Normen
BAO §262 idF 2013/I/014;
BAO §276 Abs1;
BAO §279 Abs1 idF 2013/I/014;
BAO §289 Abs2;
BAO §303 Abs1 idF 2013/I/014;
BAO §303 Abs1 litb idF 2013/I/014;
BAO §303;
BAO §93 Abs3 lita;
VwRallg;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Revisionswerberin wurde mit Erklärung vom 28. Februar 2003 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 8. Mai 2003 wurde das Stammkapital erhöht. Als neue Gesellschafterin (mit einem Anteil von etwa 30%) trat die HG ein, die der Revisionswerberin mit weiterem Vertrag vom 8. Mai 2003 ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 1 Mio. EUR gewährte. Der Darlehensgeberin wurde in diesem Vertrag für den Fall, dass sie das Darlehen aus näher genannten Gründen kündige und nicht die Rückzahlung des Darlehens verlange, das Recht eingeräumt, die Gründung einer stillen Gesellschaft - entsprechend einer angeschlossenen Vertragsurkunde - zu verlangen.
Im Rahmen einer neuerlichen Kapitalerhöhung traten weitere Gesellschafter (die "G-Gruppe", u.a. die G Holding GmbH) ein, wobei die G Holding GmbH als Gegenleistung mit Einbringungsvertrag vom 10. September 2004 ihren Geschäftsanteil an der G GmbH (Deutschland) in die Revisionswerberin einbrachte.
In den Jahren 2005 bis einschließlich 2010 bildete die Revisionswerberin als Gruppenträgerin mit der G GmbH (Deutschland) als ausländischem Gruppenmitglied eine Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG 1988.
Mit Generalversammlungsbeschluss vom 26. September 2007 wurde die Revisionswerberin in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.
Die Jahre 2003 bis 2006 wurden einer abgabenbehördlichen Prüfung unterzogen, über deren Ergebnis im Bericht gemäß § 150 BAO u. a. festgehalten wurde:
"Tz. 1 Patente
Absetzung für Abnutzung
Im Jahre 2003 wurden von (DA) Patente angeschafft. Die Anschaffungskosten beliefen sich auf EUR 200.000,--. Die Nutzungsdauer der Patente wurde mit 4 Jahren festgelegt. Nach Ansicht der BP handelt es sich bei der Anschaffung der Patente um eine verdeckte Gewinnausschüttung an (DA). Die im Prüfungszeitraum aufwandwirksam verbuchte AfA wird außerbücherlich hinzugerechnet.
Tz. 2 Wandlungsrecht (H)
a.o. Betriebsaufwand
Im Jahre 2004 wurde von der (Revisionswerberin) ein Betrag von 1.100.000,- an die (HG) bezahlt. Dies damit die (HG) auf das ihr gewährte Wandlungsrecht zur Schaffung einer atypisch stillen Beteiligung verzichtet. Der Aufwand von EUR 1.100.000,-- wurde seitens der (Revisionswerberin) als a.o. Aufwand zur Verbuchung gebracht.
Betriebsaufwendungen sind gemäß § 4 Abs 4 EStG Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlaßt sind.
Der Verzicht auf das Eingehen einer atypisch stillen Beteiligung liegt einzig und allein im Interesse der Gesellschafter und nicht in dem der Gesellschaft. Die Zahlung von EUR 1.100.000,-- ist somit nach Ansicht der BP in keiner Weise durch den Betrieb bedingt und stellt somit in weiterer Konsequenz keine Betriebsausgabe dar.
Tz. 3 Bürgschaft
Eingehen einer Bürgschaftserklärung
Mit Vertrag vom 8.11.2004 ist die (Revisionswerberin) für die (G GmbH) eine Bürgschaft in Höhe von EUR 3.900.000,-- eingegangen. Für die Übernahme dieses Risikos ist nach Ansicht der BP 2005 und 2006 0,5 Prozent der Bürgschaftssumme an die (G GmbH), 2004 pro rata temporis 2/12 dieses Betrages zu verrechnen.
Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO Hinsichtlich nachstehend angeführter Abgabenarten und Zeiträume wurden Feststellungen getroffen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO erforderlich machen: (...)
Körperschaftsteuer 2003 bis 2006 (Feststellung) 1, 2, 3"
Mit Bescheid des Finanzamtes vom 26. Mai 2009 erfolgte die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2004. In der Begründung des Bescheides wurde angeführt, die Wiederaufnahme erfolge gemäß § 303 Abs. 4 BAO "aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen Bescheid zu ersehen".
Mit weiterem Bescheid vom 26. Mai 2009 wurde die Körperschaftsteuer 2004 neu festgesetzt.
Die Revisionswerberin erhob gegen diese Bescheide Berufung. Zur Wiederaufnahme machte sie insbesondere geltend, aus der Niederschrift oder dem Prüfungsbericht sei zwar im Ansatz erkennbar, dass sich das Finanzamt auf den Neuerungstatbestand berufe und bestimmte (aber zu Unrecht behauptete) neu hervorgekommene Tatsachen dem Wiederaufnahmebescheid zu Grunde gelegt worden seien. Die Begründung des Bescheides sei aber floskelhaft und gehe auf die Besonderheiten des Einzelfalles überhaupt nicht ein.
Die Feststellungen in Tz 1 (Patente) seien aus dem Jahresabschluss 2003 ersichtlich, welcher dem Finanzamt vorgelegen sei. Aus den erworbenen Patenten würden laufend Lizenzeinnahmen erwirtschaftet. Die Patente seien in Höhe des Kaufpreises werthaltig und seien zu fremdüblichen Konditionen von der Revisionswerberin gekauft worden. Der Umstand, dass die Patente von einem Gesellschafter erworben worden seien, sei per se keine die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigende neu hervorgekommene Tatsache.
Die Feststellungen in Tz 2 entsprächen den Ausführungen im Jahresabschluss 2004 (Anhang), welcher dem Finanzamt im Zeitpunkt der Bescheiderlassung zur Verfügung gestanden sei.
Auch die Feststellungen in Tz 3 (Bürgschaft) ergäben sich aus dem Jahresabschluss 2004 (Anhang). Das Risiko aus der Bürgschaft ergebe sich nur im Umfang der Höhe des aushaftenden Kreditbetrages, nicht des Haftungsrahmens. Der Provisionssatz sei sohin auch nur auf diese Höhe zu beziehen. Diese allenfalls anzusetzende Provision sei damit absolut und relativ geringfügig, sodass dies keine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würde.
Der Wiederaufnahmebescheid sei auch deshalb mangelhaft, weil die neu hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel nicht ausdrücklich bezeichnet worden seien. Das Finanzamt versuche, den ihm bereits bekannten Sachverhalt rechtlich neu zu würdigen.
Sodann enthält die Berufung umfangreiche Ausführungen betreffend Tz 2 ("Wandlungsrecht"). Im Rahmen der Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses mit der Revisionswerberin habe die HG der Beteiligungsgesellschaft ein Darlehen in Höhe von 1 Mio EUR eingeräumt. Der Vertrag vom 8. Mai 2003 habe der Darlehensgeberin vielfältige Rechte eingeräumt. Unter anderem sei die HG berechtigt gewesen, bei Kündigung des Darlehens statt der Rückzahlung des Darlehens die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft mit einer Beteiligung von 30% zu verlangen. Im Frühjahr 2004 seien Gespräche mit einem deutschen Mitbewerber geführt worden. Im Zuge dieser Gespräche seien im Hinblick auf eine künftige Zusammenarbeit von den Gesellschaftern des deutschen Mitbewerbers ("G-Gruppe") Änderungen der Bestimmungen des Vertrages betreffend das Gesellschafterdarlehen der HG begehrt worden. Dazu sei schließlich vereinbart worden, dass die HG gegen Zahlung eines Abfindungsbetrages von 1,1 Mio EUR auf das Wandlungsrecht verzichte.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 3. Dezember 2009 gab das Finanzamt der Berufung betreffend Wiederaufnahme (Körperschaftsteuer 2004) Folge und hob den Bescheid auf.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2010 wurde das Verfahren hinsichtlich Körperschaftsteuer 2004 neuerlich vom Finanzamt gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommen. Mit weiterem Bescheid vom 16. Juni 2010 wurde die Körperschaftsteuer 2004 neu festgesetzt.
In der gesonderten Bescheidbegründung wurde ausgeführt, im Rahmen der Betriebsprüfung der Jahre 2003 bis 2006 seien folgende Tatsachen und Beweismittel neu hervorgekommen:
- zu den Patentverkäufen: Vertrag betreffend den Verkauf der Patente von DA an die Revisionswerberin; Liste und Aufstellung der verkauften Patente; Tatsache, dass die Verkaufserlöse aus diesem Verkauf von DA bisher nicht versteuert worden seien; Aussagen anlässlich näher angeführter Besprechungen;
- zur "Mezzanin-Finanzierung": Gesellschafterdarlehensvertrag vom 8. Mai 2003; Gutachten betreffend Angemessenheit der Gegenleistung für einen Verzicht vom 14. Mai 2004;
Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft vom 8. Mai 2003; Unterlagen über die Berechnung des Unternehmenswertes der Revisionswerberin; Aussagen anlässlich näher angeführter Besprechungen; Tatsache, dass eine Fremdfinanzierung von Banken nicht mehr habe erreicht werden können;
- zur Bürgschaft: der Kreditvertrag aus dem Jahr 2005;
Aussagen anlässlich der genannten Besprechungen.
Der Betriebsprüfung sei der Sachverhalt so nicht bekannt gewesen, dass sie ohne die angeführten Tatsachen und Beweismittel bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Die Wiederaufnahmegründe seien erst nach Bescheiderlassung neu hervorgekommen. Die finanziellen und steuerlichen Auswirkungen seien nicht gering; es liege kein Missverhältnis zwischen den Folgen des Wiederaufnahmsgrundes und den abgabenrechtlichen Auswirkungen insgesamt vor.
Dass für den Körperschaftsteuerbescheid 2004 bereits eine unbegründete Wiederaufnahme verfügt worden sei, stehe der abermaligen Wiederaufnahme nicht entgegen. Eine neuerliche Wiederaufnahme müsse - wie hier vorliegend - aus anderen Gründen verfügt werden als aus jenen im anderen Bescheid. Dies sei hier gegeben.
Betreffend Körperschaftsteuer wird zusammengefasst ausgeführt, die Zahlung von 1,1 Mio EUR für die Abwendung der Option sei im Interesse der Gesellschafter gelegen und stelle daher keine Betriebsausgabe dar.
Die Revisionswerberin erhob gegen diese Bescheide Berufung. Insbesondere machte die Revisionswerberin geltend, das Finanzamt lege im zweiten Wiederaufnahmebescheid - wenngleich ausführlicher und detaillierter - den identen Tatsachenkomplex und somit die idente Sache zugrunde; sie verstoße damit gegen die Rechtskraft der Berufungsvorentscheidung.
Die Revisionswerberin erhob in der Folge auch Berufungen gegen die Feststellungsbescheide Gruppenträger 2005 bis 2007 sowie die Körperschaftsteuerbescheide Gruppe für die Jahre 2005 bis 2007 und beantragte, dargelegte Änderungen der Ergebnisse des ausländischen Gruppenmitgliedes zu berücksichtigen und den Verlustabzug sowie die anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer entsprechend den angestellten Berechnungen - ausgehend vom Berufungsvorbringen zum Jahr 2004 - anzupassen.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die - als Beschwerden geltenden (§ 323 Abs. 38 BAO) - Berufungen gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens (Körperschaftsteuer 2004) sowie betreffend Körperschaftsteuer 2004 als unbegründet ab. Die Bescheide betreffend Feststellung des Einkommens des Gruppenträgers sowie Körperschaftsteuer Gruppe für die Jahre 2005 bis 2007 wurden abgeändert.
Begründend führte das Bundesfinanzgericht - nach Wiedergabe des Verfahrensganges - im Wesentlichen aus, das Finanzamt habe zunächst mit Bescheid vom 26. Mai 2009 das Verfahren unter Hinweis auf die im Betriebsprüfungsbericht (Tz 1 bis 3) angeführten Feststellungen wieder aufgenommen. Der in einem Betriebsprüfungsbericht gegebene Hinweis auf einzelne Textziffern im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme eines Verfahrens lasse im Regelfall den Schluss zu, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt habe und die in den einzelnen Textziffern getroffenen Prüfungsfeststellungen jenen Tatsachenkomplex bildeten, der nach Ansicht des Finanzamtes im Zuge der Prüfung neu hervorgekommen sei. Im vorliegenden Fall könne ein derartiger Schluss aber nicht nachvollziehbar begründet gezogen werden. Die Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht ließen nicht ansatzweise erkennen, welchen Wiederaufnahmetatbestand das Finanzamt herangezogen habe und auf welche Sachverhaltselemente es sich hierbei gestützt habe. Der Hinweis auf im Zuge der Prüfung getroffene Feststellungen könne keineswegs nur auf den Neuerungstatbestand bezogen werden. Es finde sich weder im Betriebsprüfungsbericht noch in der hinsichtlich der getroffenen Feststellungen wortgleichen Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 23. Oktober 2008 ein wie immer gearteter Hinweis auf festgestellte Tatsachen oder Beweismittel oder gar, dass diese im Zuge der Betriebsprüfung neu hervorgekommen wären. Hinzu komme, dass in diesen Textziffern nicht festgestellte Tatsachen, sondern rechtliche Schlussfolgerungen angeführt seien bzw. die als Tatsachen anzusehenden Umstände - entsprechend auch den Ausführungen der Revisionswerberin in der ursprünglichen Berufung - aus der im Akt erliegenden Bilanz zum 31. Dezember 2004 samt Anhang hervorgingen. Diese seien sohin nicht als neu hervorgekommen zu beurteilen. Auch gehe aus der Feststellung, dass der Verzicht auf das Eingehen einer atypisch stillen Beteiligung einzig im Interesse der Gesellschafter liege, nicht hervor, auf welche Tatsachenfeststellungen sich diese Schlussfolgerung des Prüfers stütze und welche Gesellschafter er damit überhaupt anspreche (die damaligen Gesellschafter der Revisionswerberin, die neu hinzutretenden oder aber jene der atypisch stillen Gesellschaft).
Die Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht seien damit nicht geeignet, einen Tatsachenkomplex zu umschreiben, der einen Wiederaufnahmetatbestand erfülle. Die Aufhebung des ursprünglichen Wiederaufnahmebescheides durch das Finanzamt sei sohin jedenfalls zu Recht erfolgt. Da dieser ursprüngliche Wiederaufnahmebescheid aber nicht auf einen gesetzlichen Wiederaufnahmetatbestand gestützt gewesen sei, liege im Hinblick auf die neuerliche Wiederaufnahme des Verfahrens, die sich in unzweifelhafter Weise auf den Neuerungstatbestand und die dort angeführten Sachverhaltselemente stütze, keine rechtskräftig entschiedene Sache vor.
Im nunmehrigen Wiederaufnahmebescheid verweise das Finanzamt u. a. auf Aussagen anlässlich näher genannter Besprechungen. Niederschriften oder Aktenvermerke über diese Besprechungen seien nicht aktenkundig. Aus im Akt befindlichen Aktenvermerken und Stellungnahmen des Vertreters der Revisionswerberin gingen keine neu hervorgekommenen Sachverhaltselemente hervor, sodass darauf die Wiederaufnahme nicht gestützt werden könne.
Betreffend die Abfindungszahlung für das Wandlungsrecht führe das Finanzamt als neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel eine Reihe von Unterlagen sowie den Umstand an, dass eine Fremdfinanzierung von Banken nicht mehr habe erreicht werden können. In Zusammenhalt mit der Begründung des Sachbescheides sei der Begründung des Finanzamtes damit der im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung als neu hervorgekommen beurteilte Tatsachenkomplex samt den einzelnen neu hervorgekommenen Tatsachen bzw. Beweismitteln mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen. Eine bloß mangelhafte Begründung der vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen könne auch vom Bundesfinanzgericht ergänzt werden.
Die Nichtanerkennung der Zahlung für den Verzicht auf das Wandlungsrecht als Betriebsausgabe sei erst aufgrund der im Zuge der Betriebsprüfung neu hervorgekommenen Tatsachen möglich gewesen. Es stehe außer Streit, dass die angeführten Verträge (Darlehensvertrag, Gesellschaftsvertrag) bzw. das Gutachten über die Angemessenheit der Abfindungszahlung dem Finanzamt im Rahmen der Erstveranlagung nicht vorgelegen seien und damit auch eine vollständige Offenlegung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht erfolgt sei. Damit sei aber dem Finanzamt der Sachverhalt nicht so vollständig bekannt gewesen, dass es schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Es sei zwar zutreffend, dass aus den Bilanzen bzw. den entsprechenden Anhängen hervorgehe, dass eine Abfindungszahlung in Höhe von 1,1 Mio EUR für den Verzicht auf das im Gesellschafterdarlehensvertrag vom 8. Mai 2003 eingeräumte Wandlungsrecht geleistet und gewinnwirksam geltend gemacht worden sei, es könne daraus aber nicht abgeleitet werden, dass das Finanzamt die steuerliche Anerkennung der strittigen Aufwendungen bereits aus den offen gelegten Gründen hätte versagen müssen. Erst aus den im Zuge der Betriebsprüfung vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass die Revisionswerberin der HG als Darlehensgeberin unter den dort genannten Voraussetzungen das Recht eingeräumt habe, die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft zu verlangen. Auch gehe erst aus diesen Unterlagen hervor, wie das Gesellschaftsverhältnis inhaltlich ausgestaltet gewesen sei (30%ige Beteiligung am Gewinn, am Wert des Geschäftsvermögens einschließlich stiller Reserven, Firmenwert und nicht realisierter Wertsteigerungen des Betriebsvermögens unter Ausschluss einer Verlustbeteiligung, umfangreiche Zustimmungs- und Kontrollrechte). Aus den Akten ergebe sich kein Hinweis darauf, dass das Wandlungsrecht eine Beteiligung im Rahmen einer Mitunternehmerschaft zum Gegenstand gehabt habe, geschweige denn, wie das Gesellschaftsverhältnis konkret ausgestaltet gewesen sei. Das Finanzamt habe erst aufgrund dieser Verträge überhaupt die Art des Vertragsverhältnisses und darauf basierend die Frage der Rechtsnatur der Abfindungszahlung bzw. deren Abzugsfähigkeit beurteilen können. Aus dem Gutachten über die Angemessenheit der Gegenleistung für den Verzicht auf das Wandlungsrecht ergebe sich zudem, dass der Abfindungsbetrag dem vereinbarten Anteil (30%) am Verkehrswert (einschließlich der stillen Reserven) des Unternehmens zum damaligen Zeitpunkt entsprochen habe.
Ohne weitere Erhebungen bezüglich der konkreten Vertragsgestaltung betreffend das Gesellschafterdarlehen und die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft habe das Finanzamt nicht zu der im wiederaufgenommenen Verfahren vertretenen Auffassung gelangen können. Die vom Finanzamt als neu hervorgekommen gewerteten Sachverhaltselemente seien - wie noch zu zeigen sein werde - auch geeignet, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen.
Ob auch im Zusammenhang mit den - nach den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung inhaltlich nicht bestrittenen - Feststellungen betreffend die Anschaffung von Patenten sowie die Bürgschaftsübernahme taugliche Wiederaufnahmegründe angeführt worden seien, könne dahingestellt bleiben. Die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer 2004 erweise sich demnach als rechtmäßig.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung habe die steuerliche Vertretung erklärt, dass die betreffend Patente und Bürgschaft vorgenommenen Hinzurechnungen inhaltlich nicht bekämpft würden; auf diese beiden Punkte sei sohin auch betreffend Körperschaftsteuer 2004 nicht mehr einzugehen.
Hinsichtlich der Abfindungszahlung für das Wandlungsrecht sei auszuführen, dass mit Generalversammlungsbeschluss vom 8. Mai 2003 das Stammkapital der Revisionswerberin erhöht worden und die HG als neue Gesellschafterin eingetreten sei (Beteiligung etwa 30%). Mit Gesellschafterdarlehensvertrag vom selben Tag habe die HG der Revisionswerberin ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 1 Mio EUR eingeräumt. Dazu sei u.a. vereinbart worden:
"Der Darlehensnehmer räumt dem Darlehensgeber das Recht ein, für den Fall, dass der Darlehensgeber das Darlehen aus einem der zuvor genannten Gründe kündigt und der Darlehensgeber nicht mittels eingeschriebenen Briefes die Rückzahlung des Darlehens verlangt, die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft - gemäß beiliegendem Vertrag - zu verlangen, wobei die Einlage in dem Verzicht auf die Rückzahlung des noch aushaftenden Darlehens Nominale besteht. (...)"
Auf dieses Recht, die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft verlangen zu können, habe die HG mit Erklärung vom 28. Mai 2004 gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 1,1 Mio. EUR verzichtet, der von der Revisionswerberin als außerordentlicher Aufwand gewinnwirksam geltend gemacht worden sei.
Einem im Zuge der Betriebsprüfung vorgelegten Gutachten vom 13. Mai 2004 über die Angemessenheit der Gegenleistung für den Verzicht auf das vertraglich vereinbarte Wandlungsrecht zufolge entspreche der bezahlte Abfindungsbetrag - ausgehend von einem einvernehmlich festgelegten Verkehrswert von rund 7 Mio EUR - dem vorgesehenen Anteil (30%) an den stillen Reserven und am Firmenwert abzüglich der Vermögenseinlage der HG. In der Folge habe die HG in Höhe des Abfindungsbetrages einen alinearen Gesellschafterzuschuss geleistet.
Die im Vertrag über eine stille Gesellschaft vorgesehene Beteiligung am Wert des Geschäftsvermögens einschließlich stiller Reserven, Firmenwert und nicht realisierter Wertsteigerungen des Betriebsvermögens spreche im Zusammenhang mit den vorgesehenen Kontroll- und Zustimmungsrechten für das Vorliegen einer atypisch stillen Beteiligung. Der HG sei mit dieser Vereinbarung eine Stellung eingeräumt worden, die jener eines Kommanditisten jedenfalls nicht nachstehe.
Betriebsausgaben seien die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst seien. Es komme auf einen wirtschaftlichen Zusammenhang an. Zahlungen, die ihre Ursache im gesellschaftsrechtlichen Verhältnis hätten, seien nicht durch den Betrieb veranlasst.
Außer Zweifel stehe, dass der HG als Gesellschafterin der Revisionswerberin im Gesellschafterdarlehensvertrag das Recht eingeräumt worden sei, unter dort genannten Voraussetzungen die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft zu verlangen. Die Abfindungszahlung in Höhe von 1,1 Mio EUR sei für den Verzicht auf dieses Wandlungsrecht geleistet worden.
Nach ihrem inneren Gehalt habe die Abfindungszahlung ihre Ursache damit zweifelsohne in dem der HG im Darlehensvertrag eingeräumten Wandlungsrecht in ein Gesellschaftsverhältnis in Form einer atypisch stillen Beteiligung. Damit sei aber in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein unmittelbarer kausaler Zusammenhang zwischen der Zahlung und der gesellschaftsvertraglich vorgesehenen Mitunternehmerstellung und somit einem gesellschaftsrechtlich veranlassten Umstand gegeben. Für eine im gesellschaftsrechtlichen Bereich wurzelnde Veranlassung spreche auch, dass der Verzicht auf das Wandlungsrecht gerade eine unabdingbare Voraussetzung für die neu eintretenden Gesellschafter gewesen sei, wäre der atypisch Stille ansonsten doch auch an der durch den Eintritt der neuen Gesellschafter eingetretenen Wertsteigerung beteiligt gewesen.
Mit dem Einwand der Revisionswerberin, dass die Zahlung nicht causa societatis im Sinne des GmbH-Rechts bzw. des Körperschaftsteuerrechts veranlasst sein könne, weil die Zahlung im Interesse der Revisionswerberin (und nicht ihrer Gesellschafter) erfolgt sei, lasse sich folglich nichts gewinnen, gehe es doch nicht um das Verhältnis zwischen der Revisionswerberin und ihren Gesellschaftern, sondern um jenes im Rahmen der vertragsgemäß vorgesehenen atypisch stillen Gesellschaft.
Dass die atypisch stille Gesellschaft nicht gegründet worden sei, stehe außer Frage. Stelle eine Abfindungszahlung im Falle des Bestehens einer Gesellschaft aber keine Betriebsausgabe dar, könne für eine derartige Zahlung an einen potentiellen Gesellschafter zur Verhinderung dieses Gesellschaftsverhältnisses nichts anderes gelten.
Den im Gesellschaftsvertrag getroffenen Vereinbarungen sei offenkundig auch insoweit Rechnung getragen worden, als die Höhe der Abfindung dem sich bei der vorgesehenen 30%igen Beteiligung ergebenden anteiligen Verkehrswert des Unternehmens entspreche. Dies bedeute im Ergebnis nichts anderes, als dass der Abfindungsbetrag den Anteil an den stillen Reserven und am Geschäftswert zum damaligen Zeitpunkt abdeckte. Die an einen als Mitunternehmer anzusehenden atypisch stillen Gesellschafter fließenden Gewinnanteile seien Teil des Gewinnes des Unternehmens und bildeten daher keine Betriebsausgaben. Eine an einen ausscheidenden Gesellschafter einer Personengesellschaft geleistete Abfindung sei nur dann als gewinnmindernde Betriebsausgabe zu behandeln, wenn der Abfindungsbetrag den Wert des Kapitalkontos des ausscheidenden Gesellschafters übersteige und auch in dessen Anteil an den stillen Reserven und am Firmenwert keine Deckung finde. Den Ausführungen der Revisionswerberin zu einem "lästigen Gesellschafter" sei entgegenzuhalten, dass Voraussetzung für die Sofortabsetzung der Abfindungszahlung ein tatsächlich nachgewiesenes gesellschaftsschädigendes Verhalten des Gesellschafters vor dem Ausscheiden sei. Ansonsten könne davon ausgegangen werden, dass sowohl dem Abfindungsbetrag als auch einem allfälligen negativen Kapitalkonto stille Reserven oder ein Firmenwert gegenüber stünden.
Auch wenn mit dem Einstieg eines weiteren Gesellschafters ein strategischer Partner habe gefunden und auf diese Weise eine stärkere Marktposition habe erreicht werden können und insoweit eine betriebliche Veranlassung bejaht werden könne, vermöge dies die im Vordergrund stehende gesellschaftsrechtliche Veranlassung nicht zu verdrängen. Die Abfindungszahlung könne sohin nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden.
Betreffend die Jahre 2005 bis 2007 seien - dem Berufungsvorbringen zum Teil folgend - näher angeführte Abänderungen vorzunehmen gewesen.
Zur Frage der steuerlichen Beurteilung einer Abfindungszahlung für den Verzicht auf eine vertraglich vorgesehene atypisch stille Beteiligung existiere ebenso wie zur Frage, ob res iudicata vorliege, wenn sich dem in der Folge aufgehobenen Wiederaufnahmebescheid nicht entnehmen lasse, dass sich das Finanzamt auf den Neuerungstatbestand gestützt habe, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die ordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
In der Revision wird geltend gemacht, für die zweite Wiederaufnahme sei auf Basis des Berichtes über die Außenprüfung, welcher grundsätzlich der Niederschrift über die Außenprüfung entspreche, der gleiche Tatsachenkomplex herangezogen worden. Daran ändere auch die gesonderte und ausführlichere Bescheidbegründung nichts. Es sei aber nach wie vor unklar, welche Tatsachen, die die Wiederaufnahme stützen sollen, konkret neu hervorgekommen seien. Bereits aus dem Anhang der Prüfberichte/Jahresabschlüsse 2003 und 2004, welche dem Finanzamt übermittelt worden seien, sei der gesamte Sachverhalt bekannt gewesen. Insbesondere würden die Feststellungen in Tz 2 des Berichtes über die Außenprüfung (Wandlungsrecht) den Ausführungen im Jahresabschluss 2004 (Anhang) entsprechen. Außer der rechtlichen Würdigung der Außenprüfung, dass kein betriebliches Interesse und daher auch keine Betriebsausgaben vorlägen, seien in Tz 2 keine Neuerungen enthalten. Weiters wird in der Revision geltend gemacht, die Abfindung für den Verzicht auf das Wandlungsrecht sei ausschließlich aus betrieblichen Gründen und somit im Interesse der Gesellschaft erfolgt.
Im Anhang zum Jahresabschluss 2004 finden sich zum "Wandlungsrecht" folgende Ausführungen:
"a) Verzicht auf ein Wandlungsrecht und Gesellschafterzuschuss
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28. Mai 2004 hat die (HG) auf das ihr im Gesellschafterdarlehensvertrag vom 8. Mai eingeräumte Wandlungsrecht gegen Bezahlung eines Entgeltes in Höhe von EUR 1,100.000,00 verzichtet und sich gleichzeitig zu einem Gesellschafterzuschuss zumindest in dieser Höhe verpflichtet. Am 23. Juni 2004 hat die (HG) einen alinearen Gesellschafterzuschuss in Höhe von EUR 1,100.000,00 an die (Revisionswerberin) geleistet."
Zunächst ist zu bemerken, dass das Bundesfinanzgericht die Wiederaufnahme ausschließlich im Hinblick auf das "Wandlungsrecht" ("Mezzanin-Finanzierung") bestätigt hat; ob die Wiederaufnahme auf die weiters vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegründe (Patentverkäufe, Bürgschaft) gestützt werden könnte, blieb dahingestellt und war im vorliegenden Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen.
Gemäß § 323 Abs. 37 BAO traten u.a. die §§ 303, 304 und 305 BAO in der Fassung des FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, mit 1. Jänner 2014 in Kraft und sind auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen anzuwenden. Da die Berufung im vorliegenden Fall am 1. Jänner 2014 noch unerledigt war, sind im vorliegenden Verfahren die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens in der Fassung des FVwGG 2012 anzuwenden.
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Die Wendung "im abgeschlossenen Verfahren" beruht erkennbar auf einem Redaktionsversehen. Zweck der Wiederaufnahme wegen Neuerungen ist - wie schon nach der Regelung vor dem FVwGG 2012 - die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen (Ritz, BAO5 § 303 Tz 24). Gemeint sind also Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl. Ritz, aaO Tz 30).
Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden sollen, bestimmt bei der Wiederaufnahme auf Antrag die betreffende Partei, bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde (vgl. das Erkenntnis vom 14. Mai 1991, 90/14/0262).
Bei einem verfahrensrechtlichen Bescheid wie dem der Wiederaufnahme von Amts wegen wird die Identität der Sache, über die vom Finanzamt abgesprochen wurde, durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr angewandten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde. Aus einem im Betriebsprüfungsbericht gegebenen Hinweis auf einzelne Textziffern kann im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO (idF vor dem FVwGG 2012) gefolgert werden, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt hat und die in den einzelnen Textziffern getroffenen Prüfungsfeststellungen jenen Tatsachenkomplex bilden, der nach Ansicht des Finanzamtes neu hervorgekommen ist (vgl. das Erkenntnis vom 28. Februar 2012, 2008/15/0005, mwN).
Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung der auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom 28. Februar 2012, mwN).
Hat das Finanzamt hingegen eine Wiederaufnahme auf Umstände gestützt, die keinen Wiederaufnahmegrund darstellen, ist der Bescheid im Berufungsverfahren (nunmehr Beschwerdeverfahren) ersatzlos aufzuheben, was auch bereits durch Berufungsvorentscheidung (Beschwerdevorentscheidung) erfolgen kann (vgl. das Erkenntnis vom 27. Juni 2013, 2010/15/0052, mwN).
Auch eine Entscheidung betreffend Wiederaufnahme wird rechtskräftig und steht - bei unveränderter Sach- und Rechtslage - einer neuerlichen Entscheidung über denselben Wiederaufnahmegrund entgegen. Auch insoweit wird die Identität der Sache durch den Tatsachenkomplex abgegrenzt (vgl. das Erkenntnis vom 20. Juli 1999, 97/13/0131).
Die Bestimmungen zur Wiederaufnahme wurden zwar mit dem FVwGG 2012 geändert. Betreffend die amtswegige Wiederaufnahme erfolgte aber inhaltlich keine Abänderung (vgl. Ritz, BAO5, § 303 Tz 3). Ein Bescheid, mit dem - wie hier mit der Berufungsvorentscheidung vom 3. Dezember 2009 - die amtswegige Verfügung einer Wiederaufnahme aufgehoben wurde, ist daher weiterhin bindend.
Das Finanzamt hatte mit Bescheid vom 26. Mai 2009 zunächst das Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2004 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommen. Das Finanzamt stützte die Wiederaufnahme auf die "Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht" zu entnehmen seien. In dieser Niederschrift wurde insbesondere auf das "Wandlungsrecht" verwiesen. Dabei wurde u. a. ausgeführt, die HG habe gegen Zahlung von 1,1 Mio. EUR auf das ihr gewährte Wandlungsrecht zur Schaffung einer atypisch stillen Beteiligung verzichtet. Der Verzicht auf das Eingehen einer atypisch stillen Beteiligung liege einzig und allein im Interesse der Gesellschafter und nicht in dem der Gesellschaft. Die Zahlung von 1,1 Mio. EUR sei somit in keiner Weise durch den Betrieb bedingt und stelle keine Betriebsausgabe dar.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 3. Dezember 2009 hatte das Finanzamt der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung stattgegeben und sodann mit Bescheid vom 16. Juni 2010 das Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2004 neuerlich gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen. In der Begründung dieses Bescheides wurde wieder auf die "Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen" seien, sowie auf eine zusätzliche Begründung verwiesen. In dieser zusätzlichen Begründung wurden im Wesentlichen Unterlagen zum Nachweis von - schon im ersten Wiederaufnahmeverfahren nicht strittigen - Sachverhaltselementen (etwa Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmenwert) betreffend das "Wandlungsrecht" und weiters die "Tatsache, dass eine Fremdfinanzierung von Banken nicht mehr erreicht werden konnte", angeführt.
Damit wurde im zweiten Wiederaufnahmeverfahren kein anderer relevanter Tatsachenkomplex herangezogen als im ersten Wiederaufnahmeverfahren. Somit steht aber die Rechtskraft der Berufungsvorentscheidung vom 3. Dezember 2009 der neuerlichen Verfahrenswiederaufnahme entgegen.
Da sich aus der Entscheidung das Jahr 2004 betreffend - unstrittig - auch Auswirkungen für die Folgejahre ergeben, war das angefochtene Erkenntnis zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 26. November 2015
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