Normen
B-VG Art133 Abs4
NAG 2005 §54 Abs1
NAG 2005 §54 Abs7
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024220085.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheiden vom 5. Februar 2024 (betreffend die Erstrevisionswerberin) und vom 23. Februar 2024 (betreffend den Zweitrevisionswerber, Sohn der Erstrevisionswerberin), beide serbische Staatsangehörige, nahm die belangte Behörde (Landeshauptmann von Wien) die aufgrund von Anträgen der Revisionswerber auf Ausstellung von Aufenthaltskarten rechtskräftig positiv abgeschlossenen Verfahren gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 3 AVG von Amts wegen wieder auf. Unter einem wurden die betreffenden Anträge gemäß § 54 Abs. 1 iVm. Abs. 7 Niederlassungs‑ und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurückgewiesen und gemäß der zuletzt genannten Bestimmung festgestellt, dass die Revisionswerber nicht in den Anwendungsbereich des unionrechtlichen Aufenthaltsrechts fielen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobenen Beschwerden der Revisionswerber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Aufgrund näher dargelegter beweiswürdigender Überlegungen gelangte das Verwaltungsgericht ‑ wie auch bereits zuvor die belangte Behörde ‑ zur Auffassung, dass es sich bei der zwischen der Erstrevisionswerberin und TA, einem bulgarischen Staatsangehörigen, im Jahr 2018 geschlossenen und im Jahr 2022 geschiedenen Ehe um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit ‑ unter dem Gesichtspunkt einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ‑ geltend macht, das Verwaltungsgericht habe in Verkennung amtswegiger Ermittlungspflichten von der Befragung des TA und von weiteren Ermittlungsschritten zwecks Ausforschung von dessen Aufenthaltsort abgesehen und zudem in Anbetracht von Mängeln hinsichtlich der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses bzw. der Würdigung der Aussagen dreier namentlich genannter Zeugen eine unschlüssige Beweiswürdigung vorgenommen.
Die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG liegen nicht vor:
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Zunächst ist festzuhalten, dass die Revisionswerber die zeugenschaftliche Befragung des TA nicht beantragt hatten und die Frage, ob auf Basis eines konkret gegebenen Stands der Ermittlungen ein ausreichend erhobener Sachverhalt vorliegt oder ob von Amts wegen noch weitere Beweisaufnahmen erforderlich sind, regelmäßig - sofern nicht von einem krassen, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Fehler auszugehen ist - keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine einzelfallbezogen vorzunehmende Beurteilung darstellt (vgl. etwa VwGH 24.2.2023, Ra 2019/22/0107).
9 Vorliegend zeigt die Revision nicht auf, inwiefern nach Kontaktaufnahme mit der Österreichischen Botschaft in Sofia das Unterbleiben weiterer Nachforschungen des Verwaltungsgerichts, um zwecks Befragung des ehemaligen bulgarischen Ehegatten zu einer ladungsfähigen Adresse des vermutlich in Bulgarien befindlichen Zeugen unbekannten Aufenthalts zu gelangen, nach Lage des Falls einen krassen, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden und daher eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfenden Fehler darstellte.
10 Mit dem Zulässigkeitsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe die Aussagen dreier Zeugen (einer Freundin sowie zweier Freunde der Erstrevisionswerberin bzw. des TA) gänzlich außer Acht gelassen, wird zum Einen nicht dargelegt, dass die aufgrund einer mündlichen Verhandlung, in der neben den Revisionswerbern diverse Zeugen befragt worden waren, erzielte Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass es sich fallbezogen um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe, auf nicht nachvollziehbaren bzw. nicht schlüssigen Erwägungen beruhte und als unvertretbar zu qualifizieren wäre (zum diesbezüglichen Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes vgl. anstatt vieler VwGH 15.3.2022, Ra 2022/22/0021, mwN).
11 Zum Anderen enthält die Zulässigkeitsbegründung keine konkreten Ausführungen zur Relevanz des im Zusammenhang mit der Würdigung der Zeugenaussagen behaupteten Begründungsmangels. Insbesondere wird nicht dargelegt, welche konkreten Aspekte eines gemeinsamen Familienlebens die genannten drei Zeugen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht geschildert hätten und es werden auch keine konkreten Aussagen ins Treffen geführt, durch die die Annahme des Vorliegens einer Aufenthaltsehe hätte entkräftet werden können (vgl. VwGH 15.11.2022, Ra 2021/22/0229, und VwGH 16.11.2023, Ra 2021/22/0066).
12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 5. September 2024
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