VwGH Ro 2014/06/0051

VwGHRo 2014/06/005128.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision der K R in Z, vertreten durch Dr. Stefan Kornberger, Rechtsanwalt in 6176 Völs, Gießenweg 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. September 2013, RoBau-8-1/903/2- 2013, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Zirl), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 2011 §27 Abs3;
BauO Tir 2011 §27;
BauRallg;
ROG Tir 2011 §61 Abs2;
ROG Tir 2011 §61;
BauO Tir 2011 §27 Abs3;
BauO Tir 2011 §27;
BauRallg;
ROG Tir 2011 §61 Abs2;
ROG Tir 2011 §61;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Voranzustellen ist, dass der Revisionswerberin vom Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 2. September 2008 die Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses (Doppelhaushälfte) mit einem Carport und mit weiterem Bescheid vom 16. März 2009 anstelle des bewilligten Carports die Bewilligung für die Errichtung einer massiven Garage auf dem Grundstück Nr. X, KG Z, erteilt wurde. Beide Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen.

2 Mit Bauansuchen vom 6. Oktober 2010 beantragte die Revisionswerberin die Erweiterung der bestehenden Doppelgarage auf dem angeführten Baugrundstück.

3 Gemäß dem allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan für die Grundstücke Nr. X und Nr. Y, KG Z (Beschlussfassung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 20. Mai 2008, im Folgenden: Bebauungsplan), ist für das gegenständliche Baugrundstück eine Baumassendichte von höchstens 1,85 festgelegt.

4 Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 13. November 2012 wurde das Bauansuchen vom 6. Oktober 2010 abgewiesen.

5 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Revisionswerberin vom 29. November 2012 gab der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 14. Juni 2013 (Beschlussfassung vom 16. Mai 2013) keine Folge.

6 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin die Vorstellung vom 2. Juli 2013, die mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 2013 als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde habe seine Entscheidung vom 14. Juni 2013 auf die Berechnungen zur Baumassendichte des dem erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen hochbautechnischen Sachverständigen DI S vom 15. Oktober 2012 gestützt, die bereits der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem erstinstanzlichen Bescheid vom 13. November 2012 zugrunde gelegt habe. Da die Revisionswerberin in ihrer Berufung von ihrem Recht auf Stellungnahme zu diesem Beweisergebnis Gebrauch gemacht habe, sei eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die erste Instanz als saniert zu betrachten. Da der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde keine neuen Ermittlungsergebnisse zur Entscheidungsfindung herangezogen habe, habe der Revisionswerberin keine Möglichkeit zur Stellungnahme nach § 45 Abs. 3 AVG mehr eingeräumt werden müssen.

7 Nach § 61 TROG 2011 sei für die Berechnung der Baumassendichte die gesamte vorgesehene Baumasse in ein zahlenmäßiges Verhältnis zur Gesamtfläche zu setzen. Die Annahme der Revisionswerberin, dass lediglich die neue Baumasse der (durch einen Zukauf) hinzugekommenen Fläche gegenüberzustellen sei, sei unrichtig. Vom hochbautechnischen Sachverständigen DI S werde im Rahmen seiner Berechnung vom 15. Oktober 2012 zur bereits vorhandenen Baumasse von 463,47 m3 die durch die geplante Erweiterung der Doppelgarage hinzukommende Baumasse von 49,54 m3 addiert (ergebe eine Baumasse von insgesamt 513,03 m3) und dieser werde die ursprüngliche Fläche von 218 m2 zuzüglich der durch den Zukauf eines Teiles der Nachbarliegenschaft nun um 27 m2 vergrößerten Fläche (ergebe eine Gesamtfläche von 245 m2) gegenübergestellt. Daraus errechne sich eine Baumassendichte von 2,09 anstelle der im Bebauungsplan festgelegten 1,85, weshalb das Bauansuchen abzuweisen gewesen sei.

8 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 20. Februar 2014, B 1260/2013-9, deren Behandlung ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

9 Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragte die Revisionswerberin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

10 Das Landesverwaltungsgericht Tirol teilte mit, dass die Verwaltungsakten im verfassungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt worden waren, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Revision.

11 Die mitbeteiligte Marktgemeinde beteiligte sich nicht am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Die vom Verfassungsgerichtshof erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene und über Verfügung des VwGH ergänzte Beschwerde gilt in sinngemäßer Anwendung des § 4 VwGbk-ÜG als Revision, für deren Behandlung - mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme - die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 2016, Ro 2014/06/0044).

14 Im Revisionsfall ist im Hinblick auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde (16. Mai 2013) folgende Rechtslage von Bedeutung:

§ 27 Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011), LGBl. Nr. 57/2011, lautet auszugsweise:

"§ 27

Baubewilligung

...

(3) Das Bauansuchen ist ohne weiteres Verfahren abzuweisen, wenn bereits aufgrund des Ansuchens offenkundig ist, dass

a) das Bauvorhaben,

1. ...

2. einem Bebauungsplan, Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes nach § 31 Abs. 6 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 hinsichtlich der Bebauung oder

3. ...

widerspricht oder

b) ..."

§ 61 Tiroler Raumordnungsgesetz 2011 (TROG 2011), LGBl. Nr. 56/2011, lautet auszugsweise:

"§ 61

Baudichten

(1) Die Baudichten können als Baumassendichte, Bebauungsdichte, Nutzflächendichte oder in kombinierter Form festgelegt werden. Die Bebauungsdichte kann weiters für oberirdische und unterirdische bauliche Anlagen gesondert festgelegt werden. Der Berechnung der Baudichten sind unbeschadet des Abs. 3 dritter Satz die Fertigbaumaße des jeweiligen Gebäudes zugrunde zu legen.

(2) Die Baumassendichte ist das zahlenmäßige Verhältnis zwischen der Baumasse und der Fläche des Bauplatzes mit Ausnahme jener Teile, die Verkehrsflächen im Sinn des § 2 Abs. 20 der Tiroler Bauordnung 2011 sind.

..."

15 Die Revisionswerberin bringt im Wesentlichen vor, sie habe bereits in der Vorstellung konkret dargelegt, dass das hochbautechnische Sachverständigengutachten des DI S vom 15. Oktober 2012 nicht schlüssig sei. Es gehe von unrichtigen Prämissen aus und verschweige, dass das Baugrundstück - rechtskräftig - mit einer Kubatur bebaut sei, die zu einer Baumassendichte von 2,13 geführt habe, bevor die Revisionswerberin ihr Bauansuchen vom 6. Oktober 2010 eingereicht habe, dessen Garagenumbau letztlich nur eine Baumassendichte von 2,09 ergebe. Damit habe sich die belangte Behörde nicht befasst.

16 Hätte die belangte Behörde der Revisionswerberin "Mitteilung über ihre Annahme von Beweisergebnissen erstattet", hätte die Revisionswerberin die Einholung des Gutachtens eines unabhängigen hochbautechnischen Sachverständigen beantragt, um damit die Unrichtigkeit der Annahme der belangten Behörde hinsichtlich den Baumassendichte zu erweisen. Die belangte Behörde hätte aber auch amtswegig das offenkundig unschlüssige Gutachten einer Überprüfung durch einen weiteren Sachverständigen zu unterziehen gehabt, wobei sich herausgestellt hätte, dass das Bauvorhaben eine Dichtereduzierung zum bewilligten Bestand erbracht habe.

17 Die Revisionswerberin habe ihr Grundstück bereits durch rechtskräftige Baubescheide mit einer Baumassendichte (463,47 m3/218 m2) von 2,13 bebaut, wobei es sich hierbei um einen in der mitbeteiligten Marktgemeinde allseits durchaus üblichen Wert handle.

18 Die gegenständliche geringfügige Erweiterung dieser Garage führe zu keiner Überschreitung der Baumassendichte, sondern tatsächlich zu einer minimalen Reduktion, weil die Revisionswerberin zur Durchführung dieser Erweiterung im Jahr 2010 vom Nachbargrundstück ein Flächentrennstück von 27 m2 erworben und ihrem Grundstück Nr. 1822/8 zugeschrieben habe.

19 Der Grundstücksvergrößerung von 27 m2 im Vergleich zum Baubescheid vom 16. März 2009 stehe eine Baumassenvergrößerung laut gegenständlichem Baugesuch im Umfang von 49,54 m3 gegenüber. Der Baumassenzuwachs von 49,54 m3 bezogen auf den Flächenzuwachs des Grundstücks von 27 m2 ergebe ein Verhältnis von 1,835. In absoluten Werten führe das Bauprojekt laut Bauansuchen vom 6. Oktober 2010 zu einer Reduktion der Baumassendichte von 2,13 auf 2,09. Das Baugesuch bleibe daher innerhalb der gegenständlich festgelegten Baumassendichte.

20 Nach § 61 Abs. 2 TROG 2011 ist die Baumassendichte das zahlenmäßige Verhältnis zwischen der Baumasse und der Fläche des Bauplatzes, wobei ein Bauplatz ein Grundstück ist, auf dem ein Gebäude errichtet werden soll oder besteht (§ 2 Abs. 12 TBO 2011).

21 Die Revisionswerberin und die belangte Behörde (mit Verweis auf die Berechnungen zur Baumassendichte des hochbautechnischen Sachverständigen DI S vom 15. Oktober 2012) gehen übereinstimmend davon aus, dass sich durch das gegenständliche Bauvorhaben eine Baumassendichte von 2,09 ergebe.

22 Die Revisionswerberin rügt, dass mit der gegenständlichen Erweiterung der Doppelgarage durch den Flächenzukauf tatsächlich eine minimale Reduzierung der Baumassendichte im Vergleich zu jenem mit Bescheid vom 16. März 2009 bewilligten Projekt von 2,13 auf 2,09 erfolge und dies im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt worden sei.

23 Aus dem rechtskräftig bewilligten Bescheid vom 16. März 2009, mit dem nach dem Revisionsvorbringen im Widerspruch zum Bebauungsplan eine höhere Baumassendichte bewilligt wurde (2,13) als in diesem festgesetzt (höchstens 1,85), lässt sich kein Recht darauf ableiten, dass die Erweiterung der bestehenden Garage, auch wenn durch einen erfolgten Flächenzuwachs im Ergebnis eine Reduzierung der Baumassendichte im Vergleich zu diesem rechtskräftig bewilligten Bescheid (von 2,13 auf 2,09) erfolgt, trotz eines (noch immer bestehenden) Widerspruchs zum Bebauungsplan zulässig wäre.

24 Die Revision erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

25 Ein Kostenzuspruch entfällt mangels Kostenersatzbegehrens der obsiegenden belangten Behörde.

Wien, am 28. Februar 2017

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