VwGH Ro 2014/04/0007

VwGHRo 2014/04/00079.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision der A GmbH in S, vertreten durch MMag. Dr. Philipp Götzl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 19. Dezember 2013, Zl. Senat-AB-13-0246, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde T, vertreten durch Hoffmann & Sykora Rechtsanwälte KG in 3430 Tulln, Nußallee 3), zu Recht erkannt:

Normen

BVergG 2006 §129 Abs1 Z11;
BVergG 2006 §19 Abs1;
BVergG 2006 §334;
BVergG 2006 §41a Abs1;
GewO 1994 §373a;
LVergabenachprüfungsG NÖ 2003 §16;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Die Stadtgemeinde T (Auftraggeberin, mitbeteiligte Partei) hat im Mai 2013 die Vergabe eines Bauauftrags - betreffend (u.a.) das Gewerk "Badewasseraufbereitung" als Teil der Sanierung des Hallenbades T - im Wege einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung (§ 41a des Bundesvergabegesetzes 2006 - BVergG 2006) bekannt gemacht. Die Vergabe sollte nach dem Billigstbieterprinzip erfolgen.

Die Revisionswerberin legte ein Angebot. Mit Schreiben vom 15. Juli 2013 teilte die mitbeteiligte Partei der Revisionswerberin mit, dass mit den gegenständlichen Arbeiten die

W GmbH aus Deutschland (im Folgenden: Zuschlagsempfängerin) beauftragt worden und das Vergabeverfahren damit abgeschlossen sei.

2. Nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens beantragte die Revisionswerberin mit Eingabe vom 30. August 2013, der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) wolle feststellen, dass wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens der Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren nicht gemäß den Angaben der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt worden bzw. die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung rechtswidrig gewesen sei. Weiters wurde die Nichtigerklärung des abgeschlossenen Vertrages sowie (hilfsweise) die Verhängung einer Geldbuße beantragt. In der Begründung führte die Revisionswerberin - zusammengefasst - aus, dass die Zulässigkeit der Wahl der Verfahrensart "Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung" fraglich sei, die Zuschlagsempfängerin nicht über die erforderliche Befugnis verfüge und das Angebot der Zuschlagsempfängerin auf Grund spekulativer Preisgestaltung vertieft zu prüfen bzw. auszuscheiden gewesen wäre.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Feststellung, dass die Zuschlagserteilung der mitbeteiligten Partei rechtswidrig erfolgt sei, ab.

3.1. Die belangte Behörde gab den zugrunde liegenden Feststellungsantrag, die dazu erstattete Stellungnahme der Auftraggeberin und die Replik der Revisionswerberin sowie das zur Frage der spekulativen Preisgestaltung im Angebot der Zuschlagsempfängerin eingeholte und den Parteien in der mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 2013 vorgelegte Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen für Energietechnik DI J wieder. In diesem Gutachten sei der Sachverständige zum Ergebnis gekommen, dass der Gesamtpreis der Zuschlagsempfängerin im Vergleich zu den weiteren Bietern in keinem ungewöhnlichen Verhältnis stehe, plausibel sei und somit kein spekulativer Gesamtpreis vorliege.

Die belangte Behörde stellte fest, dass der geschätzte Auftragswert für das gesamte Bauvorhaben ca. EUR 3,5 Millionen (exklusive Umsatzsteuer) betrage. Die Kostenschätzungen für das gegenständliche Gewerk würden zwischen EUR 355.000,- und EUR 420.000,- liegen.

3.2. Hinsichtlich der Befugnis hielt die belangte Behörde fest, dass die Zuschlagsempfängerin am 5. Jänner 2010 eine Anzeige an das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) gesendet habe. Am 10. Jänner 2011 habe sie vom BMWFJ die Rechtsauskunft erhalten, dass in Österreich für die Ausübung des Baues und der Projektierung von wassertechnischen Anlagen in der Form eines Industriebetriebes gemäß § 7 Abs. 5 GewO 1994 der Nachweis einer Befähigung nicht vorgeschrieben und für die Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen im Rahmen dieser Tätigkeit die Erstattung einer Anzeige gemäß § 373a Abs. 4 GewO 1994 nicht vorgesehen sei.

Eine Eintragung der Zuschlagsempfängerin im Dienstleistungsregister sei - so die belangte Behörde - nicht erfolgt; dies könne aber der Zuschlagsempfängerin nicht zum Vorwurf gemacht werden. Zudem könne sich ein öffentlicher Auftraggeber über die Entscheidung des BMWFJ nicht hinwegsetzen. Da in Österreich für die Errichtung der Schwimmbadtechnik das Gewerbe Gas- und Sanitärtechnik ausreiche, müsse dies auch für ein in Deutschland ansässiges Unternehmen gelten.

3.3. Zur gewählten Verfahrensart verwies die belangte Behörde auf die Regelung des § 14 Abs. 4 BVergG 2006, aus dem sich die Zulässigkeit der Durchführung einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ergebe, weil der geschätzte Auftragswert des vorliegenden Gewerks den maßgeblichen Schwellenwert (gemäß § 41a Abs. 2 BVergG 2006) von EUR 500.000,- nicht erreiche. Da es sich bei Leistungen der Schwimmbadtechnik um spezialisierte Arbeiten handle, die nur wenige Bieter erfüllen könnten (während für die sonstigen Installationsarbeiten ein großer Bieterkreis vorhanden sei), sei es zulässig, das Gewerk "Schwimmbadtechnik" gesondert zu vergeben. Eine Zusammenfassung der Gewerke hätte dazu geführt, dass nur wenige Bieter die Leistung anbieten könnten; das wäre daher wettbewerbsfeindlich gewesen.

Soweit die Revisionswerberin darauf verweise, dass die nach den Ausschreibungsbestimmungen maßgebliche ÖNORM A 2050 eine Direktvergabe mit Bekanntmachung nicht vorsehe, hielt dem die belangte Behörde entgegen, dass diese Verfahrensart im BVergG 2006 vorgesehen sei und die ÖNORM A 2050 dies nicht außer Kraft setze.

3.4. Schließlich hielt die belangte Behörde fest, dass nach den Angaben des Sachverständigen in keiner Position der Zuschlagsempfängerin ein Unterpreis habe festgestellt werden können und die einzelnen Positionen nicht auffällig variieren würden.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Übergangsrevision (§ 4 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG).

5. Die Auftraggeberin erstattete dazu eine Gegenschrift.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Für die Behandlung einer (hier vorliegenden) Revision nach § 4 Abs. 1 VwGbk-ÜG gelten gemäß § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann.

2.1. Die relevanten Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006), BGBl. I Nr. 17 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 128/2013, lauten auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

...

16. Entscheidung ist jede Festlegung eines

Auftraggebers im Vergabeverfahren.

a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in

Erscheinung tretende Entscheidungen:

...

oo) bei der Direktvergabe mit vorheriger

Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb: die Wahl des Vergabeverfahrens; die Bekanntmachung.

..."

"Berechnung des geschätzten Auftragswertes bei Bauaufträgen und Baukonzessionsverträgen

§ 14. (1) Besteht ein Bauvorhaben aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, so ist als geschätzter Auftragswert der geschätzte Gesamtwert aller dieser Lose anzusetzen. Als Lose im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch gewerbliche Tätigkeiten im Sinne des Anhanges I (Gewerke).

...

(4) Erreicht oder übersteigt der kumulierte Wert der Lose den in § 12 Abs. 1 Z 3 genannten Schwellenwert nicht, so gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Vergabe von Bauaufträgen im Unterschwellenbereich für die Vergabe aller Lose. Für die Wahl des Verfahrens zur Vergabe von Aufträgen im Unterschwellenbereich gilt als geschätzter Auftragswert der Wert des einzelnen Gewerkes."

"Allgemeine Bestimmungen über Bewerber und Bieter

§ 20. (1) Bewerber oder Bieter, die im Gebiet einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens oder in der Schweiz ansässig sind und die für die Ausübung einer Tätigkeit in Österreich eine behördliche Entscheidung betreffend ihre Berufsqualifikation einholen müssen, haben ein darauf gerichtetes Verfahren möglichst umgehend, jedenfalls aber vor Ablauf der Angebotsfrist einzuleiten.

..."

"Arten der Verfahren zur Vergabe von Aufträgen

§ 25. ...

(11) Bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung wird, nachdem einer unbeschränkten Anzahl von Unternehmern die beabsichtigte Vergabe eines Bau-, Liefer- oder Dienstleistungsauftrages bekannt gemacht wurde, und nach Einholung von einem oder mehreren Angeboten, eine Leistung formfrei von einem ausgewählten Unternehmer gegen Entgelt bezogen."

"Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung

§ 41a. (1) Für die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Wege der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung gelten ausschließlich der 1. Teil mit Ausnahme des § 2 Z 20, die §§ 3 Abs. 1, 4 bis 6, 9, 10, 13 bis 16, 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 bis 4, 25 Abs. 11, 42 Abs. 3, 43 Abs. 1 und 2, 87a, 99a, 135 Abs. 1, 140 Abs. 9, der 4. Bis 6. Teil sowie die Vorschriften der Abs. 2 bis 7.

(2) Eine Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ist nur zulässig, wenn der geschätzte Auftragswert

1. bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen

130 000 Euro und

2. bei Bauaufträgen 500 000 Euro nicht erreicht.

(3) Der Auftraggeber hat die beabsichtigte Vergabe eines Bau- , Liefer- oder Dienstleistungsauftrages mittels einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung gemäß § 55 Abs. 2 und 3 bekannt zu machen. Die Bekanntmachung hat zumindest folgende Angaben zu enthalten:

1. Bezeichnung des Auftraggebers,

2. Gegenstand der Leistung sowie Erfüllungsort und

Leistungsfrist,

3. Hinweis, wo nähere Informationen über die zu

vergebende Leistung sowie über den weiteren Verfahrensablauf

verfügbar sind und

4. ausdrückliche Bezeichnung als Direktvergabe mit

vorheriger Bekanntmachung.

...

(5) Der Auftraggeber hat den Unternehmern, die sich um eine Teilnahme am Verfahren zur Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung beworben oder ein Angebot gelegt haben, unverzüglich nach Zuschlagserteilung mitzuteilen, welchem Unternehmer der Zuschlag erteilt wurde. In dieser Mitteilung ist der Gesamtpreis anzugeben.

(6) Die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des erfolgreichen Bieters muss spätestens zum Zeitpunkt des Zuschlages vorliegen. ..."

"Ausscheiden von Angeboten

§ 129. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

...

11. Angebote von Bietern, bei denen dem Auftraggeber

im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung bzw. des Ablaufes der gemäß

§ 112 Abs. 3 gesetzten Nachfrist

a) keine für die Zulässigkeit der Ausübung einer

Tätigkeit in Österreich erforderliche behördliche Entscheidung,

b) kein Nachweis darüber, dass die gemäß einer

Entscheidung nach lit. a fehlenden Kenntnisse erworben worden sind,

c) kein Nachweis darüber, dass vor Ablauf der

Angebotsfrist ein auf Einholung einer Entscheidung nach lit. a

gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist oder

d) eine behördliche Entscheidung, die die Zulässigkeit

der Ausübung einer Tätigkeit in Österreich ausschließt, vorliegt.

..."

2.2. § 373a der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 85/2012, lautet auszugsweise:

"Vorübergehende grenzüberschreitende Dienstleistung im Rahmen

der Dienstleistungsfreiheit

§ 373a. (1) Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der

EU oder eines Vertragsstaates des EWR, die in einem anderen

Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR niedergelassen

sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, auf die die

Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden wären, dürfen diese

Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen

Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. Die Erbringung

des allenfalls vorgeschriebenen Befähigungsnachweises ist nicht

erforderlich,

1. wenn die gewerbliche Tätigkeit im

Niederlassungsmitgliedstaat reglementiert ist oder eine

reglementierte Ausbildung im Sinne des Art. 3 lit. e der

Richtlinie 2005/36/EG vorliegt oder

2. wenn die gewerbliche Tätigkeit oder die Ausbildung

zwar nicht im Sinne der Z 1 reglementiert ist, der Dienstleister die gewerbliche Tätigkeit aber mindestens zwei Jahre während der vorhergehenden zehn Jahre im Niederlassungsmitgliedstaat ausgeübt hat.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat die Ausübung der den Gegenstand der Dienstleistung bildenden Tätigkeit zu verbieten, wenn die vorgenannten Voraussetzungen für die Erbringung der Dienstleistung nicht erfüllt sind oder ...

...

(4) Hat die grenzüberschreitende Tätigkeit ein im § 94 angeführtes Gewerbe oder Tätigkeiten, die diesen Gewerben zuzuordnen sind, zum Gegenstand, so hat der Dienstleister dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die erstmalige Aufnahme der Tätigkeit vorher schriftlich anzuzeigen und diesen dabei über Einzelheiten zu einem Versicherungsschutz oder einer anderen Art des individuellen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf die Berufshaftpflicht zu informieren. Diese Anzeige ist einmal jährlich zu erneuern, wenn der Dienstleister beabsichtigt, während des betreffenden Jahres vorübergehend oder gelegentlich Dienstleistungen zu erbringen. Der Erstanzeige und einer weiteren jährlichen Anzeige bei wesentlichen Änderungen sind folgende Dokumente anzuschließen:

1. ein Nachweis über die Staatsangehörigkeit des

Dienstleisters;

2. eine Bescheinigung der zuständigen Behörden oder

Stellen darüber, dass der Dienstleister in einem Mitglied- oder Vertragsstaat rechtmäßig zur Ausübung der betreffenden Tätigkeiten niedergelassen ist, einschließlich der Adresse der Niederlassung, und dass ihm die Ausübung dieser Tätigkeiten zum Zeitpunkt der Vorlage der Bescheinigung nicht, auch nicht vorübergehend, untersagt ist;

  1. 3. ein Berufsqualifikationsnachweis des Dienstleisters;
  2. 4. in den in Abs. 1 Z 2 genannten Fällen ein Nachweis darüber, dass der Dienstleister die betreffende Tätigkeit während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens zwei Jahre lang ausgeübt hat;

    ...

(5) Bei Anzeigen über die erstmalige Aufnahme einer Tätigkeit gemäß Abs. 4 ist vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wie folgt zu verfahren:

1. Die Anzeigen über die erstmalige Aufnahme einer

Tätigkeit gemäß Abs. 4 sind zu überprüfen; dem Antragsteller ist binnen eines Monats der Empfang der Unterlagen zu bestätigen; gegebenenfalls ist ihm mitzuteilen, welche Unterlagen gemäß Abs. 4 fehlen bzw. dass gegen die Ausübung der Tätigkeit kein Einwand besteht.

2. Bei den Gewerben gemäß § 94 Z 2, 4, 5, 6, 10, 14, 16, 17, 18, 23, 25, 28, 30, 32, 33, 34, 41, 42, 43, 46, 48, 53, 55, 58, 62, 65, 66, 69, 80, 81 und 82 oder gemäß Abs. 6 durch Verordnung festgelegten weiteren Gewerben oder bei gewerblichen Tätigkeiten, welche diesen Gewerben zuzuordnen sind, hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit vor der ersten Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit neben dem Vorliegen der im Abs. 1 festgelegten Voraussetzungen zu überprüfen, ob aufgrund der mangelnden Berufsqualifikation des Dienstleisters eine schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Gesundheit oder Sicherheit bzw. der Gesundheit oder Sicherheit des Dienstleistungsempfängers zu befürchten ist:

a) Wenn eine Beeinträchtigung aufgrund mangelnder

Berufsqualifikation nicht zu befürchten ist, ist dies dem Anzeiger binnen einer Frist von höchstens einem Monat nach Eingang der vollständigen Unterlagen mitzuteilen. In diesem Fall ist die Tätigkeit ab Einlangen der Mitteilung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit beim Antragsteller zulässig.

b) Besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen der

beruflichen Qualifikation des Dienstleisters und der in Österreich geforderten Ausbildung derart, dass dies der öffentlichen Gesundheit oder Sicherheit abträglich ist, ist die Anzeige binnen einer Frist von höchstens einem Monat nach Eingang der vollständigen Unterlagen nur unter der Bedingung mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen, dass der Anzeiger eine Eignungsprüfung nach Abs. 7 oder einen entsprechenden Anpassungslehrgang erfolgreich ablegt. Der Inhalt der Eignungsprüfung oder des Anpassungslehrganges ist vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Bescheid festzulegen. Die Erbringung der Dienstleistung muss innerhalb des Monats erfolgen können, der auf die Entscheidung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit folgt.

...

d) Wenn bis zum Ablauf des zweiten Monats ab Eingang

der vollständigen Unterlagen beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit keine Reaktion des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit erfolgt, darf die Tätigkeit erbracht werden.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat Dienstleister im Sinne des Abs. 4 bzw. Abs. 6 Z 1 unter Angabe von Name (Firma), Vorname, Adresse der Niederlassung, einer etwaigen Kontaktadresse, etwaigen sonstigen Kontaktdaten im Inland und der ausgeübten Tätigkeit im Internet sichtbar zu machen.

..."

3. Vorauszuschicken ist, dass dem von der Revisionswerberin erstatteten Vorbringen, die belangte Behörde habe nicht über ihren "Nichtigkeitsantrag" und über den hilfsweise gestellten Antrag auf Verhängung einer Geldbuße abgesprochen, entgegenzuhalten ist, dass betreffend die Nichtigerklärung des Vertrages und die Verhängung von Sanktionen nach § 16 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz kein Antragsrecht der Revisionswerberin besteht (vgl. hinsichtlich der Verhängung einer Geldbuße nach § 334 BVergG 2006 bereits das Erkenntnis vom 18. März 2015, 2012/04/0070).

4.1. Die Revisionswerberin bringt vor, dass in den Ausschreibungsunterlagen die Wahl der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung nicht genannt worden sei. Hingegen sei auf die ÖNORM A 2050 verwiesen worden, die aber keine Direktvergabe mit Bekanntmachung kenne. Somit sei davon auszugehen, dass das Verfahren der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ursprünglich nicht gewählt worden sei. Es fehle Judikatur dazu, ob die unrichtige Wahl der Verfahrensart, die erst im Zuge der Abwicklung des Verfahrens zu Tage trete, mit der Bekanntgabe der Zuschlagserteilung geltend gemacht werden könne.

Die geltend gemachte Unzulässigkeit der Wahl der Verfahrensart "Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung" begründet die Revisionswerberin mit einem Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 22. Juni 2011, 2011/04/0116, wonach der Auftragswert unter Zusammenzählung aller einheitlich ausgeschriebenen Gewerke zu berechnen sei. Für die Wahl der Verfahrensart sei der Gesamtauftragswert, der gegenständlich bei ca. EUR 4,5 Millionen liege, maßgeblich und eine Direktvergabe für das Gewerk Badewassertechnik daher unzulässig.

4.2. Die Auftraggeberin verweist diesbezüglich in ihrer Gegenschrift auf die Bekanntmachungen (im Lieferungsanzeiger und unter www.auftrag.at ), in denen auf die gewählte Verfahrensart hingewiesen worden sei. Die gesonderte Ausschreibung des Gewerks Schwimmbadtechnik - und damit die Wahl der Verfahrensart Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung - sei zudem gemäß § 14 Abs. 4 BVergG 2006 zulässig gewesen.

4.3. Die belangte Behörde hat festgestellt, dass vorliegend eine Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung durchgeführt worden ist. Damit im Einklang stehen die vorgelegten und im Vergabeakt befindlichen Bekanntmachungen, in denen jeweils von einer Direktvergabe mit (vorheriger) Bekanntmachung die Rede war. Es bestehen daher keine Zweifel daran, dass die Auftraggeberin diese Verfahrensart gewählt und dies entsprechend bekannt gemacht hat. Die Wahl der Verfahrensart ist daher nicht - wie die Revisionswerberin vorbringt - erst im Zuge der Abwicklung des Verfahrens zu Tage getreten. Daran vermag der ins Treffen geführte Umstand, die Ausschreibungsunterlagen hätten auf die ÖNORM A 2050 (die die Verfahrensart der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung nicht kenne) verwiesen, nichts zu ändern, weil damit die Angaben in der Bekanntmachung nicht in Frage gestellt werden.

Gemäß § 2 Z 16 lit. a sublit. oo BVergG 2006 sind bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung die Wahl des Vergabeverfahrens und die Bekanntmachung gesondert anfechtbar. Dass diese Entscheidungen angefochten worden und somit nicht bestandfest geworden wären, wird in der Revision nicht geltend gemacht. Ausgehend davon kommt dem Revisionsvorbringen, soweit es sich gegen die Wahl der Verfahrensart richtet, schon deshalb keine Berechtigung zu, weil diese Entscheidung bestandfest geworden ist. Die Auftraggeberin war daher berechtigt, den Zuschlag ohne Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung zu erteilen.

Vor diesem Hintergrund erübrigt sich ein näheres Eingehen darauf, ob die Wahl der Verfahrensart gemäß § 14 Abs. 4 BVergG 2006 zulässig gewesen ist. Dessen ungeachtet sei darauf hingewiesen, dass das von der Revisionswerberin monierte Abweichen vom hg. Erkenntnis 2011/04/0116 schon deshalb nicht vorliegt, weil die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen ist, dass in einem ersten Schritt der geschätzte Auftragswert des gesamten Bauvorhabens heranzuziehen war und - da dieser Wert unterhalb des Schwellenwertes nach § 12 Abs. 1 BVergG 2006 lag - dann gemäß der Losregelung des § 14 Abs. 4 BVergG 2006 für die Wahl der Verfahrensart der Wert des einzelnen Gewerkes maßgeblich war (das von der Revisionswerberin angeführte Erkenntnis betraf demgegenüber nicht diese Losregelung).

5.1. Nach Auffassung der Revisionswerberin sei die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Zuschlagsempfängerin vor Angebotslegung keine neuerliche Anzeige (nach § 373a Abs. 4 GewO 1994) erstatten musste. Im vorliegenden Fall sei für das konkrete Vergabeverfahren und das laufende Kalenderjahr weder eine Dienstleistungsanzeige noch eine Eintragung im Dienstleistungsregister erfolgt. Das (unrichtige) Schreiben des BMWFJ vom 10. Jänner 2011 könne den erforderlichen Befugnisnachweis nicht ersetzen. Zudem verweist die Revisionswerberin darauf, dass die Tätigkeiten des Gewerbes der Gas- und Sanitärtechnik besonders gefahrengeneigt und daher ausdrücklich in § 373a Abs. 5 Z 2 GewO 1994 genannt seien. Es wäre daher jedenfalls eine Bestätigung zu erbringen gewesen, dass eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Gesundheit oder Sicherheit nicht zu befürchten ist. Schließlich fehle Judikatur dazu, ob sich eine "nicht-österreichische Firma auf das Industrieprivileg" nach § 7 Abs. 5 GewO 1994 stützen könne, wenn sie keine in Österreich gelegene Betriebsstätte habe.

5.2. Die Auftraggeberin bringt in ihrer Gegenschrift vor, die Zuschlagsempfängerin habe eine Dienstleistungsanzeige nach § 373a Abs. 4 GewO 1994 erstattet. Auf Grund dieser Anzeige und mangels Reaktion des Bundesministers durfte sie die gegenständliche Tätigkeit ausüben, woran die unterbliebene Eintragung ins Dienstleistungsregister nichts ändern könne.

5.3. Vorauszuschicken ist, dass auch bei einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung der Zuschlag an einen geeigneten Bieter zu erfolgen hat (§ 41a Abs. 1 iVm § 19 Abs. 1 BVergG 2006). Der Sache nach bestreitet die Revisionswerberin die Zulässigkeit der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen gemäß § 373a GewO 1994.

Die belangte Behörde verweist in diesem Zusammenhang auf die Eintragung der Zuschlagsempfängerin im deutschen Gewerberegister sowie auf die im Jahr 2010 erstattete Dienstleistungsanzeige (nach § 373a Abs. 4 GewO 1994) und die daraufhin ergangene Rechtsauskunft des BMWFJ aus dem Jahr 2011. In diesem Schreiben des BMWFJ wurde der Zuschlagsempfängerin als Reaktion auf ihre erstmalige Anzeige mitgeteilt, dass für die Ausübung des Baues und der Projektierung von wassertechnischen Anlagen in Form eines Industriebetriebes in Österreich gemäß § 7 Abs. 5 GewO 1994 der Nachweis einer Befähigung nicht vorgeschrieben und daher - unter Bezugnahme auf die von der Zuschlagsempfängerin vorgelegten Unterlagen - für die Erbringung dieser Tätigkeit eine Anzeige gemäß § 373a Abs. 4 GewO 1994 nicht vorgesehen sei. Die von der Zuschlagsempfängerin in Aussicht genommenen Dienstleistungen können daher ohne Anzeige erbracht werden.

5.3.1. Die Regelung über das Ausscheiden von Angeboten im Zusammenhang mit der Unzulässigkeit der Ausübung von Tätigkeiten in Österreich gemäß § 129 Abs. 1 Z 11 BVergG 2006 knüpft an das Vorliegen (bzw. die Erforderlichkeit) einer behördlichen Entscheidung an. Die Erläuterungen (RV 327 BlgNR 24. GP 12) führen dazu Folgendes aus:

"Ein Angebot ist auszuscheiden, wenn die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Dienstleistung von einer behördlichen Entscheidung bestimmten Inhalts abhängig ist und diese

Entscheidung nicht vorliegt. ... Durch den Begriff 'erforderlich'

werden somit sowohl die Fälle ausgeklammert, in denen eine behördliche Entscheidung von vornherein nicht erforderlich ist, als auch die Fälle, in denen eine behördliche Entscheidung zwar grundsätzlich erforderlich wäre, im konkreten Fall aber auf Grund des Ablaufs der behördlichen Entscheidungsfrist eben nicht mehr erforderlich ist."

Ausgehend von dieser Auslegung der Erforderlichkeit ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes eine derartige Entscheidung auch dann nicht erforderlich, wenn die zuständige Behörde als Reaktion auf die erste Dienstleistungsanzeige zum Ausdruck gebracht hat, dass näher umschriebene Tätigkeiten ohne Anzeige erbracht werden können.

Die Regelung des § 129 Abs. 1 Z 11 BVergG 2006 sieht keine inhaltliche Überprüfung der Richtigkeit der Entscheidung der zuständigen Behörde durch den Auftraggeber vor. Im Zusammenhang mit den Fällen, in denen die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen lediglich von der Erfüllung gesetzlich normierter Voraussetzungen und nicht von einer behördlichen Entscheidung abhängt, verweisen die Erläuterungen (RV 327 BlgNR 24. GP 13) ausdrücklich darauf, dass für den Auftraggeber keine Verpflichtung besteht, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen aus eigenem Antrieb zu überprüfen. Dementsprechend oblag es der Auftraggeberin auch nicht, die Rechtsansicht des zuständigen Bundesministers über die fehlende Erforderlichkeit einer behördlichen Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Fallbezogen war daher aus vergaberechtlicher Sicht davon auszugehen, dass die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Erbringung der von der Dienstleistungsanzeige aus 2010 bzw. von der Auskunft des BMWFJ aus 2011 erfassten Dienstleistung nur von der Erfüllung der gesetzlich normierten Voraussetzungen abhängig war.

5.3.2. Ausgehend davon ist es im vorliegenden Fall weder entscheidungserheblich, ob die in der Rechtsauskunft des BMWFJ aus dem Jahr 2011 zum Ausdruck kommende Auffassung in der Regelung der Anzeigepflicht gemäß § 373a Abs. 4 GewO 1994 Deckung findet, noch, ob für das "Industriebetriebsprivileg" gemäß § 7 Abs. 5 GewO 1994 eine österreichische Betriebsstätte erforderlich ist.

5.4. Die Auskunft des BMWFJ aus dem Jahr 2011 entbindet fallbezogen aber nur unter der Voraussetzung von der Verpflichtung zur Erstattung einer neuerlichen Anzeige nach § 373a Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994, dass diese Rechtsauskunft diejenigen Tätigkeiten betraf, deren zulässige Ausübung gegenständlich in Frage steht.

Im vorliegenden Fall lässt sich zwar der Wiedergabe der Stellungnahme der Auftraggeberin entnehmen, dass sich die Anzeige der Zuschlagsempfängerin aus dem Jahr 2010 auf das Gewerbe "Gas- und Sanitärtechnik" bezogen hat. Die als Reaktion darauf ergangene Rechtsauskunft des BMWFJ stellte allerdings ihrem Wortlaut nach auf die von der Zuschlagsempfängerin in Deutschland ausgeübten Tätigkeiten des Baues und der Projektierung wassertechnischer Anlagen ab.

Eine Überprüfung, ob die hier ausschreibungsgegenständlichen Leistungen von den Tätigkeiten, die Gegenstand der Rechtsauskunft des BMWFJ waren, abgedeckt sind, erfordert aber in jedem Fall entsprechende Feststellungen zum gegenständlichen Ausschreibungsgegenstand, die jedoch fehlen. In diesem Zusammenhang ist auch von Belang, dass die Revisionswerberin - schon im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren - vorgebracht hat, dass die von der Zuschlagsempfängerin in Deutschland ausgeübte (und im Schreiben des BMWFJ aus dem Jahr 2011 angesprochene) Tätigkeit der Projektierung und des Baues von wasser- und abwassertechnischen Anlagen mit dem im Hinblick auf das Leistungsbild der vorliegenden Ausschreibung erforderlichen Gewerbe der Gas- und Sanitärtechnik nicht deckungsgleich sei. Auch in dieser Hinsicht finden sich im angefochtenen Bescheid keine Feststellungen.

Soweit die belangte Behörde festhält, dass - wenn für die Errichtung der Schwimmbadtechnik in Österreich die Befugnis des Gas- und Sanitärgewerbes ausreicht - dies auch für ein in Deutschland ansässiges Unternehmen gelten müsse, legt sie - soweit sie damit zum Ausdruck bringen möchte, dass die Zuschlagsempfängerin über ein mit dem uneingeschränkten Gewerbe der Gas- und Sanitärtechnik vergleichbares deutsches Gewerbe verfügt - nicht dar, auf Grund welcher Feststellungen sie das Vorliegen einer derart uneingeschränkten gewerberechtlichen Befugnis annimmt.

6. Auf Grund der somit fehlenden Feststellungen entzieht sich der angefochtene Bescheid insoweit einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof und war daher gemäß § 42 Abs. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG sowie - gemäß § 3 Z 1 und § 4 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014 - auf § 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am 9. September 2015

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