweils zuständige Landesverwaltungsgericht zurückfallen. Dabei hat das Landesverwaltungsgericht die alte Rechtslage, also das FPG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012, anzuwenden."
Der Verwaltungsgerichtshof folgerte in dem erwähnten Erkenntnis vom 26. Juni 2014 aus den zitierten Bestimmungen des FPG samt den dazu erstatteten Erläuterungen, dass alle am 31. Dezember 2013 in Angelegenheiten des FPG - bei den unabhängigen Verwaltungssenaten und bei den Landespolizeidirektionen - anhängigen Rechtsmittel- und Maßnahmenbeschwerdeverfahren von den Landesverwaltungsgerichten nach der "alten" Rechtslage zu Ende zu führen seien, und zwar auch dann, wenn bei einer erst nach dem 31. Dezember 2013 in einem "Altfall" ergangenen aufhebenden Entscheidung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in einem weiteren Rechtsgang zu entscheiden ist. Es sei - trotz der Unvollständigkeit dieser Regelungen - offensichtliche Absicht des Gesetzgebers gewesen, dass alle "Altverfahren" nach dem FPG von den Landesverwaltungsgerichten nach der Rechtslage in der Fassung vor dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, zu Ende zu führen seien. Vor diesem Hintergrund hat der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis auch schon zum Ausdruck gebracht, dass § 125 Abs. 22 FPG nicht nur auf sogenannte Maßnahmenbeschwerden, sondern auch auf Verfahren über Schubhaftbeschwerden nach § 82 FPG (aF) anzuwenden sei.
Im Übrigen sprechen vor dem Hintergrund der einwöchigen Entscheidungsfrist des § 83 Abs. 2 Z 2 FPG (aF) auch praktische Überlegungen für einen Zuständigkeitsübergang in Schubhaftbeschwerdeverfahren am 1. Jänner 2014 von den UVS der einzelnen Länder auf die jeweiligen Verwaltungsgerichte der Länder und nicht auf das Bundesverwaltungsgericht mit Sitz in Wien. Schließlich ist dem Revisionsvorbringen zu entgegnen, dass aus dem seit 1. Jänner 2014 (für ab diesem Zeitpunkt eingebrachte Schubhaftbeschwerden) geltenden und hierfür die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes normierenden § 22a BFA-VG, der auch vor dem Hintergrund des Art. 131 Abs. 2 B-VG zu sehen ist, für die Auslegung der Übergangsbestimmungen, die sich nur auf Altfälle beziehen, schon wegen des unterschiedlichen Regelungsgegenstandes nichts zu gewinnen ist. Es bestehen vielmehr keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber entgegen der generell in Bezug auf "Altfälle" verfolgten Absicht, sie von den Landesverwaltungsgerichten nach der bisher geltenden Rechtslage zu Ende führen zu lassen, in Bezug auf Schubhaftbeschwerdeverfahren eine Ausnahme vorsehen und sie dem Regime des § 22a BFA-VG unterwerfen wollte.
Demzufolge hat das VwG Wien im vorliegenden Fall zutreffend seine Zuständigkeit zur Entscheidung über die vor dem 1. Jänner 2014 beim UVS Wien eingebrachte Schubhaftbeschwerde in Anspruch genommen.
Aus den oben dargestellten Ausführungen ergibt sich, dass die vom VwG Wien als noch unjudiziert angesehene und in der Revision (allein) relevierte Rechtsfrage mittlerweile mit dem erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2014, Ro 2014/21/0064, geklärt wurde. Es liegen somit die in Art. 133 Abs. 4 B-VG normierten Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nicht (mehr) vor.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Die Revision war daher in Anwendung dieser Bestimmung - zumal der Verwaltungsgerichtshof an den diesbezüglichen Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 34 Abs. 1a VwGG nicht gebunden ist - zurückzuweisen.
Wien, am 28. August 2014
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